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Die geheimnisvollen Pergamente

Die geheimnisvollen Pergamente

Titel: Die geheimnisvollen Pergamente
Autoren: Hanns Kneifel
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sein. Für diese Menschen bedeutete der Glaubenswechsel immerhin eine wesentliche Besserstellung innerhalb der christlichen Gesellschaft im Heiligen Land. »De Statu« richtet sich aber gar nicht an Missionare, sondern an Leser, die im lateinischen Westen lebten und durch diese Schrift über den Islam unterrichtet werden sollten. »Seine Ansichten von einem friedlichen Übertritt der Muslime zum Christentum, die jeglicher Gehässigkeit und Polemik entbehren, sind in der Geschichte der christlich-muslimischen Auseinandersetzungen im Mittelalter ohne Parallele«, schreibt Peter Engels zu den Schriften Wilhelms [Engels, 1992, S. 74].
    Tatsächlich aus der Praxis heraus befasste sich Ricoldus de Monte Crucis am Ende der Kreuzfahrerherrschaft mit der Missionierung der Muslime. Er bereiste das Heilige Land und Armenien, und er soll sogar bis nach Bagdad gekommen sein. Seine Schriften zeigen, dass er das Arabische beherrschte, was die unabdingbare Voraussetzung für eine ernst zu nehmende Auseinandersetzung mit der islamische Lehre war. Doch seine »Confutatio Alcorani« blieb dem zu seiner Zeit üblichen Denkmuster verpflichtet. Seine Schrift führte nicht zu einem besseren Verständnis des Islam.

Der Koran im späten Mittelalter
    Etwa 130 Jahre nach den im Roman geschilderten Ereignissen beschäftigte sich der Kardinal Nikolaus von Kues (1401-1464) mit dem Koran. Auch er ging davon aus, dass es sich beim Islam um eine christliche Häresie handele, und entsprechend wollte er einen erneuten Versuch unternehmen, die Glaubensaussagen des Korans mithilfe theologischer Argumente zu widerlegen. Dabei war es die erklärte Absicht des Kardinals, das Christentum als den wahren Glauben zu verteidigen, aber den Muslimen auch bei der Annahme des Christentums zu helfen. Es sollte nach seinem Willen zu einer theologischen Verständigung zwischen den beiden Religionen kommen. Sein Werk zu diesem Thema nannte Nikolaus »Cribratio Alcorani« – »Die Sichtung des Korans«. Dabei kam es dem christlichen Gelehrten darauf an, darzustellen, dass der Koran nicht das geistige Eigentum der Muslime sei. Und so schrieb er im Dezember 1454 an Johannes von Segovia: »Wir müssen immer versuchen, jenes Buch, das bei ihnen, den Muslimen, Autorität besitzt, für uns geltend zu machen. Denn wir finden darin Stellen, die uns dienlich sind, und andere, die uns widersprechen, können wir durch sie erklären« [zit. n. Hagemann, 1983, S. 8]. So sollte also den Muslimen ihr heiliges Buch, das ihnen als eigene Offenbarung galt, genommen werden. Nikolaus wollte den Anhängern des Islam vorführen, dass sich selbst in ihrem heiligen Buch Inhalte fänden, die der von ihnen so vehement bekämpften christlichen Religion entstammten.
    In der Vorrede zu seiner »Cribratio« bringt Nikolaus seine Überzeugung zum Ausdruck, dass der Islam aus den Lehren der häretischen Nestorianer abgeleitet sei. Damit bekräftigte er die schon seit Jahrhunderten bestehende Ansicht, gemäß der der Islam als christliche Häresie verstanden wurde. Auch Nikolaus greift dabei auf die Bahira-Legende zurück, nach der es ein christlicher Mönch war, der Mohammeds Prophetentum vorhersagte. Die Spuren christlicher Lehren im Koran sind für Nikolaus vor diesem Hintergrund Belege für den Nestorianismus als Bindeglied zwischen den beiden Religionen. Und so stand der Gedanke der Häresie im Zentrum seiner Auseinandersetzung mit dem Islam. Dabei ging der Kardinal nahezu wissenschaftlich vor. Er stützte seine Arbeit auf eine ganze Reihe von Schriften, die er extra für diesen Zweck gesammelt und studiert hatte. Die Grundlage seiner Korankenntnis bildete auch für ihn die Koranübersetzung des Robert von Ketton. Des Weiteren berücksichtigte er die christliche Apologie des al-Kindi, das »Liber generationis Mahumet« mit jüdisch-islamischen Schöpfungslegenden, Patriarchen-und Prophetengeschichten, die »Fabulae Saracenorum«, die eine Geschichte Mohammeds und knappe Darstellungen des Lebens der ersten sieben Kalifen enthält, die »Fragen des Abd Allah ibn-Salam«, eine Sammlung muslimisch-jüdischer Legenden, sowie das Buch des Petrus Venerabilis gegen die »Häresie der Sarazenen« und dessen Brief an Bernhard von Clairvaux. Überdies hatte Nikolaus von Kues das Werk des Ricoldus de Monte Crucis sowie die Schriften von Dionysius Cartusianus, Thomas von Aquin und Juan de Torquemada zurate gezogen.
    Bei seiner Interpretation des Korans stieß Nikolaus allerdings immer wieder an die Grenzen
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