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Die fünfte Kirche

Die fünfte Kirche

Titel: Die fünfte Kirche
Autoren: Phil Rickman
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Ort geleitet werden.
    Aber Robin konnte die Tatsache, dass sie dies alles in einer
Kirche
taten, nicht vergessen. Er wollte seine Augen einen Moment lang schließen und versuchen, sich vorzustellen, dass da keine Wände um sie herum waren, sondern nur ein Kreis aus Steinen. Aber er stellte fest, dass er das Bild nicht festhalten konnte, und das passte überhaupt nicht zu Robin Thorogood, dem Visionär, Seelenverführer und Hüter der sanft beleuchteten Tore zur Anderwelt. Er stellte fest, dass er wünschte, sie wären woanders, auf einer bereiften Wiese oder im offenen Moor   … und
das
passte auch nicht zu Robin Thorogood, dem Wächter einer historischen Kultstätte, die heute Abend ihre dritte Inkarnation erlebte, ruhig und harmonisch, ohne Spannungen, ohne Reibereien.
    Er legte den Stab und die Geißel auf den Altar und half der Jungfrau, den Schal um die Schultern der alten Frau zu legen.
    Aus einem Marmeladenglas auf dem Altar nahm er einen kleinen Strauß Schneeglöckchen – die Blumen, die zu Imbolg gehörten. Alexandra hatte sie hinter der Scheune gefunden und mit ein paar frühen Kätzchenzweigen zusammengebunden.
    Er bot diesen bescheidenen Strauß Ilana dar, der Jungfrau.
    Dann nahm er die Lichterkrone vom Altar und wartete, während die drei Frauen sich bereit machten.
    Er hob die Lichterkrone und setzte sie Betty auf den Kopf, und die Jungfrau und die alte Frau steckten und ordneten ihr goldenes Haar hübsch um sie herum.
     
    «Nur so als Zuschauer», wisperte Ned Bain, «ist das nicht traurig? Wir sind zur Taufe gekommen, und jetzt lassen sie uns nicht mal Paten sein.»
    Merrily sagte nichts und hielt ihren Blick weiterhin auf das gotische Fenster voller sich bewegender Lichter gerichtet.
    «Ich bin ausgeschlossen worden», sagte er. «Hat das vielleicht etwas mit Ihnen zu tun?»
    Sie sah kurz zu ihm hinüber. Sie hatte ihn nicht deutlich gesehen, aber er trug kein Gewand wie die anderen. Er schien Jeans und Jackett zu tragen. Sie vergewisserte sich, dass Jane auf ihrer anderen Seite stand.
    «Wenn Sie ausgeschlossen worden sind, warum sind Sie dann noch hier?»
    «Weil Simon kommen wird», sagte Bain. «Wenn er nicht schon da ist.»
    «Simon?»
    «
Sie
wissen doch, wen ich meine.»
    «Vielleicht.»
    «Sie sind wirklich nicht auf seiner Seite, oder, Merrily?»
    «Ich bin auf gar keiner Seite.» Sie nahm einen moschusartigen Geruch an ihm wahr, der sie einen Moment lang an Sean erinnerte. Sie bekreuzigte sich. Der Geruch verschwand.
    Bain sagte: «Simon hat Sie beleidigt, oder?»
    «Soll ich das für eine übersinnliche Erkenntnis halten, Ned? Sind gerade Ihre großartigen Kräfte am Werk?»
    «Führt Vater Ellis nicht Exorzismen durch?»
    «Tut er das?»
    «Funktionieren sie?»
    «Kommt darauf an, was sie bewirken sollen. Und genau da liegt das Problem.»
    «Erzählen Sie es mir.»
    Jane berührte ihre Schulter. «Mom   … ich glaube, sie kommen.»
    «Wenn ich Ihnen sage, was er getan hat», sagte Merrily, «verschwinden Sie dann?»
    «O.   k.»
    «Er hat eine Art Taufritual durchgeführt, das zwei Leute miteinander verbunden hat, die überhaupt nie hätten zusammengebracht werden sollen. Und als die Frau gestorben ist, hatihr   … Geist den Mann nicht verlassen. Aber statt den Mann zu trösten, hat der Geist ihn bedrückt und ihm die Energie geraubt und   … ihn noch kleinmütiger gemacht, als er vorher schon war.»
    «Mom   …»
    «Danke», sagte Ned Bain. «Und was werden Sie dagegen tun?»
    «Ich weiß nicht, was ich dagegen tun könnte.»
    Sie ging zu Jane, die an der Ecke der Scheune stand, und sah über einen Hof zu dem Bauernhaus, auf das sich ein Zug aus schwankenden Fackeln und Taschenlampen zubewegte.
    Sie hörte Gesang – es war inhaltsleerer Proletengospel von der Spiritualität einer Fußballergrölerei.
    «Lasst uns das Schwert Christi erheben und den Teufel niederschlagen.»
    «Klingt nach Ihren Leuten, Merrily», sagte Ned Bain. «Mein Stichwort, um zu verschwinden.»
    Im Dunkeln, mit all diesen auflodernden Fackeln, klang der Gesang dumm und bedrohlich. Merrily erinnerte sich an den christlichen Motorradfahrer mit dem toten Drachen auf dem T-Shirt .
    «Das ist es doch, was Sie wollten, oder, Ned?»
    «Wenn ich Sie wäre», sagte Ned Bain, «würde ich mich da raushalten. Nehmen Sie das als freundliche Warnung. Oder als Prophezeiung. Gute Nacht, Merrily.» Er drehte sich um und verschmolz mit den Schatten. «Ich frage mich, warum Sie Blut an den Händen haben.»
    Und sie
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