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Die Früchte der Unsterblichkeit

Die Früchte der Unsterblichkeit

Titel: Die Früchte der Unsterblichkeit
Autoren: Ilona Andrews
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haben.«
    Ich nahm das Fernglas herunter, um die Augen zu verdrehen. »Sag mal, denkst du auch noch mal an etwas anderes als Sex?«
    »Ja. Manchmal stelle ich mir vor, neben dir aufzuwachen. Oder dich zum Lachen zu bringen.«
    Langsam begann ich, die ganze Nummer hier zu bereuen.
    »Natürlich bin ich zwischendurch auch mal hungrig«, fügte er hinzu. »Und kalt ist mir auch manchmal.«
    Ein weißer Fleck erregte meine Aufmerksamkeit. Ich stellte das Fernglas scharf. Am Grunde einer Schlucht stand ein zweistöckiges, offenbar intaktes Haus im Kolonialstil. Von hier aus konnte ich nur das Dach und einen Teil des Obergeschosses ausmachen.
    »Interessant.«
    »Kate hat recht, die Griechen hatten einen Mordsschiss vor diesem Typ. Statt seinen Namen auszusprechen, nannten sie ihn ›den Reichen‹, ›den allseits Bekannten‹, ›den Herrscher der Massen‹ und so weiter und so fort. Trotz seiner sauertöpfischen Art galt er als gerechter Gott. Um ihn wirklich in Rage zu versetzen, muss man schon eine seiner Schattenseelen stehlen oder dem Tod irgendwie von der Schippe springen. Dieser Sisyphus hat den Tod wohl ein paarmal überlistet und zur Strafe muss er jetzt in der Unterwelt einen Felsblock einen steilen Hang hinaufrollen. Jedes Mal, wenn er das Ende des Hanges erreicht, entgleitet ihm der Stein wieder und er muss von vorne beginnen. Daher stammt auch der Begriff Sisyphusarbeit. Hm, wieder etwas dazugelernt.«
    Er zeigte mir das Bild. Ein Mann und eine Frau saßen nebeneinander auf schlichten Thronen. Auf der einen Seite des Paares stand Cerberus, auf der anderen ein Engel mit schwarzen Flügeln und Flammenschwert.
    »Wer ist das?«
    »Thanatos, der Todesengel.«
    »Ich wusste gar nicht, dass es bei den Griechen auch Engel gab.« Ich wandte meine Aufmerksamkeit wieder dem Haus zu. Genau im richtigen Augenblick. Cerberus kam gerade angezockelt. Seinen Rücken hatte ich gerade noch im Visier. Er lief ums Haus herum.
    »Ich sehe ein Haus«, sagte ich.
    Behände landete Raphael neben mir. Ich reichte ihm das Fernglas und er richtete sich auf. Er war fast einen Kopf größer als ich. Neben ihm zu stehen war eine ziemliche Herausforderung. Umhüllt von seinem Duft konnte ich durch die Kleidung hindurch seine Körperwärme spüren. Seine Haut glühte förmlich. Alles an ihm schien zu sagen: ›Paar dich mit mir!‹ Mit Vernunft hatte das wenig zu tun, es war das Tier in mir und ich musste es in Schach halten.
    »Ich fasse es nicht«, sagte er leise. »Da ist ja unser Fiffi und er schleicht ums Haus herum. Was da wohl drin sein mag?«
    »Ich frag mich eher, warum er nicht einfach hineingeht und es sich holt, was immer es ist.«
    »Komm, wir sehen nach. Andrea?«
    »Ja?« Ich wünschte, er würde aufhören, meinen Namen zu sagen.
    »Warum hast du die Augen zu?«
    Weil du direkt neben mir stehst.
»Ich kann mich so besser konzentrieren.«
    Eine Hitzewelle überflutete mich. Er hatte sich zu mir hinübergelehnt. Mit Reibeisenstimme flüsterte er mir viel zu vertraulich zu: »Ich dachte, du würdest versuchen, deine Gedanken auszuschalten.«
    Als ich die Lider öffnete, blickte ich in das tiefe Blau seiner feurigen Augen. Ich schob ihn mit der Hand weg. Er rutschte von der vom magischen Zweitmotor ausgebeulten Kühlerhaube und landete mit einem gekonnten Sprung, der einem Turner zur Ehre gereicht hätte.
    »Das war mir zu nahe«, sagte ich.
    Er grinste nur.
    »Der Hund umkreist das Haus wie ein Haifisch. Wie sollen wir da herankommen?«, fragte ich.
    »Fiffi sieht nicht besonders gut«, sagte Raphael. »Er hat eine ganze Weile gebraucht, bis er die Felsspalte gefunden hatte, in der ich versteckt war, und zudem musste er mich noch erschnüffeln. Wir täuschen ihn, indem wir unseren Geruch überdecken. Wahrscheinlich kommen wir so nahe genug heran.«
    »Und wie sollen wir das bitte schön machen?«
    »Na, auf die althergebrachte Art.«
    »Und die wäre?«
    Raphael schüttelte den Kopf. »Weißt du das wirklich nicht?«
    »Nein, weiß ich nicht.«
    Er trabte davon und verschwand in einer Schlucht. Nach ein paar Minuten tauchte er mit zwei dunklen Gegenständen wieder auf. Einen warf er mir zu. Reflexartig fing ich ihn auf, obwohl mir ein bestialischer Gestank entgegenschlug. Eine tote, halb verweste Katze.
    »Hast du jetzt völlig den Verstand verloren?«
    »Manche Leute wälzen sich darin.« Er riss seinen Hundekadaver entzwei. Maden quollen daraus hervor. Raphael schüttelte sie einfach ab. »Ich zerreiße sie lieber und hänge
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