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Die fünfte Kirche

Die fünfte Kirche

Titel: Die fünfte Kirche
Autoren: Phil Rickman
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es vom alten Pfarrhaus gekommen war, er wollte erst sicher sein.
    Als sie zum Hof der Prossers kamen, raste ein Polizeiwagen an ihnen vorbei. Offensichtlich war er auf dem Weg zu dem Spurensicherungszelt, das die Polizei inzwischen vermutlich dort aufgestellt hatte, wo sie Barbara Thomas ausgegraben hatten. Die Beamten hatten den Schuss wohl nicht gehört.
    Gomer hatte befürchtet, dass sie aufgehalten werden würden. Er hatte sein Sweatshirt unter seiner Bomberjacke falsch herum angezogen, sodass man das «Gomer Parry, Landwirtschaftsdienste» nicht mehr sehen konnte.
    Von dem Feuer hinter ihnen waren nur noch Rauchwolken zusehen, als sie den Eingang von St.   Michael erreichten. Keine Demonstranten weit und breit. Polizei auch nicht. Und keine Reporter. Eine Frauenleiche und ein Polizeityp, der dreihundert Leute verhören lassen wollte, hatten wichtiger zu sein als Gott und der Teufel.
    Das Gatter war geschlossen, aber das Vorhängeschloss hing lose an der Kette. Gomer wollte es gerade öffnen, als Jane nach Luft schnappte.
    Zwei Frauen kamen die Straße herauf.
    Jane zögerte einen Moment und rannte dann auf sie zu. Gomer hielt seine Taschenlampe hoch.
    Sie beleuchtete Judy Prosser. Und die Frau Pfarrer.
    Das Kind lief zu seiner Mama, und sie umarmten sich, aber Gomer wusste gleich, dass hier was nicht stimmte. Er ging langsam zu der Gruppe hinüber.
    «Wie geht’s, Judy?»
    Aber er sah die Frau Pfarrer an. Ihr eines Auge war schwarz und geschwollen und ihr Gesicht irgendwie schief.
    Jane hatte das inzwischen auch gesehen. «Mom, was hast du   –»
    Aber Judy unterbrach sie. «Gomer, wir suchen die Polizei. Es ist etwas Schreckliches passiert.»
    «Was denn, Judy?»
    «Ich muss einen Selbstmord melden.» Sie hielt sich sehr gerade in ihrem langen, schwarzen Mantel. «Mr.   Weal – er hat sich erschossen, es ist schrecklich.»
    «Big Weal?»
    «Hat sich den Kopf weggepustet, mit dem Gewehr. Am Grab seiner Frau, der arme Mann. Hat ihm den Verstand geraubt. Der Kummer. Ich hab versucht, ihn davon abzuhalten, nicht wahr, Mrs.   Watkins?»
    Die Frau Pfarrer sagte mit ihrer klaren Stimme, wie auf der Kanzel: «Mehr hätten Sie nicht tun können, Mrs.   Prosser.»
    «Geht’s Ihnen gut, Frau Pfarrer?»
    «Ja, mir geht’s   … gut. Abgesehen von den Stellen, an denen mich   … Mr.   Weal getroffen hat.»
    «Ich habe ihr gesagt, sie soll ihm nicht zu nahe kommen», sagte Mrs.   Prosser. «Das dumme Mädchen.»
    «Ja, ich war ein sehr dummes Mädchen.»
    Judy sagte: «Wir hatten alle solche Angst, dass er etwas Unüberlegtes tut. Ich habe als Nachbarin natürlich ein Auge auf ihn gehabt. Also bin ich, wie jeden Abend, rübergegangen, um nachzusehen, ob auch alles in Ordnung ist. Ich habe ihn schon öfter am offenen Grab gefunden, wo er Mennas sterbliche Überreste angestarrt hat. Mrs.   Watkins hat gesagt, sie glaubt nicht, dass das gesund ist, und mich gebeten, sie zu ihm zu bringen. Und so haben wir den armen Mann gefunden, am offenen Grab seiner Frau und mit seinem Gewehr in den Händen. Mrs.   Watkins ist in Panik ausgebrochen, weißt du   –»
    «Gomer   …?», sagte die Frau Pfarrer.
    «Hm?»
    «Sind hier irgendwo Polizisten? Ich dachte, hier ist bestimmt Polizei.»
    «Sind alle bei den Ausgrabungen, Frau Pfarrer», sagte Gomer misstrauisch. «Da sin massenhaft von den Typen.»
    «Könnten Sie Mrs.   Prosser dort hinbringen? Zu einem verantwortlichen Polizisten? Sagen Sie ihm, Mrs.   Prosser hat   … eine Menge Informationen.»
    «Sag ihnen, dass mein Mann im Polizeikomitee ist», sagte Judy, «das beschleunigt das Ganze. Aber Sie kommen doch sicher mit, Mrs.   Watkins?»
    «Ich muss mein Kind nach Hause bringen, Mrs.   Prosser. Sie ist zu jung, um sich solche Sachen anzuhören.»
    Die Frau Pfarrer umarmte die kleine Jane ein paar Sekunden lang ganz fest.
    «Sag Gomer gute Nacht, Jane», sagte die Frau Pfarrer.
    Das Kind kam zu Gomer, legte seine Arme um seinen Hals und drückte ihn ganz fest und flüsterte ihm mit dieser schockierten, zitternden Stimme ins Ohr.
    «Mom sagt, die Polizei darf sie nicht gehen lassen. Sie hat zwei Leute umgebracht.»
     
    Sie folgten dem Pfad, der zu den Ausgrabungen führte. Keine dreißig Meter entfernt sahen sie zwei Polizeiwagen. Aus einem waren das Knattern und Zischen des Polizeifunks zu hören. Weiter hinten stand das niedrige weiße Zelt, der Bereich darum war mit orangefarbenem Absperrband gesichert. Das zweite Polizeiauto parkte am Rand eines kleines
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