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Die Frauen von Nell Gwynnes

Die Frauen von Nell Gwynnes

Titel: Die Frauen von Nell Gwynnes
Autoren: Kage Baker
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die ganze Zeit niemand die fehlende Scheibe bemerkt hat.“
    „Tatsächlich hat jemand sie bemerkt“, informierte ihn Mrs. Corvey. „Als ich heute abend hier ankam, hatte man sie ersetzt.“
    „Wirklich? Nun, das verleiht meinen müden Gliedern neue Kräfte“, antwortete Ludbridge und kam mit einem Ruck auf die Beine. „Lassen Sie uns zusehen, dass wir hier wegkommen.“
    Mrs. Corvey führte ihn durch die Hecke und den Burggraben. Sie sorgte sich einen Augenblick, ob Ludbridge als der stattliche Mann, der er war, wohl durch das Fallgatter hindurchkommen würde, wurde aber dadurch beruhigt, dass dieses sich just in dem Moment scheppernd hob, als sie am Durchgang angekommen waren. Eine Droschke raste mit hoher Geschwindigkeit hindurch, aber das Gitter blieb oben. Mrs. Corvey sah dem Gefährt neugierig nach und war ziemlich sicher, Ralph an den Zügeln erkannt zu haben. Sie fragte sich, was sich wohl zugetragen haben mochte, das ihn in solche Eile versetzt hatte.
    „Wir beeilen uns besser, Mr. Ludbridge“, sagte sie.
    „So schnell ich kann, Ma’am“, entgegnete er und kroch ihr auf Händen und Knien nach. Als sie den Hof erreichten, war Mrs. Corvey beunruhigt, die grosse Halle hell erleuchtet vorzufinden. Sie zog Ludbridge hinter sich her, so gut sie konnte, und war sehr erleichtert, als sie zusammen durch die Tür in ihre Kammer stolperten.
    ***
    „Seit vierzig Jahren arbeite ich hier“, sagte Mrs. Duncan etwas unverständlich, während sie an ihrem dritten Glas Gin trank. Die Spülmägde und Hausangestellten sassen in ihren Nachtgewändern und verschiedenen Graden des heulenden Elends um sie versammelt wie Küken um eine Henne.
    „Bedenken Sie doch – jetzt können Sie reisen, wohin Sie wollen“, versuchte Jane zu helfen. Mrs. Duncan warf ihr einen mürrischen Blick zu, und zwei der Dienerinnen begannen erneut zu weinen.
    „Da fällt mir ein“, sagte Lady Beatrice, „ich habe etwas in Prinz Nakhimovs Kammer vergessen. Ich wäre ungern so indiskret, die Freitreppe zu verwenden, wo doch der Schutzmann jeden Moment eintreffen kann – gibt es eine Hintertreppe, Mrs. Duncan?“
    Die Köchin wies auf einen Durchlass hinter der Speisekammer. „Aber machen Sie schnell.“
    „Ich bemühe mich“, beteuerte Lady Beatrice. Mit einem bedeutungsvollen Blick zu den Devere-Schwestern hastete sie die Hintertreppe hinauf.
    „Der gute Ruf des Hauses steht auf dem Spiel, und überhaupt ...“, murmelte Mrs. Duncan und schenkte sich ein weiteres Glas Gin ein.
    ***
    Lady Beatrice rannte, so schnell sie konnte, und erreichte schliesslich die Galerie. Sie verhielt einen Augenblick, um zu Atem zu kommen, und lauschte. Sie hörte, wie Prinz Nakhimov eine längere Anekdote zum besten gab, der Sir George, Pilkins, Ali Pascha und mehrere Diener lauschten. Sie schob sich an den Rand der grossen Treppe und erblickte sie unter einer Glocke von Zigarrenrauch, um die Leiche Lord Basmonds gruppiert.
    Sie wandte sich ab, überquerte die Galerie und ging hoch zu den Gästezimmern. Sie öffnete die Tür des Grafen und trat ein. Noch immer erleuchtete die Kerze den Raum. In ihrem Licht durchsuchte Lady Beatrice das Zimmer kurz, aber gründlich nach der Schwebevorrichtung. Sie durchstöberte die gefalteten Kleidungsstücke im Schrankkoffer des Grafen. Darunter fand sie ein Buch und zog es hervor, um es zu untersuchen. Es war lediglich ein bekannter Roman, jedoch steckte darin eine Reihe von Papieren. Eines davon trug ein offizielles Siegel und schien von Fürst Metternich unterzeichnet zu sein. Lady Beatrices Französisch war alles andere als fliessend, aber es reichte aus, um den einen oder anderen Satz zu verstehen. „Sie werden mit allen möglichen Mitteln versuchen herauszufinden, ob Seine Lordschaft einverstanden wäre ... muss Sie nicht auf die Folgen eines Versagens hinweisen ...“
    „Ich wusste nicht, dass Huren lesen.“
    Lady Beatrice sah auf. Im Durchlass zum an Graf de Motrains Kammer anschliessenden Raum stand ein Mann. Sein Akzent war hart, mutete deutsch an. Es schien sich um den Diener des Grafen zu handeln. Er hatte ein Messer. Lady Beatrice bedachte ihre Möglichkeiten. Es waren nicht viele.
    „Tun wir nicht“, antwortete sie. „Ich suche nach dem Grafen. Wussten Sie, dass es einen Unfall gegeben hat? Lord Basmond ist tot.“
    Der Kammerdiener hatte sich mit drohendem Blick in ihre Richtung in Bewegung gesetzt, hielt aber ob dieser Neuigkeit verblüfft inne: „Tot?!“
    Sie warf sich ihm entgegen und riss ihn
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