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Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Titel: Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
Autoren: Michael Hjorth , Hans Rosenfeldt
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Tochter. Sie wollte ihn beschützen. Dreizehn Jahre alt, wollte sie ihn vor Liebeskummer bewahren. In ihrer Welt war diese Situation vermutlich auch schrecklich unangenehm. Sicher wollte sie ihren Exfreund auf keinen Fall mit seiner Neuen treffen. Falls sie überhaupt schon mal einen Freund gehabt hatte, da war sich Torkel nicht sicher. Er strich ihr sanft über die Wange.
    «Nein, ich muss arbeiten. Es hat nichts mit Kristoffer zu tun.»
    «Sicher?»
    «Ganz sicher. Ich müsste auch dann fahren, wenn wir beide allein hier wären. Du weißt doch, wie das ist.»
    Vilma nickte. Sie hatte lange genug mit ihm zusammengelebt, um zu verstehen, dass er verschwand, wenn er dazu gezwungen war, und so lange fortblieb, wie es nötig war.
    «Ist jemand gestorben?»
    «Ja.»
    Mehr wollte Torkel nicht erzählen. Er hatte schon früh beschlossen, sich bei seinen Kindern nicht interessant zu machen, indem er spannende und groteske Details von seiner Arbeit erzählte. Das wusste Vilma. Also fragte sie nicht weiter, sondern nickte nur noch einmal. Torkel sah sie ernst an.
    «Ich glaube, es ist gut, dass Mama wieder jemanden kennengelernt hat.»
    «Warum denn?», fragte sie.
    «Warum nicht? Nur, weil sie nicht mehr mit mir zusammen ist, muss sie ja nicht einsam bleiben.»
    «Hast du auch jemanden kennengelernt?»
    Torkel zögerte kurz. Hatte er das? Er hatte lange Zeit eine Affäre mit Ursula, seiner verheirateten Kollegin, gehabt. Aber sie hatten nie definiert, was für eine Art von Beziehung das eigentlich war. Sie waren miteinander ins Bett gegangen, wenn sie beruflich unterwegs waren. Nie in Stockholm. Keine gemeinsamen Abendessen oder alltägliche Gespräche über Persönliches und Privates. Sex und berufliche Themen, das war alles. Und jetzt war es nicht mal mehr das. Vor einigen Monaten hatte er seinen alten Kollegen Sebastian Bergman bei einer Ermittlung hinzugezogen, und seither hatten er und Ursula ausschließlich zusammengearbeitet. Das störte Torkel mehr, als er sich eingestehen wollte. Weniger die Tatsache, dass ihre Beziehung, oder wie auch immer man es nennen wollte, so eindeutig nach Ursulas Bedingungen ablief. Damit konnte er leben. Aber er vermisste sie. Mehr, als er gedacht hätte. Das ärgerte ihn. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, schien sie sich neuerdings wieder Micke, ihrem Mann, anzunähern. Sogar einen Wochenendtrip nach Paris hatten die beiden vor ein paar Wochen unternommen.
    War er also mit jemandem zusammen?
    Wohl eher nicht, und die Komplexität seiner Beziehung mit Ursula gehörte garantiert nicht zu den Dingen, die er einem frischgebackenen Teenie erklären wollte.
    «Nein», antwortete er, «ich habe niemanden kennengelernt. Aber jetzt muss ich wirklich los.»
    Er umarmte sie. Fest.
    «Alles Gute zum Geburtstag», flüsterte er. «Ich liebe dich.»
    «Ich liebe dich auch», antwortete sie, «und mein Handy.» Sie drückte ihren frisch bemalten Glanzmund auf seine Wange.
    Als er sich ins Auto setzte und nach Tumba fuhr, hatte Torkel noch immer ein Lächeln auf den Lippen.
    Er rief Ursula an. Sie war bereits unterwegs.

    Torkel hatte sich im Auto selbst dabei ertappt, dass er hoffte, diesmal würde es keinen Zusammenhang zu den anderen toten Frauen geben. Aber so war es nicht. Das musste Torkel sofort einsehen, als er ins Schlafzimmer blickte.
    Die Nylonstrümpfe. Das Nachthemd. Die Lage.
    Sie war die Dritte.
    «Von einem Ohr zum anderen» genügte nicht, um die klaffende Wunde am Hals zu beschreiben. Sie reichte eher von der einen Seite der Halswirbelsäule zur anderen. Wie wenn man eine Konservenbüchse öffnete und ein kleines Stück übrig ließ, um den Deckel nach hinten biegen zu können. Man hatte der Frau den Hals fast komplett abgeschnitten. Es musste eine enorme Kraft gekostet haben, ihr solche Verletzungen zuzufügen. Überall war Blut, die Wände hoch und auf dem ganzen Fußboden.
    Ursula war schon dabei, Fotos zu machen. Sie ging vorsichtig im Zimmer umher und achtete darauf, nicht ins Blut zu treten. Sie war immer die Erste vor Ort, wenn sie konnte. Jetzt sah sie kurz auf, nickte zum Gruß und setzte ihre Arbeit fort. Torkel stellte die Frage, deren Antwort er bereits kannte.
    «Derselbe?»
    «Auf jeden Fall.»
    «Auf dem Weg hierher habe ich noch mal in Lövhaga angerufen. Er sitzt noch immer da, wo er sitzt.»
    «Das wussten wir doch aber schon?»
    Torkel nickte. Dieser Fall gefällt mir nicht, dachte er, während er in der Schlafzimmertür stand und die tote Frau betrachtete.
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