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Die Gehilfen des Terrors

Die Gehilfen des Terrors

Titel: Die Gehilfen des Terrors
Autoren: Stefan Wolf
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Richtung. Dort sah die Welt nach Plattenbau-Wohnwaben aus,
obwohl es die nie in der TKKG-Stadt gegeben hat. Allerdings Ähnliches. Denn
menschenunwürdige Wohnungen wurden nicht nur in der ehemaligen DDR gebaut.
    Glonster Weg 11 war ein grauer
Wohnblock mit zwei Eingängen und fünf Stockwerken. Es gab noch ein zweites
Gebäude von gleicher Hässlichkeit. Alles umgeben von einem handtuchbreiten
Grünstreifen und Stellplätzen für Autos.
    „Zweiter Eingang, fünfter
Stock, vermutlich vorn raus“, meldete Tim seiner Freundin, nachdem er bei den
Klingelknöpfen rumgesucht hatte.
    Sie ketteten ihre Bikes mit
Kabelschloss aneinander und zusätzlich an einen Laternenpfahl.
    „Auch unsere Tretmühlen gehören
zusammen“, meinte Tim. „Wie wir.“
    „An dich fesseln lasse ich mich
nicht, schon gar nicht mit einem Zahlenschloss.“
    „Da denke ich an andere zartere
Bande.“
    „Wir wollen zu Birkl,
Häuptling“, erinnerte sie ihn.
    Tim klingelte. Es gab eine
Gegensprechanlage. Die Eingangstür war geschlossen. Nach etwa fünf Atemzügen
ertönte eine von Natur aus blechige Stimme in den Metallrippen.
    „Ja? Hallo?“
    „Herr Birkl?“, fragte Tim.
    „Ja.“
    „Vermissen Sie Ihren Wagen?“
    Verblüffte Pause. Dann: „Ja.
Ja, natürlich. Das habe ich doch gemeldet.“
    „Wir haben ihn gefunden.“
    „Großartig. Das ging aber
rasch, Herr Polizeimeister. Ist er zu Schrott gefahren? Wie sieht er aus?“
    „Äußerlich unbeschädigt.“ Tim
beließ es bei dem .Polizeimeister 1 . „Wir haben den Zündschlüssel.“
    „Wunderbar.“
    „Wenn Sie auf den Summer
drücken, kommen wir hoch.“
    „Natürlich. Klar. Sofort.“
    Das Treppenhaus war
schmuddelig, ebenso der Lift. Ein — garantiert kleiner — Hund, den man
vermutlich zu spät Gassi geführt hatte, hatte in eine Ecke gepinkelt. Gaby
vermutete eine Beinahe-Tierquälerei und pustete wütend gegen ihren Pony.
    Der Lift quälte sich hinauf.
    Die beiden sahen sich an.
Wortlose Übereinstimmung und die gleiche Vermutung. Offensichtlich hatte Birkl den
Wagen als gestohlen gemeldet. Und das war garantiert ein linkes Ding.
    Fünfter Stock. Sie stiegen aus.
Die Tür einer nach vorn gelegenen Wohnung stand offen und Birkl erwartungsvoll
auf der Schwelle: groß, vierschrötig, mit schlampigen Klamotten, etwa 45,
schütteres Haar an einem Schädel mit flachem Hinterkopf, der Schnurrbart fast
quadratisch, das Kinn stoppelig.
    Hm, dachte Gaby. Er ist es.
Auch die Stimme. Aber ich kann nicht behaupten, dass ich ihn wiedererkenne. Zu
wenig habe ich vorhin von ihm gesehen.
    Tim ging auf ihn zu. „Herr
Birkl?“
    „Habe keine Zeit. Ich erwarte
die Bul... die Polizei.“ Dann schien ihm was zu dämmern, bzw. er erkannte Tims
Stimme. „Warst du das eben — unten an der Sprechanlage?“
    „Klar. War ich.“
    Birkls Blick glitt zu Gaby. Ein
kaum merkliches Zucken lief über sein Gesicht — mit dem er nie in die
Endausscheidung für die Wahl zum männlichen Model-des-Jahres gekommen wäre.
    „Von der Polizei seid ihr
nicht.“
    „Haben wir auch nicht
behauptet.“ Tim zog den Zündschlüssel aus der Tasche.
    Birkl griff danach. Aber Tim
riss die Hand zurück. „Wollen wir hier reden oder in Ihrer garantiert
ausländerfreien Höhle?“
    „Was? Gib den Schlüssel her!
Euch lasse ich nicht rein.“
    „Vorhin in der
Dieselsmock-Straße“, sagte Gaby, „haben Sie einen kleinen Afrikaner auf
brutalste Weise mit dem Messer bedroht. Und dann haben Sie mich beschimpft,
bevor Sie mit ihrem braunen VW abgerauscht sind. Sie können sich dazu äußern,
bevor wir Sie anzeigen. Deshalb sind wir hier. Ihren Wagen haben wir
tatsächlich gefunden — in der Lobheimer-Straße.“
    Birkl stemmte die Fäuste in die
Hüften. Seine Stimme zischte wie vorhin.
    „Spinnst du? Ich war heute noch
keine fünf Schritte vor der Tür. Ich wollte zwar weg — vor ‘ner halben Stunde.
Musste aber leider feststellen, dass mein Wagen nicht da war. Den parke ich
immer vorn an der Ecke. Klarer Fall von Autodiebstahl. Denn verborgt habe ich
ihn nicht. Mache ich nie. Also habe ich das hiesige Revier angerufen und meinen
Wagen als gestohlen gemeldet. Geht das rein in deinen dummen blonden Kopf?“
    „Vorsicht!“, sagte Tim. „Nicht
meine Freundin beleidigen. Sonst werde ich ungemütlich.“

    „Und was ist dann, häh?“ Er war
nicht kleiner als Tim. „Dann kriegen Sie eine in den Wanst, dass Ihnen der Hass aus den Poren
quillt. Sie könnten nicht mal mehr nach Ihrem Taschenmesser greifen.
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