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Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Titel: Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
Autoren: Michael Hjorth , Hans Rosenfeldt
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zu chaotisch. Er würde sich nie an diese geballte Herde Mensch mit all ihren Geräuschen und Gerüchen gewöhnen können. Meistens ging er zu Fuß oder nahm sich ein Taxi. Um die Distanz zu den Menschen zu wahren. Ein Außenstehender zu bleiben. So hatte er es bisher immer gehalten. Aber es war nichts mehr so wie bisher.
    Nichts.
    Sebastian lehnte sich gegen die Tür am Ende des Wagens und warf einen Blick in den nächsten Waggon. Er konnte sie durch das kleine Fenster beobachten. Das blonde Haar, das Gesicht, über eine Tageszeitung gebeugt. Ihm wurde bewusst, dass er vor sich hin lächelte, wenn er sie sah.
    Sie stieg wie immer am T-Centralen um und lief mit schnellen Schritten die Steintreppe zur roten U-Bahn-Linie hinab. Er konnte ihr leicht folgen. Solange er nur genügend Abstand hielt, wurde er von den vielen herbeiströmenden Pendlern und stadtplanlesenden Touristen verdeckt.
    Und er hielt Abstand.
    Er wollte sie nicht aus den Augen verlieren, durfte aber auf keinen Fall entdeckt werden. Es war eine schwierige Balance, aber er schlug sich immer besser.
    Als die U-Bahn der roten Linie zwölf Minuten später bei der Station Gärdet hielt, wartete Sebastian einen Moment, ehe er den hellblauen Waggon verließ. Hier war etwas größere Vorsicht geboten. Auf dem Bahnsteig waren weniger Menschen unterwegs, die Mehrheit der Passagiere war schon eine Station früher ausgestiegen. Sebastian hatte den Wagen vor ihr gewählt, damit sie ihm nach dem Aussteigen den Rücken zukehrte. Sie ging jetzt noch schneller und war bereits auf halber Höhe der Rolltreppe, als er sie wieder sehen konnte. Offenbar war Gärdet auch die Zielstation der Frau mit dem Kinderwagen, und Sebastian beschloss, sich hinter ihr zu halten, falls sich die von ihm Verfolgte aus irgendeinem Grund umdrehen sollte. Die Frau schob ihren Kinderwagen gemächlich hinter den Menschen her, die zu den Rolltreppen strömten, vermutlich in der Hoffnung, nicht ins Gedränge zu geraten. Als er hinter der Mutter herging, fiel Sebastian auf, wie ähnlich sie beide sich waren.
    Zwei Menschen, die immer Abstand halten mussten.

E ine Frau war tot zu Hause aufgefunden worden.
    Normalerweise war das kein Grund, gleich die Reichsmordkommission und Torkel Höglunds Team hinzuzuziehen.
    Meistens handelte es sich dabei um das tragische Ende eines Familienstreits, eines Sorgerechtskonflikts, Eifersuchtsdramas oder eines alkoholseligen Abends in – wie sich erst im Nachhinein herausstellt – falscher Gesellschaft.
    Jeder Polizist wusste, dass man den Täter am häufigsten unter den nächsten Angehörigen fand, wenn eine Frau zu Hause ermordet worden war. Deshalb war es nicht weiter verwunderlich, dass Stina Kaupin überlegte, ob sie gerade mit einem Mörder sprach, als sie um kurz nach halb acht Uhr abends den Notruf entgegennahm.
    «SOS 112, was ist passiert?»
    «Meine Frau ist tot.»
    Was der Mann noch sagte, war nur schwer zu verstehen. Seine Stimme klang gebrochen von Trauer und Schock. Er machte immer wieder so lange Pausen, dass Stina mehrmals glaubte, er hätte aufgelegt, bis sie hörte, wie er seine Atmung zu kontrollieren versuchte. Stina hatte Probleme, ihm eine Adresse zu entlocken. Der Mann am anderen Ende der Leitung wiederholte nur ständig, dass seine Frau tot sei und alles voller Blut. Überall Blut. Ob sie kommen könnten? Bitte?
    Stina stellte sich einen Mann mittleren Alters mit blutigen Händen vor, der langsam, aber sicher zu der Einsicht kam, was er angerichtet hatte. Schließlich nannte er doch eine Adresse in Tumba. Sie bat den Anrufer – der vermutlich der Mörder war – zu bleiben, wo er war, und nichts im Haus anzurühren. Sie würde Polizei und Krankenwagen zu ihm schicken. Dann legte sie auf und gab die Angelegenheit an die Södertorn-Polizei in Huddinge weiter, die wiederum einen Streifenwagen losschickte.
    Erik Lindman und Fabian Holst hatten gerade ihr Fastfood-Abendessen im Polizeiauto verschlungen, als sie den Auftrag erhielten, in den Tolléns Väg 19 zu fahren.
    Zehn Minuten später waren sie vor Ort. Sie stiegen aus dem Wagen und sahen zum Haus hinüber. Obwohl sich keiner der beiden Beamten besonders für Gartenpflege interessierte, fiel ihnen auf, dass hier jemand unzählige Stunden und Kronen investiert hatte, um die fast perfekte, prunkvolle Pflanzenpracht anzulegen, die das gelbe Holzhaus umgab.
    Als sie den Gartenweg zur Hälfte zurückgelegt hatten, wurde die Haustür geöffnet. Beide griffen aus Reflex an das Holster an ihrer
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