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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Ricarda Jordan
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war seine Chance, Jaromars Gunst zurückzugewinnen – und seine einzige, wie es aussah.
    Er beugte die Knie. »Mein Fürst, wenn Ihr wollt, dass ich Buße tue, so unterziehe ich mich gern jeder Strafe. Und was eine Entschädigung angeht … ich bin nicht mittellos, mein Fürst. Ich kämpfte tapfer für den König von Dänemark, und ich erhielt meinen Anteil an der Kriegsbeute. Bislang habe ich diesen Schatz nicht angetastet – ich hoffte doch, nach dem Tod meines Verwandten Graf Bolek die Burg Karentia als Lehen übernehmen zu können. Für ihre Erneuerung und damit zur besseren Verteidigung Rujanas wollte ich mein Vermögen aufwenden. Wenn Ihr es allerdings jetzt benötigt oder mir eine Zahlung als Strafe auferlegt, so will ich es Euch gern geben.«
    Jaromar horchte auf. »Ein Schatz, Herr Vaclav?«, fragte er mit schiefem Lächeln.
    Der Ritter nickte. »Vor allem aus Silber, mein Fürst. Aber das werdet Ihr selbst sehen. Gestattet Ihr mir, mich vom Hof zu entfernen und das Silber zu holen?«
    Jaromar schnaubte. »Da bleibt mir wohl kaum etwas anderes übrig. Wenngleich mir die Sache seltsam vorkommt. Wo gab es denn Silber zu erbeuten an den Stränden von Pommern? Aber gut, Herr Vaclav. Bringt mir Euren Schatz, und wir werden sehen, inwieweit ich Euch vergeben kann. Graf Bolek ist ja bislang noch nicht verschieden.«
    Vaclav verbeugte sich und verließ den Palas unter mannigfaltigen Dankesbekundungen. Jaromars letzte Worte machten ihm Hoffnung. Der Fürst mochte der beste Christ der Welt sein und der gerechteste Herrscher, aber wenn ein Schatz winkte, verhielt er sich doch nicht anders als all die anderen Mächtigen auf der Welt. Er würde alles vergessen und Vaclav alles gewähren, wenn er dafür zu Reichtum kam.

Kapitel 7

    A mra lag ausgestreckt im Küstengras oberhalb der Klippen am nördlichen Ende der Halbinsel Jasmund. Sie schaute träge und zufrieden in den blaugrauen Himmel, an dem die gebündelten Strahlen der Sonne sich eben durch den Dunst zu tasten versuchten.
    »Als ich klein war, habe ich gedacht, das seien die Finger der Götter, die nach mir greifen«, meinte sie müßig und streckte die Hand nach Magnus aus, der neben ihr lag.
    Sie waren auf dem Weg nach Hause. Nur noch eine oder zwei Stunden trennten sie von ihrem Hof, doch sie hatten keine Eile. Das Wetter war außergewöhnlich mild für die Jahreszeit, und sie hatten die Leckereien genossen, die Amra auf dem Markt in Wiek gekauft hatte. Die Pferde waren ausgeschirrt, im Wagen befanden sich Körbe voller Enten- und Gänseküken, und am langen Strick angebunden graste der Bulle. Alles wirkte ruhig und friedlich, und Amra und Magnus spürten Verlangen. Aber Edita war eben noch neben ihnen im Gras umhergekrabbelt. Jetzt schien sie zwar müde zu werden, so nah an der Steilküste würden sie jedoch nicht wagen, die Kleine aus den Augen zu lassen.
    »Vielleicht schläft sie ja gleich ein«, murmelte Magnus, deckte Edita mit dem Mantel der Äbtissin zu und sah ebenfalls in den Himmel. Er sah sich die Strahlen genauer an. »Dann müsste der Allmächtige acht Finger haben. Nein, das glaube ich nicht, Liebste. Aber wer weiß, vielleicht hält dort oben die Sonne den Mond gefangen in einem Gespinst von Licht, und nur bei Nacht lässt sie ihn entkommen …«
    »Wenn sich ein liebendes Paar findet, das sie schön darum bittet …«, sponn Amra den Gedanken weiter. »Damit einer den anderen sehen kann in seinem fahlen Licht.«
    Sie beugte sich zu Magnus hinüber und küsste ihn – dann schraken die beiden auseinander. Wuff setzte in wilden Sprüngen hinter einem Kaninchen her und machte sich nicht die Mühe, seine Besitzer im Gras dabei zu schonen.
    »Au!«, schrie Amra, als seine Pfoten ihre Brust trafen und ihr kurz die Luft zum Atmen nahmen.
    Der Hund schoss hinter dem Hasen auf die Klippen zu – und war plötzlich verschwunden.
    Amra richtete sich alarmiert auf. »Wo ist er denn hin?«, fragte sie besorgt. »Er wird doch nicht hinuntergesprungen sein?« Sie machte Anstalten, aufzustehen.
    Magnus seufzte. Edita war eben eingeschlafen, und nun verdarb ihm der Kläffer die Aussicht auf ein Schäferstündchen im Ufergras.
    »Glaub ich nicht«, meinte er. »Bis jetzt jedenfalls hat er sich immer als ganz lebenstüchtig erwiesen.«
    Amra rappelte sich trotzdem auf und ging zur Klippe. »Aber ich sehe ihn nicht.« Sie beugte sich gefährlich weit über den Abgrund, und Magnus stand schnell auf.
    »Fall du nicht auch noch runter«, brummte er und hielt sie
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