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Die Gefährtin Des Lichts erbin2

Die Gefährtin Des Lichts erbin2

Titel: Die Gefährtin Des Lichts erbin2
Autoren: jemisin
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einließ, erlaubte ich es manchmal, wenn ich mich einsam genug fühlte. »Du bist wunderschön, Oree«, flüsterten sie, wenn sie mich aufstellten, zurechtrückten und polierten wie eine Statue. »Wenn du doch nur ...«
    Ich bat sie nie, diesen Satz zu Ende zu bringen. Ich wusste, was sie beinahe gesagt hätten: Wenn du doch nur nicht diese Augen hättest.
    Meine Augen sind nicht nur blind, sie sind entstellt. Das verstört andere. Ich könnte möglicherweise noch mehr Männer anziehen, wenn ich die Augen versteckte, aber warum sollte ich mehr Männer wollen? Die, die ich bereits anziehe, wollen eigentlich nicht mich. Außer Madding. Aber sogar er wünschte sich, ich wäre etwas anderes.
    Mein Hausgast wollte mich überhaupt nicht. Zuerst hatte ich mir Sorgen gemacht, schließlich war ich nicht dumm. Ich wusste um die Gefahr, einen fremden Mann in mein Haus zu holen. Aber ihn interessierte so etwas Weltliches wie sterbliches Fleisch nicht - nicht einmal sein eigenes. Wenn sein Blick auf mir ruhte, spürte ich viele Dinge, aber Begehren gehörte nicht dazu. Genauso wenig wie Mitleid.
    Wahrscheinlich behielt ich ihn aus genau diesen Gründen bei mir.
    »Ich male ein Bild«, flüsterte ich und fing an.
    Jeden Morgen, bevor ich zur Künstlerzeile aufbrach, übte ich meine wahre Kunst aus. Die Dinge, die ich für die Zeile herstellte, waren Ramsch: ungenaue und schlecht proportionierte Statuen von Gottkindern, nichtssagende Aquarelle, die unverfängliche Bilder der Stadt zeigten, getrocknete Weltenbaumblüten und Modeschmuck. Potenzielle Käufer erwarteten diese Art Kleinigkeiten bei einer blinden Frau ohne Ausbildung zu finden, die nichts verkaufte, das teurer als zwanzig Meri war.
    Meine Bilder waren anders. Einen Großteil meiner Einkünfte gab ich für Leinwand, Pigmente und Bienenwachs für den Untergrund aus. Wenn ich mich in meinem Tun verlor, verbrachte ich Stunden damit, mir die Farben der Luft vorzustellen. Oder ich versuchte, Duft durch Linien einzufangen.
    Im Gegensatz zu dem Ramsch, den ich auf meinem Tisch feilbot, konnte ich meine Gemälde sehen. Ich wusste nicht, warum das so war. Ich konnte es einfach.
    Ich war fertig, drehte mich um und wischte meine Hände an einem Tuch ab. Es überraschte mich nicht zu sehen, dass Sonnenschein hereingekommen war. Wenn ich malte, nahm ich von meiner Umwelt nur wenig Notiz. Essensgeruch traf meine Nase, als ob er mich für diese Neigung bestrafen wollte. Mein Bauch knurrte sofort so laut, dass der Klang den ganzen Keller erfüllte. Verlegen grinste ich. »Danke, dass du Frühstück gemacht hast.«
    Er näherte sich. Das erkannte ich daran, dass die Holztreppe knarrte und die Luft sich bewegte. Eine Hand nahm meine und führte sie an die glatte Rundung eines schweren Tellers, dessen Unterseite sich warm anfühlte. Erwärmter Käse und Obst, wie immer, und ... ich schnupperte und grinste begeistert. »Geräucherter Fisch? Wo um Himmels willen hast du den her?«
    Ich erwartete keine Antwort und bekam auch keine. Er führte mich hinüber an meinen kleinen Arbeitstisch. Dort hatte er ein einfaches Gedeck hingestellt. Diese Dinge nahm er immer sehr genau. Ich fand die Gabel und begann zu essen. Meine Freude wuchs, als ich erkannte, dass es sich um Vellyfisch aus dem Zopfmeer in der Nähe von Nimaro handelte. Er war nicht teuer, aber es war schwer, ihn in Schatten zu finden. Er war zu fettig für den Geschmack der Amn. Soweit ich wusste, verkauften ihn nur Händler auf dem Sonnenmarkt. War er extra für mich den ganzen Weg nach Wescha gelaufen? Wenn er auf diese Weise versuchte, seine Fehler wiedergutzumachen, dann hatte er sich alle Mühe gegeben.
    »Danke, Sonnenschein«, sagte ich, als er mir eine Tasse Tee einschenkte. Er zögerte kurz. Dann schenkte er weiter ein und seufzte ganz leise als Reaktion auf seinen neuen Spitznamen. Ich unterdrückte ein Kichern angesichts seiner Verärgerung, weil das gemein gewesen wäre.
    Er schob einen Stapel Bienenwachsstäbe zur Seite, setzte sich an die andere Seite des Tisches und beobachtete mich beim Essen. Die Tatsache, dass er offensichtlich bereits gegessen hatte, ernüchterte mich. Es bedeutete, dass ich sehr lange gemalt hatte. Das wiederum hieß, dass ich zu spät zur Arbeit kam.
    Daran war nun nichts mehr zu ändern. Ich seufzte und schlürfte meinen Tee. Erfreut stellte ich fest, dass es sich um eine neue, leicht bittere Sorte handelte, die perfekt zu dem salzigen Fisch passte.
    »Ich frage mich, ob ich heute überhaupt zur
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