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Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Titel: Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
Autoren: Michael Hjorth , Hans Rosenfeldt
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Er hatte bereits in anderen Türen gestanden, von anderen Schlafzimmern, und andere Frauen im Nachthemd gesehen, die man an Händen und Füßen mit Nylonstrümpfen gefesselt, vergewaltigt und nahezu enthauptet hatte. 1995 hatten sie die erste gefunden. Es folgten weitere drei, ehe sie im Frühsommer 1996 den Mörder fassen konnten.
    Hinde war zu lebenslanger Haft verurteilt worden und in die Justizvollzugsanstalt Lövhaga gekommen.
    Er hatte nicht einmal Berufung eingelegt.
    Und er saß dort noch immer ein.
    Die neuen Opfer sahen allerdings wie identische Kopien seiner Opfer aus. Hände und Füße waren auf dieselbe Weise gefesselt. Extreme Gewalteinwirkung am Hals. Sogar der blaue Farbstich der weißen Nachthemden war derselbe. Was bedeutete, dass die gesuchte Person nicht nur ein Serienmörder war, sondern auch ein Nachahmungstäter. Jemand, der aus irgendeinem Grund fünfzehn Jahre alte Morde kopierte. Torkel warf einen Blick auf seinen Notizblock und wandte sich dann erneut Ursula zu. Auch sie war damals in den Neunzigern bei den Ermittlungen dabei gewesen. Sie, Sebastian und Trolle Hermansson, der später in den unfreiwilligen Vorruhestand versetzt wurde.
    «Ihr Mann hat gesagt, dass sie ihm heute Vormittag gegen neun auf eine SMS antwortete, um eins aber nicht mehr», sagte er.
    «Kann stimmen. Sie ist mehr als fünf Stunden tot, aber weniger als fünfzehn.»
    Torkel nickte nur. Er wusste, dass Ursula recht hatte. Hätte er nachgefragt, hätte sie auf den Rigor hingewiesen, der noch nicht das Bein erreicht hatte, auf den Mangel an Autolyse, den Tache Noir und anderes Pathologenlatein von sich gegeben, das zu lernen er sich nie bemüht hatte, trotz all seiner Jahre bei der Polizei. Fragte man ihn, bekam man die Antwort in normalem Schwedisch.
    Ursula wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. Im Obergeschoss war es mehrere Grad wärmer als im Parterre. Die Julisonne hatte den ganzen Tag auf das Haus heruntergebrannt. Fliegen schwirrten im Zimmer umher, angelockt vom Blut und der für das menschliche Auge noch unsichtbaren, aber bereits einsetzenden Verwesung.
    «Das Nachthemd?», fragte Torkel, nachdem er seinen Blick ein letztes Mal über das Bett hatte schweifen lassen.
    «Was soll damit sein?» Ursula senkte ihre Kamera und nahm das unmoderne Bekleidungsstück aus Baumwolle in Augenschein.
    «Es ist nach unten gezogen.»
    «Das kann ihr Mann gewesen sein. Vielleicht wollte er ihre Blöße ein wenig bedecken.»
    «In Ordnung. Ich frage ihn, ob er sie berührt hat.»
    Torkel verließ seinen Platz an der Tür. Er musste zu dem untröstlichen Mann in der Küche zurück. Dieser Fall gefiel ihm wirklich ganz und gar nicht.

D er große Mann hatte einige Stunden geschlafen. War nach Hause gekommen und sofort ins Bett gefallen. Das tat er immer. Rituale. Das Adrenalin war durch seine Adern gerauscht. Er wusste nicht, was genau in seinem Körper passierte, aber danach hatte er immer das Gefühl, dass er innerhalb der kurzen Zeit, in der er aktiv gewesen war, die Energiereserven einer ganzen Woche aufgebraucht hatte. Aber jetzt war er wieder wach. Der Wecker hatte geklingelt. Es war an der Zeit, erneut tätig zu werden. Er stieg aus dem Bett. Es blieb noch so viel zu tun, und alles musste ganz exakt und genau ausgeführt werden. Zum richtigen Zeitpunkt. In der richtigen Reihenfolge.
    Rituale.
    Ohne die wäre alles Chaos. Chaos und Angst. Rituale schafften Kontrolle. Rituale ließen das Böse weniger böse erscheinen. Den Schmerz weniger schmerzhaft. Rituale hielten die Dunkelheit fern.
    Der Mann schloss die Nikon-Kamera an den Computer an und lud schnell und routiniert die sechsunddreißig Bilder auf die Festplatte.
    Die ersten zeigten die weinende Frau, wie sie mit verschränkten Händen über der Brust dastand und darauf wartete, dass er ihr das Nachthemd überzog. Aus ihrem einen Nasenloch rann Blut auf die Unterlippe. Zwei Tropfen hatten ihre rechte Brust gestreift und rote Spuren hinterlassen, wie der Regen auf einer Fensterscheibe. Zuerst hatte sie sich geweigert, sich auszuziehen. Geglaubt, ihre Kleider könnten sie vielleicht schützen. Sie retten.
    Auf dem sechsunddreißigsten und letzten Bild starrte sie mit leeren Augen direkt in die Kamera. Er hatte sich neben das Bett gekniet und so nah zu ihr heruntergebeugt, dass er fast die Wärme des Blutes gespürt hatte, das nun nur noch langsam aus dem klaffenden Spalt in ihrem Hals sickerte. Das meiste Blut hatte ihren Körper zu dieser Zeit schon
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