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Die geheime Sammlung

Die geheime Sammlung

Titel: Die geheime Sammlung
Autoren: Polly Shulman
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Burger braten.« Er grinste. »Hier riecht es viel besser.«
    »Außer in Magazin acht«, korrigierte Anjali, und beide prusteten. Schon wollte ich nach Magazin acht fragen, überlegte es mir dann aber anders. Eine zweite Abfuhr wollte ich nicht kassieren.
    »Du, Elizabeth«, sagte Anjali, »wo hast du den Gedenkknopf hingelegt?«
    »Den was?«
    »Den Knopf mit dem Menschenhaar.«
    »Er ist unten bei Dr.Rust.«
    »Nein, ich meine, in welche Kategorie hast du ihn eingeordnet?«
    »Bei den Dingen aus tierischen Materialien. Wo hast du ihn hingelegt?«, wollte ich wissen.
    »Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Aber inzwischen denke ich, er hätte ins achtzehnte gehört. Macht nichts, ich habe den Job bekommen. Und die Haarspange?«
    »Welche Haarspange? Es gab keine Haarspange, nur Knöpfe. Und außerdem einen Reißverschluss.«
    »Einen Reißverschluss! Wie interessant. Ich frage mich, was das bedeutet. Und du, Merritt, hast du einen Reißverschluss oder eine Haarspange bekommen? Erinnerst du dich noch?«
    »Ich habe eine Gürtelschnalle und einen elektrischen Schalter bekommen«, sagte Marc. »Und den Gedenkknopf.«
    »Ehrlich? Also zwei Extras zur Knopfschachtel dazu. Ich hab nur eins bekommen.«
    »Tja. Vermutlich war der Doc nicht sehr erfreut, als ich die Gürtelschnalle zu den Nägeln gelegt habe. Ich glaube, der elektrische Schalter war so was wie eine zweite Chance; um zu zeigen, was ich draufhabe.«
    Ich staunte. »Welche Nägel?«
    »Oh, du hast keine Nägel bekommen?«, fragte Anjali. »Ich schon. Sie waren in der Knopfschachtel.«
    Ein Pneu schlug im Korb auf, und sie holte ihn.
    »Bist du jetzt mit uns zusammen in Magazin neun?«, wandte Marc sich erneut an Anjali. »Ich dachte, du wärst heute unten im Verlies?«
    »Bin ich auch. Aber das ist schon in Ordnung, ich habe Pause. Noch zehn Minuten.« Sie gab Marc den Zettel. »Meint ihr, der Doc hat jemals jemanden durchfallen lassen, weil er die Knöpfe falsch sortiert hat?«
    Marc zog fragend die Brauen hoch. »Wie falsch?«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht, wenn man etwas wirklich Offensichtliches macht. Sie der Größe nach ordnen zum Beispiel.«
    Marc sah ein wenig schuldbewusst aus. Ich fragte mich, ob er selbst genau das getan hatte. In diesem Fall wüsste ich jetzt, wie er sich fühlte, denn ich hatte es ja auch getan – die Knöpfe der Größe nach sortiert, meinte ich. Ich hatte zwar eine Kombination aus Farbe und Größe genutzt, aber das war ziemlich nah dran.
    Derweil las Marc den Zettel durch und ging dann durch den Raum davon. Staunend sah ich ihm nach und bewunderte seinen Gang.
    »Du gehst auf die Fisher, zusammen mit Merritt?«, unterbrach Anjali meine stumme Versunkenheit.
    »Ja, und du?«
    »Miss Wharton’s School«, sagte sie. Das war eine angesagte Mädchen-Privatschule in der Nähe der Fisher. Als ich noch auf die Chase ging, spielten unsere Mädchenteams in der gleichen Sportliga. Ich fragte mich, ob Anjali wohl hochnäsig war. Die Schülerinnen der Miss Wharton’s hatten diesen Ruf, aber bis jetzt schien sie ziemlich nett zu sein.
    Ich füllte die Formulare fertig aus und gab sie ihr. »Ich glaube, das war alles. Und wie komme ich jetzt hier wieder raus?«, fragte ich. »Das Gebäude ist ein wenig verwirrend, und mein Orientierungssinn ist nicht der beste.«
    »Nimm einfach den Fahrstuhl in die Eingangshalle.«
    Zweifelnd schaute ich die drei kleinen Fahrstühle an. »Welchen Fahrstuhl?«
    »Oh«, sagte Anjali und lachte. »Hat Merritt dich die ganzen Treppen steigen lassen? Er muss immer zeigen, dass er ein richtiger Mann ist! Ich meinte nicht die Speiseaufzüge, ich meine die richtigen, echten. Die Personenaufzüge. Komm, ich zeige sie dir.«
    Ich zog meinen Mantel an und folgte ihr durch eine Feuertür. »Ich bin wirklich froh, dass du da bist«, sagte sie. »Es wurde Zeit, dass sie jemanden einstellen.«
    Damit hatten mir heute schon zwei Leute gesagt, sie seien froh, dass ich da war, die ersten zwei Menschen in den letzten Jahren, die sich über meine Anwesenheit zu freuen schienen. Allmählich gefiel mir das Archiv.
    »Es war besonders anstrengend, seit Mona verschwunden ist«, flüsterte Anjali jetzt. »Und auch ein bisschen unheimlich.«
    Ich hakte nach. »Jemand ist verschwunden?«
    »Ja, Mona Chen, eine der Pagen.«
    »Wo ist sie hin?«
    »Ich weiß es nicht. Ms.Callender glaubt, sie ist zurück nach Taiwan gezogen, zusammen mit ihrer Familie. Aber sie hat sich nicht verabschiedet, und das sieht ihr gar nicht ähnlich.
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