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Die geheime Sammlung

Die geheime Sammlung

Titel: Die geheime Sammlung
Autoren: Polly Shulman
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Marc und ich versuchen herauszufinden, was mit ihr passiert ist. Wir glauben, es könnte etwas mit dem …« Sie verstummte.
    »Mit was?«
    »Tut mir leid. Vergiss es einfach. Du wirst mich für verrückt halten, und ich will dich nicht schon vergraulen, ehe du überhaupt angefangen hast. Es ist nur … Ich denke, ich sollte dich warnen.«
    »Warnen? Wovor? Mich wie vergraulen?« Dieser Ort hatte irgendetwas Düsteres. Diese mysteriöse Sammlung, über die Anjali und Marc nicht sprechen wollten, und nun noch ein verschwundener Page. Ich war weniger verängstigt als vielmehr fasziniert.
    Anjali machte eine Pause. »Es gibt ein paar wilde Gerüchte über ein fliegendes Geschöpf, das einigen Gästen und Pagen gefolgt ist. Man sagt sogar, es hätte ein Objekt direkt aus den Händen eines Gastes geschnappt.«
    »Ein fliegendes
Geschöpf?
Was meinst du damit?« Das hörte sich wirklich verrückt an. Veralberte mich Anjali gerade? Auf der anderen Seite sah sie aus, als sei es ihr mit ihrer Warnung ernst.
    »Ich habe gehört, es wäre so etwas wie ein riesiger Vogel«, berichtete sie. »Das sagt man zumindest. Ich weiß nicht, ob es stimmt. Aber dann ist Mona verschwunden, und sie hatte richtig Angst vor dem Vogel. Und da dachte ich mir …«
    »Warte«, sagte ich. »Hast du den Vogel gesehen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht. Aber manchmal habe ich das Gefühl, als würde mich jemand beobachten.«
    »Das klingt ziemlich furchteinflößend.« Ich hatte keine Ahnung, ob ich sie ernst nehmen sollte.
    »Ja, also …« Jetzt drückte sie mit Schwung auf den Fahrstuhlknopf. »Ich wollte dich nicht beunruhigen. Pass einfach auf wegen des … nun ja.« Anjali sah mich an und lächelte.
    »Riesigen Vogels, der Dinge stiehlt und Pagen entführt«, beendete ich den Satz.
    »Klar, ich weiß, das hört sich bescheuert an. Aber wenn du hier erst mal eine Weile arbeitest, wirst du dich an einige sehr ungewöhnliche Sachen gewöhnen.«
    Der Fahrstuhl war da, und ich stieg ein. »Bis Dienstag!«
    »Bis Dienstag, und dir ein schönes Wochenende!«
    Anjali winkte, als sich die Kabinentür zwischen uns schloss. Neuer Freund oder Freak? Ich wusste es nicht. Auf jeden Fall schien sie nett zu sein. Sicherlich wäre es nicht verkehrt, dachte ich, wenn sich herausstellen würde, dass sie beides war.

[home]
    Kapitel 3
    Ein verdächtiger Page
    P apa war allein zu Hause, als ich vom Archiv zurückkam.
    »Hallo, mein Schatz«, sagte er. »Kommst du jetzt erst aus der Schule zurück?«
    »Die Schule ist seit Stunden aus, Papa. Aber ich hatte heute ein Vorstellungsgespräch für meinen neuen Job. Erinnerst du dich? Ich hab es dir letzte Woche erzählt.«
    »Oh, stimmt. Wo noch mal? Bei der Historical Society?«
    »Nein, im New Yorker Repositorium der Verleihbaren Schätze«, erinnerte ich ihn. Papa hatte sich früher, als wir nur zu zweit waren, stets an alles erinnert, was ich ihm erzählte.
    »Das ist das private Museum mit den wunderschönen Bleiglasfenstern«, sagte er. »Die sind sehr bekannt. Ich wollte immer schon mal hin, um sie mir anzuschauen.«
    »Es ist wunderbar dort. Du wirst es mögen; der Platz ist wie für dich gemacht. Du solltest vorbeikommen, besonders, weil ich jetzt dort arbeite. Ich kann dich bestimmt herumführen und dir alles zeigen.«
    Wir hörten Cathys Schlüssel in der Eingangstür, und kurz darauf stürmte sie auch schon in den Raum. »Michael! Komm, schau dir die Farben an, die ich für das Schlafzimmer ausgesucht habe!«
    Cathy strich das Apartment ständig neu an und war nie so richtig mit dem Ergebnis zufrieden.
    »Sicher.« Er folgte ihr hinaus.
    »Kommst du denn mit ins Archiv, Papa?«, rief ich ihm hinterher, doch er sagte nur: »Wir reden später darüber.« Ich fragte mich still, ob dieses Später jemals kommen würde.
    Ich ging in mein Zimmer und machte meine Hausaufgaben. Mit Französisch beeilte ich mich, damit ich mir Zeit für Gemeinschaftskunde nehmen konnte. Ich sehnte mich danach, ein Lob in Mr.Mauskopfs brauner Tinte zu lesen:
gut argumentiert
statt
schlampig gedacht.
Und dieses Lob wollte ich mir verdienen.
    Beim Mittagessen am nächsten Tag stand ich da mit meinem Tablett, lauschte dem Raunen in der Cafeteria und fühlte mich noch einsamer als sonst. Ich sah mich nach jemandem um, zu dem ich mich setzen könnte, und erblickte Mallory Mason auf der anderen Seite des Raums.Wenn ich sie doch nur mögen würde. Sie hätte sicher nichts dagegen, wenn ich mich zu ihr setzte, aber ich
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