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Die Gehilfen des Terrors

Die Gehilfen des Terrors

Titel: Die Gehilfen des Terrors
Autoren: Stefan Wolf
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wieder.“
    Hinter ihnen wurde die Haustür
geöffnet. Eine ältere Frau kam heraus, trug eine durchsichtige Regenhaube über
ihrem komischen Hut und einen Einkaufsbeutel am Arm. Sie überholte das Pärchen
und blieb sofort stehen.
    „Den Dreck hier macht ihr aber
weg, ja! Ist doch euer Topf, ja! Ständig ist hier der Weg verschandelt. Sieht
alles schon schlimm genug aus, ja! Und der Hausmeister kümmert sich um gar
nichts.“
    „Ist nicht unser Topf“,
erklärte Tim. „Fiel vom Himmel. Vielleicht aus einem Flugzeug. Schönen Tag
noch!“
    Sie gingen zu der Laterne, an
der ihre Bikes standen.

5. Die Kids von der Bordsteinkante
     
    Bei Bruno herrschte jetzt etwas mehr
Betrieb. Allerdings waren es nicht gerade typische Gäste. In einer Ecke saßen
die so genannten Straßenkinder beim Bier. Der Schmächtige und eines der Mädchen
rauchten. Karl und Klößchen hatten den Nebentisch belegt.
    Klößchens Wunsch nach Kakao
wurde vom Wirt mit Bedauern abschlägig beschieden. Aber Bruno konnte
Mineralwasser, Coke und Kaffee anbieten, denn Alkohol kommt für TKKG nicht
infrage. Karl und Klößchen zuzzelten also Coke und rechneten mit
geringschätzigen Blicken der Jugendlichen nebenan. Aber die fanden das offenbar
cool und einem der Mädchen sah man auch an, dass sie ihr Bier eher widerwillig
schluckte. Sie tat’s wohl nur, um in der Gruppe kein Außenseiter zu sein. Und
leider ist ja Gruppenverhalten oft nicht zum Besten, sondern schädigend für
einen selbst und die Umwelt.
    Da nicht mitzumachen — auch auf
die Gefahr hin, dass man verhöhnt wird — das bedarf einer ganzen Portion
innerer Stärke. Und wer die hat — also auch als einsamer Wolf oder Wölfin
bestehen kann der/die ist ohnehin nie gefährdet.
    Karl luchste mehrmals zum
Nebentisch und fasste sich dann ein Herz.
    „Wer seid ihr denn?“

    „Wer sollen wir sein“,
erwiderte der Schmächtige mit dem Tattoo auf der Wange. Es zeigte eine geballte
Faust und sah von weitem wie ein großes Muttermahl aus.
    „Ich frag ja nur. Haben euch
noch nie hier gesehen.“ Karl lächelte freundlich. „Ich bin Karl Vierstein. Das
ist Willi Sauerlich, genannt Klößchen. Wir warten auf unsere Freunde. Ihr
jedenfalls seht aus, als wärt ihr ständig unterwegs.“
    „Nette Bezeichnung für
unsereins“, erwiderte das braunhaarige Mädchen. Ihr schmeckte das Bier. „Im
Spießer-Deutsch nennt man uns Straßenkinder. Das meinst du doch?“
    Karl nickte. „Von Zuhause
abgehauen. Ohne Wohnsitz, ohne feste Adresse. Freies Leben auf der Straße und
das Nötigste zum Unterhalt verschafft ihr euch mit Schnorren. So hat man’s uns
gesagt.“
    „Stimmt halbwegs.“ Der
Schmächtige grinste. „Ich bin Florian.“ Er deutete auf die anderen. „Heike,
Gitta und Thorsten. Die Bezeichnung Straßenkinder ist übrigens ziemlich out.
Die wenigsten von uns leben unter freiem Himmel. Wir haben das Haus dort hinten
besetzt, das ehemalige Puppentheater. Insgesamt sind wir neun. Die Hütte wird
wohl bald abgerissen. Strom ist nicht mehr und fließend Wasser auch nicht — nur
bei Regen durchs undichte Dach. Aber das kratzt uns nicht.“
    „Wenn nicht Straßenkinder“,
sagte Klößchen und packte eine Tafel Schokolade aus. „Wie dann? Ich meine, als
was seht ihr euch?“
    „Wir sind die Kids von der Bordsteinkante“,
antwortete Heike, deren Bier nicht weniger wurde.
    „Kommt eigentlich aufs Gleiche
raus.“
    „Es ist im übertragenen Sinne
gemeint. Denn noch vor Weihnachten kriegen wir eine betreute Wohnung im
Schlachthof-Viertel. Groß genug für uns alle. Wird dann unsere WG — unsere
Wohngemeinschaft. Wir verwalten sie selbst. Aber Rainer betreut uns. Das ist
ein Typ vom Jugendamt. Psychologe oder Streetworker oder so was. Sehr nett. Mit
ihm kann man reden. Ich geh dann auch wieder zur Schule, obwohl ich nicht von
hier bin, sondern aus Saarbrücken. Thorsten macht eine Lehre als Kfz-Schlosser.
Zwei von den andern sind auf Entzug. Die haben sich gespritzt, was sie kriegen
konnten. Aber es geht ihnen schon besser.“
    „Hoffentlich stehen sie’s durch
ohne Rückfall“, sagte Karl. „Uns — wir sind vier Freunde — ist es total
rätselhaft, wie man sich so was wie Drogen antun kann — wenn man noch alle
Tassen im Schrank hat. Es ist doch Selbstmord auf Raten — mit Verfall und
grausigem Ende.“
    „Ihr habt gut reden“, meinte
Florian. „Ihr seid in den richtigen Familien. Ohne Stress. Aber andern geht’s
ständig dreckig. Die fixen dann, damit sie gut drauf
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