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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Ricarda Jordan
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ungläubig auf das Blut, das an ihm hinablief.
    »Du miese, dreckige Ratte!«, stieß er aus und stürmte noch einmal auf Magnus zu, doch der Angriff war ungeschickt und nicht ausbalanciert. Magnus unterlief ihn und stieß Vaclav das Schwert in die Seite.
    Amra schluchzte vor Erleichterung auf, als er fiel. Sie rannte zu ihrem Kind, hob es auf und drückte es mit geschlossenen Augen an sich. Sie wollte ihren Widersacher nicht sterben sehen.
    Magnus lehnte schwer atmend an seinem Wagen, während Vaclav sein Leben aushauchte. Auch er konnte kaum glauben, dass es vorbei war. Amra fasste sich als Erste. Sie nahm einen Schlauch Wein vom Wagen und reichte ihn Magnus. Er ließ das Schwert ins Gras gleiten und trank mit langen Zügen. Dann fiel er Amra in die Arme.
    »Wir … wir sollten den Bullen wieder einfangen«, sagte Amra. »Und dann müssen wir … wir müssen Vaclav begraben …«
    Magnus schüttelte den Kopf. »Die Klippe«, murmelte er. »Selbst wenn ihn das Meer irgendwo anschwemmt – man wird glauben, er sei zu Tode gestürzt.«
    Amra wollte erwidern, dass er dabei wohl kaum seinen Arm verloren hätte, aber Magnus hatte Recht. Wenn er hier hinunterstürzte, würde es lange dauern, bis ihn jemand fand. Bis dahin würden die Tiere des Meeres sich an ihm gütlich getan haben und die Schwertwunden nicht mehr erkennbar sein.
    Magnus reinigte seine Waffe, nachdem sie Vaclavs Körper mit vereinten Kräften über die Klippe gestoßen hatten. Er wollte das Schwert zurück in die Scheide stecken. Aber dann überlegte er es sich plötzlich anders. Magnus hob es weit über den Kopf und schleuderte es dem Toten hinterher ins Meer.
    »Ich werde kein Schwert mehr brauchen«, sagte er, ohne Amra anzusehen. »Ich bin kein Ritter mehr.«
    Amra lächelte. »Hast du nicht gerade ein Gottesurteil für dich entschieden?«, fragte sie. »Bei der Sache ging es doch um deine Ritterwürde oder etwa nicht? Du … könntest sie wieder beanspruchen.«
    Magnus sah ihr fest in die Augen. »Ich will meine Ritterwürde nicht mehr!«, erklärte er. »Ich bin nur noch Magnus der Bauer, Vorsteher des Dorfes am Schwarzen See. Sofern dir das reicht, Amra, meine Liebste. Wenn dir an einem Titel etwas liegen sollte, werde ich es mir noch einmal überlegen.«
    Amra schüttelte ernst den Kopf. »Von mir aus hättest du schon vor Jahren darauf verzichten können«, erinnerte sie ihn. »Dann wäre uns viel erspart geblieben. Ich kann noch nicht glauben, dass jetzt alles gut ist.« Sie küsste ihn.
    »Und was machen wir nun damit?« Amra wies auf den Sack, der immer noch am Rand der Klippe lag.
    Magnus schüttete den Inhalt aus und versuchte, den Wert der Münzen zu schätzen. »Das ist viel Geld, Liebste. Genug für … vielleicht zwanzig Pferde.«
    »So spricht einer, der eben auf seine Ritterwürde verzichtet hat«, neckte Amra ihn. »Denk nach, Magnus! Was sollen wir mit zwanzig Pferden? Wir haben gerade genug Weideland für unsere drei, den Bullen und die Rinder!«
    Magnus’ Augen blitzten begehrlich. »Wir könnten mehr Land urbar machen. Und vielleicht Pferde züchten, und …«
    »Und was willst du den Leuten sagen, wo das Geld so plötzlich herkommt? Wie erklärst du, dass du Münzen aus dem Morgenland besitzt? Du, ein einfacher Bauer?« Amra strich ihm zärtlich das Haar aus dem Gesicht, um ihren Worten die Schärfe zu nehmen. »Sind wir nicht reich genug, mein Ehegatte?«
    Magnus küsste sie. »Jeder Tag mit dir macht mich reich«, sagte er sanft. »Jede Bauernkate, in der ich mit dir lebe, ist mir kostbarer als ein Königspalas.«
    Amra lachte. »Wenn es für höfische Reden Geld gäbe, Liebster, wären wir noch reicher!«, spottete sie.
    Magnus seufzte. »Was schlägst du also vor?«, fragte er dann. »Lass mich raten, du willst den Schatz zurückbringen. Streng genommen gehört er Fürst Jaromar. Und er könnte ihn dringend brauchen, seine Kassen sind leer. Er erhöht die Abgaben für die Bauern immer mehr.«
    Amra schüttelte den Kopf. »Streng genommen gehört er Svantevit. Den es nicht gibt, wie wir schon vor Jahren herausgefunden haben. Oder der sich zumindest nicht allzu viel um die Ordnung in seinem Tempel kümmert. Wenn du den Schatz Jaromar aushändigst, wird er davon eine Kirche bauen, da kannst du sicher sein – er wird sich nicht persönlich an Tempelgold bereichern. Also bekommt es wieder ein Gott – diesmal der christliche, aber auch der hat sich bislang nicht sonderlich um unsere Sicherheit verdient gemacht. Nein. Den Schatz
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