Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gefährtin Des Lichts erbin2

Die Gefährtin Des Lichts erbin2

Titel: Die Gefährtin Des Lichts erbin2
Autoren: jemisin
Vom Netzwerk:
gutes Mahl vor. Und weil ich genug Platz hatte, erlaubte ich ihm, bei mir zu bleiben. Es war das Richtige. Das Menschliche. Ich denke, ich fühlte mich auch einsam nach der ganzen Angelegenheit mit Madding. Außerdem, so redete ich mir ein, schadete es niemandem.
    In dem Punkt sollte ich mich irren.
    Als ich an jenem Tag nach Hause kam, war er wieder tot. Seine Leiche lag in der Küche neben dem Küchentresen. Es sah so aus, als ob er Gemüse geschnitten hatte, als ihn das Verlangen überkam, sich durch das Handgelenk zu stechen. Ich rutschte auf dem Blut aus, als ich reinkam. Das ärgerte mich, weil es bedeutete, dass der gesamte Küchenfußboden damit bedeckt war. Der Geruch war so dick und süßlich, dass ich nicht ausmachen konnte, wo er herkam - von dieser Wand oder der anderen? Der ganze Boden oder nur in der Nähe des Tischs? Ich war davon überzeugt, dass sein Blut auch auf den Teppich tropfte, während ich ihn ins Badezimmer zerrte. Er war ein großer Mann, also dauerte das eine Weile. Ich kämpfte, bis ich ihn so gut wie möglich in der Badewanne hatte. Dann füllte ich sie mit Wasser aus der kalten Zisterne; zum einen, damit das Blut an seiner Kleidung sich nicht setzte, und zum anderen, um ihn wissen zu lassen, wie erbost ich war.
    Ich hatte mich wieder etwas beruhigt - die Küche zu putzen hatte mir geholfen, Dampf abzulassen —, als ich plötzlich ein heftiges Platschen aus dem Badezimmer hörte. Er wusste oft nicht, wo er war, wenn er wieder zum Leben erwachte. Also wartete ich an der Tür, bis das Platschen aufhörte und seine Aufmerksamkeit sich auf mich richtete. Er hatte eine starke Persönlichkeit. Ich konnte den Druck seines Blickes immer spüren.
    »Es ist nicht fair«, sagte ich, »dass du mir das Leben noch schwerer machst. Verstehst du?«
    Schweigen. Aber er hatte mich gehört.
    »Ich habe das Meiste in der Küche schon saubergemacht, aber ich glaube, auf den Wohnzimmerteppichen ist noch Blut. Der Geruch ist so stark, dass ich die kleinen Flecken nicht finde. Also wirst du dich darum kümmern müssen. Ich lasse einen Eimer und eine Bürste in der Küche.«
    Immer noch Schweigen. Er war wirklich ein brillanter Gesprächspartner.
    Ich seufzte. Mein Rücken schmerzte vom Schrubben des Bodens. »Danke, dass du Abendessen gemacht hast.« Ich erwähnte nicht, dass ich nichts gegessen hatte. Nur durch Probieren hätte ich feststellen können, ob auf den Essenssachen auch Blut war. »Ich gehe ins Bett. Es war ein langer Tag.«
    In der Luft lag ein Hauch von Scham. Ich spürte, wie er seinen Blick abwandte, und war zufrieden. In den drei Monaten, die er jetzt bei mir lebte, hatte ich ihn als Mann mit beinahe zwanghafter Fairness kennengelernt. Sie war so berechenbar wie die Glocken der Weißen Halle. Er mochte es nicht, wenn die Balance zwischen uns gestört war.
    Ich ging durch das Badezimmer, beugte mich über die Wanne und tastete nach seinem Gesicht. Zuerst erwischte ich seine Schädeldecke. Wie immer freute es mich, Haare wie meine eigenen zu spüren — leicht gelockt, dicht, aber dennoch nachgiebig, und kräftig genug, dass sich meine Finger darin verloren. Das erste Mal, als ich ihn berührt hatte, dachte ich, dass er von meinem Volk wäre, weil nur die Maroneh solches Haar hatten. Seitdem war mir klargeworden, dass er etwas völlig anderes war - etwas Nicht-menschliches. Doch diese frühe Gefühlswelle der Verbundenheit war nie ganz vergangen. Ich beugte mich hinunter und küsste ihn auf die Stirn. Dabei genoss ich das Gefühl der sanften, weichen Hitze unter meinen Lippen. Er fühlte sich immer heiß an. Falls wir uns über die Schlafmodalitäten einigten, konnte ich im nächsten Winter ein kleines Vermögen an Feuerholz einsparen.
    »Gute Nacht«, murmelte ich. Er erwiderte nichts. Ich ging zu Bett.
    Ihr müsst etwas Entscheidendes verstehen: Mein Hausgast war nicht lebensmüde. Jedenfalls nicht direkt. Er gab sich niemals viel Mühe, sich umzubringen. Er ging nur der Gefahr einfach nicht aus dem Weg. Das schloss auch die Gefahren seiner spontanen Eingebungen ein. Ein normaler Mensch war vorsichtig, wenn er auf dem Dach herumlief, um etwas zu reparieren — nicht so mein Hausgast. Er sah auch nicht nach rechts und links, bevor er die Straße überquerte. Viele Leute haben vielleicht flüchtig den Gedanken, eine brennende Kerze auf ihr Bett zu werfen. Sie werden diesen Gedanken aber genauso schnell wieder als verrückt verwerfen — mein Hausgast tat es einfach. Ich muss ihm allerdings
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher