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Die Gefährtin Des Lichts erbin2

Die Gefährtin Des Lichts erbin2

Titel: Die Gefährtin Des Lichts erbin2
Autoren: jemisin
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gekommen, um uns zu befragen? Normalerweise hatten wir es nur mit den Ordensbewahrern zu tun. Diese waren Messdiener, die zu Priestern ausgebildet wurden. Sie waren jung und manchmal übereifrig, aber im Grunde harmlos, wenn man sie nicht reizte. Die meisten hassten den Dienst auf der Straße und waren deshalb ziemlich faul. Aus diesem Grund mussten die Menschen in der Stadt ihre eigenen Lösungen für Probleme finden. Den meisten von uns war das ohnehin lieber. Irgendetwas sagte mir, dass dieser Mann kein niederer Ordensbewahrer war.
    Er hatte keine Frage gestellt, also sprach ich nicht. Mein Schweigen schien er für sich auch als Antwort zu deuten. Ich merkte, wie mein vorderer Tisch sich beunruhigend verlagerte. Der Mann hatte sich daraufgesetzt. Diese Tische waren leicht und nicht sehr stabil, da ich sie, wenn nötig, bis nach Hause tragen musste. Mein Magen verkrampfte sich.
    »Ihr seht beunruhigt aus«, sagte er.
    »Das bin ich aber nicht«, log ich. Ich hatte gehört, dass die Ordensbewahrer derartige Strategien anwendeten, um ihre Ziele zu verunsichern. Es funktionierte. »Aber es wäre vielleicht hilfreich, Euren Namen zu kennen.«
    »Rimarn«, sagte er. Das war ein geläufiger Name in der Unterschicht der Amn. »Previt Rimarn Dih. Und Ihr seid ...?«
    Ein Previt. Previten waren nicht nur vollwertige, sondern auch hochrangige Priester. Sie verließen die Weiße Halle selten, weil sie mit Geschäften und Politik betraut waren. Der Tod eines Gottkindes war dem Orden wohl wichtiger, als ich angenommen hatte.
    »Oree Shoth«, sagte ich. Meine Stimme brach, als ich meinen Nachnamen aussprach, so dass ich ihn wiederholte. Ich nahm an, dass er lächelte.
    »Wir untersuchen den Tod der Lady Rolie und hoffen, dass Ihr und Eure Freunde uns dabei helfen werdet. Insbesondere deshalb, weil wir so freundlich sind, Eure Anwesenheit hier an der Promenade zu übersehen.« Er hob etwas anderes hoch. Ich konnte nicht erkennen, was es war.
    »Ich helfe gerne«, sagte ich und versuchte, die versteckte Drohung nicht zu beachten. Der Orden des Itempas kontrollierte unter anderem die Zulassungen und Lizenzen in der Stadt und ließ sich das teuer bezahlen. Yels Stand hatte die Zulassung, an der Promenade zu verkaufen. Wir Künstler konnten uns das nicht leisten. »Es ist so traurig. Ich dachte immer, dass Götter nicht sterben können.«
    »Gottkinder können es«, sagte er. Seine Stimme war um einiges kälter geworden. Ich verfluchte mich, weil ich vergessen hatte, wie empfindlich die Itempaner reagierten, wenn es um andere Götter als ihre eigenen ging. Ich war schon zu lange von Nimaro weg, verflucht...
    »Ihre Eltern, die Drei, können sie töten«, fuhr Rimarn fort. »Und ihre Geschwister können sie töten, wenn sie stark genug sind.«
    »Nun, ich habe kein Gottkind mit blutigen Händen gesehen, wenn es das ist, was Ihr wissen wollt. Nicht, dass ich überhaupt viel sehe.« Ich lächelte schwach.
    »Hmm.« Ich hörte, wie etwas wieder auf den Tisch gestellt wurde. Allerdings nicht die Miniatur des Baums. »Eure Augen sind sehr interessant.«
    Ich weiß nicht, warum ich mich in diesem Moment noch unwohler fühlte. »Das habe ich schon öfter gehört.«
    »Leidet Ihr ... am grauen Star?« Er beugte sich herüber, um mich näher zu betrachten. Ich roch Pfefferminztee in seinem Atem. »Ich habe noch nie so trübe Linsen gesehen.«
    Man hat mir gesagt, dass es unangenehm ist, meine Augen anzusehen. Die »Trübungen«, die Rimarn bemerkt hatte, waren viele kleine graue Gewebeschichten, die sich wie Blütenblätter eines knospenden Gänseblümchens übereinandergelegt hatten. Ich besitze weder Pupillen noch eine Iris im eigentlichen Sinne. Aus der Entfernung wirken meine Linsen wie matter Stahl, aber aus der Nähe erkennt man die Fehlbildung.
    »Die Knochenbieger nennen das entstellte Hornhaut. Außerdem leide ich noch zusätzlich an Komplikationen, die ich nicht aussprechen kann.« Ich versuchte erneut zu lächeln, versagte aber kläglich.
    »Aha. Gibt es diese ... Fehlbildung ... häufig bei den Maroneh?«
    Zwei Tische weiter krachte es. Das war Rus Tisch. Ich hatte gehört, wie sie protestierend aufschrie. Vuroy und Ohn schlössen sich an. Der Priester, der sie befragte, fuhr sie an: »Seid still!« Alle verstummten. Jemand aus der Zuschauermenge — wahrscheinlich ein Dunkelwanderer - rief, dass die Priester uns in Ruhe lassen sollten. Niemand schloss sich seinem Ruf an. Er wiederholte ihn nicht. Offensichtlich hatte ihn der Mut
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