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Die Gefährtin Des Lichts erbin2

Die Gefährtin Des Lichts erbin2

Titel: Die Gefährtin Des Lichts erbin2
Autoren: jemisin
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etwas zerbrochen, ja zerschmettert war. Ich wusste nicht, was oder warum, aber eins konnte ich erkennen: Er war nicht immer so gewesen.
    Er reagierte nicht, als ich das Zimmer betrat und mich in einen der Sessel setzte. Ich zog die Decke, die ich gegen die frühmorgendliche Kälte mitgebracht hatte, eng um mich. Zweifellos hatte er sich daran gewöhnt, dass ich seine Morgenvorführung beobachtete, da ich dies regelmäßig tat.
    Und tatsächlich, kurz, nachdem ich es mir gemütlich gemacht hatte, begann er erneut zu glühen.
    Der Vorgang war jedes Mal anders. Diesmal fingen seine Augen das Licht zuerst ein. Ich sah, wie er sich mir zuwandte, als ob er sicherstellen wollte, dass ich ihn beobachtete. Diese kleinen Andeutungen ungeheurer Arroganz hatte ich zu anderen Zeiten auch schon an ihm bemerkt. Nachdem das erledigt war, richtete er seinen Blick wieder nach draußen. Seine Haare und seine Schultern begannen zu schimmern. Als Nächstes sah ich seine muskulösen Arme, die er vor der Brust verschränkt hatte. Seine langen Beine waren leicht gespreizt, und seine ganze Haltung war entspannt. Dennoch war sie auch stolz. Würdevoll. Er benahm sich wie ein König. Das hatte ich von Anfang an bemerkt. Er wirkte wie ein Mann, der lange Macht gehabt hatte und der erst kürzlich abgestürzt war.
    Das Licht erfüllte seine Gestalt und wurde gleichmäßig heller. Ich kniff die Augen zusammen - ich liebte es, das zu tun - und hob die Hand, um sie abzuschirmen. Ich konnte ihn immer noch sehen: eine lodernde Männergestalt, die jetzt von dem schattenartigen Gitter meiner Handknochen eingerahmt war. Aber wie immer musste ich am Ende doch wegsehen. Ich tat das erst, wenn es unbedingt sein musste. Was sollte mir schon geschehen — dass ich erblindete?
    Es dauerte nicht lange. Irgendwo hinter der östlichen Wurzelwand trat die Sonne über den Horizont. Danach verblasste das Glühen schnell. Kurz darauf konnte ich ihn wieder ansehen. Nach weiteren zwanzig Minuten war er so unsichtbar für mich wie jeder andere Sterbliche.
    Als es vorüber war, drehte sich mein Hausgast um und wollte gehen. Im Laufe des Tages erledigte er die Hausarbeit. Vor Kurzem hatte er sogar angefangen, sich bei den Nachbarn zu verdingen, und lieferte den Hungerlohn, den er verdiente, bei mir ab. Ich war entspannt und reckte mich mit Wohlbehagen. Wenn er in der Nähe war, war mir immer wärmer als sonst.
    »Warte«, sagte ich. Er blieb stehen.
    Ich versuchte, seine Stimmung anhand der Art seines Schweigens zu ermessen. »Wirst du mir jemals deinen Namen sagen?«
    Weiteres Schweigen. War er verärgert? Machte es ihm überhaupt etwas aus? Ich seufzte.
    »Na gut«, sagte ich. »Die Nachbarn fangen an, Fragen zu stellen, also muss ich dich irgendwie nennen. Stört es dich, wenn ich mir etwas ausdenke?«
    Er seufzte. Es klang auf jeden Fall verärgert. Aber wenigstens war es kein »Nein«.
    Ich grinste. »Also schön. Sonnenschein. Ich nenne dich Sonnenschein. Wie findest du das?«
    Es sollte ein Witz sein. Ich hatte das nur gesagt, um ihn aufzuziehen. Aber ich gebe zu, dass ich irgendeine Reaktion von ihm erwartet hatte, und sei es nur Abscheu. Stattdessen ging er einfach hinaus.
    Das ärgerte mich. Er musste ja nicht reden, aber war ein Lächeln zu viel verlangt? Oder ein Grunzen oder Seufzen?
    »Also bleibt es bei Sonnenschein«, sagte ich voller Schwung und stand auf, um meinen Tag zu beginnen.
     

 
     

    2
    »Tote Göttinnen«
    (Wasserfarbe)

    Scheinbar bin ich hübsch. Das Einzige, was ich sehe, ist Magie — und Magie neigt dazu, hübsch zu sein. Insofern habe ich keine Möglichkeit, mein weltliches Selbst objektiv zu beurteilen. Ich muss mich auf das verlassen, was andere sagen. Männer loben ausgiebig Teile von mir - wohlgemerkt immer nur Teile, nie das Ganze. Sie lieben meine langen Beine, meinen anmutigen Hals, meine wallenden Haare und meine Brüste. Besonders meine Brüste. Die meisten Männer in Schatten waren Amn. Deshalb äußerten sie sich auch über meine glatte, fast schwarze Maro - Haut, obwohl ich ihnen sagte, dass es in der Welt noch mehr als eine halbe Million anderer Frauen mit dieser Eigenschaft gab. Eine halbe Million ist an der ganzen Welt gemessen nicht sehr viel, also fand auch diese Eigenschaft Beachtung bei ihrer fachkundigen Bewunderung diverser Einzelteile.
    »Entzückend«, sagten sie. Manchmal wollten sie mich mit nach Hause nehmen, um mich unter Ausschluss der Öffentlichkeit bewundern zu können. Bevor ich mich mit den Gottkindern
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