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Die geheimnisvollen Pergamente

Die geheimnisvollen Pergamente

Titel: Die geheimnisvollen Pergamente
Autoren: Hanns Kneifel
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und führte jeden Schlag äußerst bedachtsam aus. Die stumpfen Holzklingen scharrten gegeneinander. »Heimtücke, List, Verschlagenheit; nenn es, wie du willst. Damit du weißt, worüber ich rede, will ich folgendermaßen beginnen.«
    Er wich dem nächsten Schlag aus, griff an, parierte den Gegenangriff und rief unterdrückt: »Mein Vater weiß, dass ich eine Christin liebe, und du weißt es auch. Ihr beide wisst aber nicht, in welchem Haus sie lebt.«
    Es dauerte drei, vier Schlagwechsel, während denen ihre Körper sich drehten und bogen und krümmten, bis Abdullah seine Überraschung heruntergeschluckt hatte.
    »Das ist wahr.«
    »Auch dein jämmerlicher Spitzel, der narbengesichtige, hakennasige Hasan, wird es nicht herausfinden. Wenn ich ihm das nächste Mal des Nachts begegne, wird er vermutlich von einer Mauer stürzen. Und eventuell bricht er sich dabei seinen hungrigen Hals.«
    Die Heftigkeit, mit der sich die Klingen krachend und klappernd kreuzten, nahm zu. Obwohl Abdullahs scharf geschnittenes Gesicht ein einziges schweißüberströmtes Rätsel war, kämpfte er mit gewohnter Schnelligkeit weiter.
    »Das weißt du also auch«, sagte er mit Pausen zwischen den Wörtern und Verteidigungsschlägen. »Dein Vater gab mir den Befehl. Ich habe ihn nur weitergegeben.«
    »Nicht anders kann es sein.«
    Der nächste Hieb Suleimans sprengte dünne Splitter von Abdullahs Holzschwert ab. Der Schlag mit der Breitseite, der Suleimans Schienbeine treffen sollte, ging ins Leere.
    »Noch einmal: Wenn er mir weiterhin nachspioniert, bringe ich ihn um. Sag das meinem Vater. Sag ihm auch, dass ich weiß, wer die armen Basarhändler vor dem Haus des geachteten al-Mustansir zusammengetrieben und dafür bezahlt hat.«
    »Das weißt du? Dann weihe mich ein: Wer war es?«
    Mit sechs, sieben wilden Hieben trieb Suleiman seinen Lehrer über die gesamte Länge des Platzes zurück, bis fast in die beschnittenen Büsche hinein.
    »Du, deine Männer und die Drachmen meines Vaters.«
    »Es wäre ehrlos, dies zu leugnen«, sagte Abdullah, der zwar ermüdet war, aber sich dank seiner Erfahrung mit nur wenigen Schlägen wieder aus der Falle befreien konnte. »Ich bin nicht ehrlos.«
    »Weil das so ist, kämpfen und reden wir«, keuchte Suleiman. »Ich habe euch beobachtet, wie ihr die beiden Assassinen begraben habt. Ich bin Gast auf dem Dach, von dem die Ungläubigen die Leichen hinuntergeworfen haben.«
    »Das ist mir entgangen«, bekannte Abdullah. Er strauchelte und musste einen Schlag gegen den linken Oberarm hinnehmen.
    »Ich habe meinen Vater, deinen Herrn, bisher nicht verraten«, ächzte Suleiman, der Erschöpfung ziemlich nahe. »Hört auf, die Ungläubigen zu belästigen. Verfolgt mich nicht, wenn ich die zukünftige Mutter meiner Söhne besuche.«
    »Du verwunderst mich, Söhnchen«, keuchte Abdullah und parierte mit der splitternden Holzwaffe, als Suleiman wieder auf ihn eindrang. Schweißtropfen spritzten von beiden Körpern in alle Richtungen und bildeten dunkle Flecken auf dem Sandstein. »Ich werde tun, was du verlangst – sollte ich dich unterschätzt haben?«
    »Nicht nur du wirst älter und weiser«, antwortete Suleiman. »Sag dem Herrn der Schwerter, dass ich vielleicht vergessen muss, sein Sohn zu sein. Sag ihm, was er unterlassen soll. Dich kenne ich als ehrlichen Mann, der auf die Vernunft hört. Ich will nicht, dass Hass und Krieg zwischen uns herrschen.«
    Plötzlich standen sie sich Brust an Brust gegenüber, die Arme in der Höhe, die Schwerter mit den zersplitterten Klingen gekreuzt. Ihr Schweiß vermischte sich, sie blinzelten und keuchten.
    »Bei Allah! Ich schwöre es«, röchelte Abdullah und duckte sich. »Eintracht sei zwischen mir und dir.«
    »Einverstanden. Ich schwöre es auch. Aber auch den blauäugigen Christen, den du hast entführen lassen, wirst du ebenfalls in Frieden lassen. Eines Tages wird mein Vater mir sagen, was er vorhatte.«
    »Ich kann es dir auf jeden keinen Fall nicht sagen.«
    Suleiman sprang unvermittelt mit einem halben Satz rückwärts. Seine Holzklinge schnellte durch die Luft und schlug dabei die Waffe aus Abdullahs Fingern. Das Schwert wirbelte wie ein abgebrochener Ast im Sturm und fiel irgendwo im Garten nieder. Suleiman senkte sein Schwert. Abdullah blieb mit schweißbedecktem Oberkörper, auf dem sich die Spuren der Schläge zu röten begannen, vor Suleiman stehen und starrte ihn fassungslos an. Die Ereignisse dieses Abends waren zu viel für ihn gewesen. Suleiman atmete
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