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Die Galerie der Lügen

Titel: Die Galerie der Lügen
Autoren: Ralf Isau
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genug war er ja.«
    Wieder nickte Alex. »Jack Jordan hat dein Auto in die Luft gesprengt und beinahe auch dich. Könnte das ein persönlicher Vergeltungsakt gewesen sein, weil du seinen alten Herrn als Fixer entlarvt hast?«
    Darwin zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Vielleicht hat Cadwell diese Information benutzt, um seinen Bodyguard gegen mich aufzustacheln. Nachdem mein Boss wusste, welchem Kunstwerk der letzte Anschlag gelten würde, brauchte er mich ja nicht mehr. Die Bombe in der Tiefgarage hätte ihm den unbequemen Schnüffler vom Hals geschafft und obendrein auch noch dich, das Corpus Delicti seiner dunklen Vergangenheit.«
    »Was denkst du, warum er letztlich damit aufgehört hat, uns nach dem Leben zu trachten?«
    »Wer sagt denn, dass es so war? Ich vermute eher, er wollte abwarten, bis sein Unternehmen und auch wir beide aus den Medien verschwunden wären. Immerhin fand der letzte Anschlag ja im ArtCare Building statt, gewissermaßen unter seinem Chefsessel. Alle Zeitungen und Sender haben darüber berichtet. Er war lange genug im Geschäft, um sich der Konsequenzen bewusst zu sein.«
    »Offenbar war er ziemlich verzweifelt.«
    »Worauf du Gift nehmen kannst. Erst recht, nachdem wir beide überlebt hatten. Mehr Publicity konnte er sich wirklich nicht leisten. Schon der Gasanschlag und der Tod von Susan Winter hatten ja eine Menge Staub aufgewirbelt. Andere können auch eins und eins zusammenzählen. Deine Freundin schnüffelt in Cadwells Vergangenheit herum und kommt ums Leben. Danach tue ich das Gleiche und werde ebenfalls Opfer eines Anschlags.«
    »Ich bin froh darüber, dass mein Vater es sich anders überlegt hat.« Alex drehte eine Weile ihr Weinglas auf dem Tischtuch. Es war immer noch ungewohnt für sie, sich dies über Cadwell sagen zu hören: Mein Vater. Dann fragte sie: »Weißt du übrigens, was in Theos Tagebuch über Terri steht?«
    »Du hast es gelesen, nicht ich.«
    »Sie war sein Menschenexperiment. Vor dem Einbruch im Louvre wollte er wissen, ob er seine Geschwister so weit bringen kann, für ihn zu sterben. Oder, besser gesagt, für seine verquerte Heilslehre, die er ihnen gepredigt hat. Das ist doch pervers, oder?«
    »Nicht abartiger als Cadwells Treiben.«
    »Das stimmt allerdings.«
    Darwin nippte an seinem Glas. »Theo war alles andere als dumm.«
    »Leider hat der Hass seinen Verstand zerfressen.«
    »Auf seine Weise war er aber ziemlich effektiv. Und er hat es geschafft, an allen Rache zu üben. Mehr oder weniger.«
    Das Gespräch der beiden ging noch eine ganze Weile so weiter, unterbrochen von immer längeren Perioden des Schweigens. Als es bereits weit nach elf war, erzählte Alex von ihren Plänen. Lord Witcombe hatte ihr eine Liste beschafft. Darin standen die Namen sämtlicher Klone. Insgesamt waren es sechzehn – und neben Alex waren sieben von ihnen noch am Leben, weil Theo sie verschont hatte oder sie ihm unbekannt geblieben waren.
    Der Ober kam an den Tisch und fragte höflich, ob er abkassieren dürfe, das Restaurant schließe nun.
    Darwin bezahlte die Rechnung, und die beiden verließen das Lokal. Bald waren sie auf dem Gehweg allein. Verlegen standen sie sich gegenüber.
    »Was wird nun aus uns?«, fragte Darwin endlich.
    Alex zuckte die Achseln. »Was soll schon aus uns werden? Lucy und du, ihr beide seid die einzigen Freunde, die ich habe.«
    »Du hast den Lordkanzler vergessen.«
    Sie verdrehte die Augen. »Wenn du jetzt auch noch Mortimer Longfellow erwähnst, schreie ich.«
    »Der alte Knochen hält mehr von dir, als du vielleicht glaubst. Jetzt mal ehrlich, Alex. Du willst dich in ein Flugzeug setzen und durch Europa j etten. Das hört sich für mich verdächtig nach Flucht an.«
    Alex legte den Kopf schräg und ließ seine Worte in ihr Bewusstsein sickern. War sie schon wieder dabei, sich zu verstecken? »Nein«, beschied sie, »ich fliehe nicht. Ich will nur meine › Kinder ‹ kennen lernen.« Noch so ein Wort, an dass sie sich erst gewöhnen musste.
    »Kinder?«
    »Hast du etwa vergessen, was mein Vater in Theos Haus sagte. Alle bei HUGE hergestellten Hermaphroditen stammen aus meiner Eizelle. Ich bin ihre Mutter.«
    Plötzlich trat Darwin an Alex heran und umarmte sie.
    »He, was soll das, Partner?«, fragte sie leise. Ihre Hände hingen wie bei einer Marionette quer in der Luft. Seine Stimme erklang bebend neben ihrem Ohr.
    »Ich bin ein verdammter Trottel.«
    Unbeholfen tätschelte sie seinen Rücken. »Du bist ein lieber Kerl, der ein bisschen
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