Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Früchte der Unsterblichkeit

Die Früchte der Unsterblichkeit

Titel: Die Früchte der Unsterblichkeit
Autoren: Ilona Andrews
Vom Netzwerk:
9-mm-Pistolen und ging in die Waffenkammer, wo ich meine Kanonen aufbewahrte. So groß wie ein Haus, hm? Ich nahm mein Repetiergewehr Weatherby Mark V aus dem Ständer und strich liebevoll über den Kolben aus handlaminiertem Fiberglas. Ein Klassiker. Im Notfall nur das Beste. Und an Mannstoppwirkung war der Weatherby nur eine Waffe überlegen: Big Unit, wie sie die Ritter des Ordens nannten, bei mir hieß sie Boom Baby und saß in einem eigenen Glaskasten. Boom Baby wurde mit Kugeln der Marke Silver Hawk gefüttert: Kaliber 12,7 mm, panzerbrechende, brand- und explosionsgefährliche Silberpatronen. Um Boom Baby aus seinem Glaskasten entnehmen zu dürfen, musste man schon hinreichenden Tatverdacht nachweisen können. Aber das war nicht weiter tragisch, denn für heute genügte die Weatherby völlig.
    Ich nahm mir noch die Remington Magnum Kaliber 36 Patronen und eilte nach draußen, bevor es noch jemandem einfiel, mich aufzuhalten.
    Heutzutage konnte
frau
einen Wagen fahren, der mit Benzin betrieben wurde und somit nur zu Zeiten der Technik funktionierte, oder einen, der mit mit Magie versetztem Wasser arbeitete und nur in Magiezeiten ansprang. Der Jeep, den ich benutzte, gehörte dem Orden, und er war mit zwei Motoren ausgestattet, einem für Benzin und einem für magisches Wasser, also funktionierte er immer. Allerdings nicht besonders gut.
    Beim vierten Versuch sprang die Karre endlich an. Ich fuhr vom Parkplatz und reihte mich in den steten Strom von Reitern und Fuhrwerken ein. Mein Jeep war das einzige huflose Fortbewegungsmittel auf der Straße. Die anderen Wagen wurden von Pferden, Maultieren, Eseln und Ochsen gezogen.
    Die Stadt lag in Trümmern. Staubige Schutthaufen und Berge von Scherben ließen noch erahnen, dass hier einst stattliche Gebäude gestanden hatten, bis sie von den unerbittlichen Wogen der Magie zermalmt worden waren. Um sie herum wuchs Atlanta. Auf ihren Überresten waren neue, diesmal von Hand errichtete Wohnhäuser entstanden. Wo einst Überführungen in den Himmel ragten, spannten sich jetzt Brücken aus Holz und Stein über die gähnenden Abgründe. Statt Walmart und Kroger gab es hier jetzt kleine Buden und Märkte. Das alte Atlanta mochte wie ein vom Blitz getroffener Baumstamm gefallen sein, doch seine Wurzeln waren noch lange nicht tot.
    Mir gefiel die Stadt. Obwohl ich weder hier geboren noch aus freien Stücken hergekommen war, war diese Stadt zu meinem Revier geworden. Ich war durch ihre Gassen gestreift, hatte ihre Gerüche in mich aufgenommen und ihrem Atem gelauscht. Atlanta war sich seinerseits bei mir noch nicht ganz sicher. Hin und wieder versuchte die Stadt mich umzubringen, aber ich war zuversichtlich, dass wir eines Tages Frieden schließen würden.
    Vierzig Minuten später bog ich von der Hauptstraße in den James Jackson Parkway und folgte ihm bis zum Buzzard Highway. Während der Magiewellen konnte man die magische Kraft in diesem Teil der Stadt deutlich spüren. Die Straße war von hohen Bäumen gesäumt, riesige Pinien und Blütenhartriegel, die, obwohl wir schon fast Oktober hatten, immer noch grün waren. Ein verbogenes Metallschild glitt vorbei, die weißen Buchstaben lauteten SOUTH COBB DRIVE , mit schwarzer Farbe war jedoch das Wort BUZZARD darübergeschmiert. Ein bleiches Windspiel aus Aasgeierschädeln hing von einem der Äste, die ihre Schatten über die Straße warfen. Welch herzliches Willkommen. Was wollten mir diese Schädel sagen? Sollte das vielleicht eine Warnung sein?
    Mein Jeep glitt auf die Brücke über den Chattahoochee-Fluss. Den alten Karten zufolge lag im Norden der Weg nach Smyrna und im Südwesten der nach Mableton, doch keiner dieser Orte existierte mehr.
    Ich überquerte die Brücke und fuhr rechts ran. Unzählige Schluchten taten sich unter mir auf. Manche waren eng und verschlungen, einige sogar mehrere hundert Meter tief, die meisten jedoch eher flach. Sie liefen zusammen und wieder auseinander wie das Tunnelwerk einer erdfressenden Riesentermite. An den Hängen inmitten kümmerlichen Strauchwerks waren noch vereinzelt die Überreste ehemaliger Häuser auszumachen. Eine Straße bahnte sich ihren Weg durch die Schluchten, über die Felsen hinweg. Hier und da konnte man die hölzernen Einsprengsel von Brücken ausmachen. Hoch oben schwebten Geier auf schwarzen Schwingen.
    Die Einheimischen nannten diesen Landstrich die Scharten, weil es von oben aussah, als hätte ein riesiger Bussard in der Erde gescharrt. Die Scharten waren während des
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher