Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frauen von Nell Gwynnes

Die Frauen von Nell Gwynnes

Titel: Die Frauen von Nell Gwynnes
Autoren: Kage Baker
Vom Netzwerk:
nach hinten. Sie fielen auf das Bett. Der Kammerdiener stach mit dem Messer nach ihr. Lady Beatrice hatte das beklemmende Gefühl, neben sich zu stehen, als das geduldige Raubtier in ihrem Körper die Zähne bleckte und um sein Leben kämpfte. Das Handgemenge war bösartig, wie es zwischen wilden Tieren üblich ist. Lady Beatrice stellte zufrieden fest, dass ihre Muskeln nichts von der Kraft eingebüsst hatten, die sie auf dem Chaiber-Pass errungen hatten. Ganz besonders befriedigte sie die Tatsache, dass sie dem Kammerdiener das Messer entreissen und ihn mit einem harten Schlag mit dem Griff niederstrecken konnte. Er sank zurück, für kurze Zeit ohne Bewusstsein.
    Bis hierhin hatte der Instinkt sie geleitet. Nun setzte Lady Beatrice sich auf, goss ein Glas Wasser aus der Karaffe auf dem Nachttisch ein und liess einen der Knöpfe ihrer Bluse hineinfallen. Der Knopf löste sich mit einem sanften Zischen auf. Sie hob den Kopf des Kammerdieners an, flüsterte ihm sanft ins Ohr und hielt das Glas an seine Lippen. Er trank, ohne nachzudenken, ehe er die Augen öffnete.
    „Danke, Mutter ...“, murmelte er. Dann öffnete er die Augen, sah zu Lady Beatrice auf und zuckte zusammen. „Dreckige Nutte! Ich bringe dich um!“
    „Nutte leider ja. Dreckig? Gewiss nicht.“ Lady Beatrice hielt ihn ohne grosse Anstrengungen unten, da die Arznei schnell ihre Wirkung entfaltete. „Ausserdem sicher nicht die Art von Nutte, die sich von einem Kerl wie dir umbringen lässt. Ja, du fühlst dich auf einmal ganz schön müde, nicht wahr? Du kannst dich kaum bewegen. Schliess die Augen und geh ins Land der Träume, mein Lieber. Das ist so viel leichter.“
    Als er endlich reglos dalag und sie durch das Anheben eines seiner Augenlider zweifelsfrei festgestellt hatte, dass er ohnmächtig war, erhob sich Lady Beatrice und betrachtete ihn kalt. Sie hob seine Beine ins Bett, zog ihm die Schuhe aus und tätigte einige weitere Anpassungen an seiner Kleidung, so dass jeder, der ihn entdeckte, von einem äusserst unzüchtigen Szenario ausgehen musste. Dann hob Lady Beatrice die Papiere vom Boden auf, die sie hatte fallen lassen, und verstaute sie in ihrem Mieder.
    Sie verliess dem Raum und schloss leise die Tür hinter sich.

Kapitel 16
    In welchem wir eine eigenartige Kreatur kennenlernen.

    W issen Sie, ich glaube, mein Augenlicht ist wiedergekehrt“, sagte Ludbridge blinzelnd und rieb sich die Augen. Mrs. Corvey, die gerade mit dem Umziehen fertig geworden war, während sie den Stand der Dinge erklärt hatte, wandte sich zu ihm um und zog eine Braue hoch.
    „Meine Gratulation, Mr. Ludbridge. Schönes Gefühl, oder?“
    „In der Tat, Mrs. Corvey.“
    „Nun, Mr. Ludbridge, ich denke, ich werde jetzt nachsehen, wie meine Grazien zurechtkommen. Ich will ausserdem wissen, warum alle Lichter in der Halle an sind. Ich schlage vor, Sie widmen sich der Waschschüssel und der Seife und polieren sich etwas auf, damit Sie nicht mehr aussehen, als hätten Sie die letzten vierzehn Tage damit verbracht, in Höhlen herumzukriechen. Auf dem Tisch finden Sie überdies eine Bürste und einen Kamm, die Sie benutzen können.“
    „Danke, Ma’am, das werde ich gewisslich tun.“
    Mrs. Corvey warf sich ihr Umhängetuch um die Schultern und trat auf den Burghof hinaus. Sie ging bestimmten Schrittes zur grossen Halle hinüber, beobachtete die erleuchteten Fenster und erschrak, als sie auf etwas Unerwartetes trat. Sie sah hinunter. Einen Augenblick fixierte sie das, was da im Hof lag. Dann machte Mrs. Corvey schlagartig kehrt und ging zurück zu der Kammer hinter den Stallungen. Sie öffnete die Tür und stand vor Ludbridge, der gerade sein Gesicht wusch. Als er – wie ein Walross schnaufend – nach dem Handtuch griff, sagte sie: „Entschuldigen Sie, Mr. Ludbridge – im Hof liegt ein toter Franzose. Würden Sie bitte mitkommen, und ihn sich einmal ansehen?“
    „Wie Sie wünschen“, entgegnete Ludbridge und folgte ihr in den Hof. Als sie den Leichnam erreichten, zog er einen kleinen, walzenförmigen Gegenstand aus der Tasche und drückte einen Knopf daran. Ein dünner Strahl hellen Lichts erleuchtete das eine Ende, was einen bewundernden Ausruf Mrs. Corveys auslöste. „Oh, ich hoffe, Mr. Felmouth fertigt davon auch ein paar für uns an!“
    „Wir nennen sie elektrische Kerzen. Sehr nützlich. Lassen Sie uns den Bettler ansehen ...“ Ludbridge leuchtete dem Toten ins Antlitz und zuckte zusammen. Graf de Mortains Züge waren noch erkennbar, obwohl sie zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher