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DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

Titel: DIE FRAUEN DER DIKTATOREN
Autoren: Diane Ducret
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Dörfer besucht, können die Fernsehleute sich regelmäßig auf ein immer gleiches Spektakel einstellen: Die Kinder der Fabrikarbeiter oder Dorfbewohner gehen den Ceaus¸escus entgegen und überreichen ihnen Brot und Salz. Elena dankt ihnen mit einer sorgfältig einstudierten liebevollen Geste. So wird sie immer mehr zur Heiligen Elena, der Mutter Rumäniens und seiner Kinder.
    Im Innern Rumäniens gelingt es ihr, dieses Image aufrechtzuerhalten. Im Ausland allerdings fällt es ihr schwer, ihre Exzentrizität zu verbergen.
    Die kleinen Vergnügungen der Heiligen Elena
    Wie kontraproduktiv Elenas Einfluss sein konnte, zeigte sich vor allem bei diplomatischen Gesprächen. Die Genossin nutzt die Reisen ins Ausland stets, um ihren ausgesuchten Geschmack unter Beweis zu stellen. So aß sie beispielsweise nur französisch. Wozu? Nun, so kann sie zumindest so tun, als sei sie ein echter Gourmet und verstünde sich auf die französische Kultur, was nicht der Fall war.
    Auch die Pariser Kultur kannte Elena nur von Weitem. Sie musste nämlich seit 1974 Kleider der neu entstehenden rumänischen Textilindustrie tragen, die ihr Mann gegründet hat. Ihre Kleiderschränke quellen über mit rumänischen Modellen. Sie hat so viel anzuziehen, dass sie ein Jahr lang kein Stück zwei Mal tragen müsste. Doch die einheimische Mode geht ihr auf die Nerven. Daher beginnt die Genossin ein wenig herumzutricksen und da und dort ein Pariser Modell unter ihre Sachen zu schmuggeln. Man mag sich diese wenig graziöse Dame kaum vorstellen, wie sie lila Seide mit großblumigen Mustern trägt und ihre knochigen Füße in farblich passende Pumps zwängt.
    In den Siebzigerjahren erwirbt Elena sich durchaus einen gewissen Ruf im Ausland, wenn auch eher um ihrer Launen als um ihres Geistes willen. Dank der Ehrentitel, die sie mittels Erpressung oder Schmiergeld einheimst, findet sie im Ausland immer wieder geheuchelte Anerkennung. Sie ist die einzige Repräsentantin der Wissenschaft in Rumänien, sie steht für den Fortschritt und die demokratische Legitimität des Landes. So gelingt es ihr, den Rumänen vorzumachen, das Land werde von der ganzen Welt geachtet. Ein geschickter Schachzug. Sie lässt sich zuerst im Ausland ehren, um sich im eigenen Land als beste Besetzung für eine Führungsrolle zu empfehlen.
    Die Frau der Achtzigerjahre
    Elena hat bald erreicht, was sie sich bei der Begegnung mit Jiang Qing und Isabel Perón vorgenommen hat: Sie regiert an der Seite ihres Ehemannes. Die Achtzigerjahre sehen das Ehepaar Ceauşescu zusammen an der Spitze des Landes.
    Die erste Messe für die Heilige Elena wird sozusagen am 7. Januar 1979 gelesen, an ihrem Geburtstag. Schon am 6. Januar verkündet die Tageszeitung Scînteia in roten Lettern eine „leidenschaftliche Hommage von Partei und Volk“. Es ist die erste öffentliche Dankeskundgebung an Nicolaes Frau. Die Scînteia nennt als Grund die Größe „der Kämpferin an der Spitze unserer Partei und der berühmten Wissenschaftlerin“, des Mädchens aus dem Volke, Elena. Am selben Tag veröffentlicht das Institut für Chemie ihre wichtigsten Aufsätze. Der Titel liest sich ebenso nüchtern wie der Scînteia -Artikel: „Ehrenbezeugung ihrer Mitarbeiter“.
    Am nächsten Tag feierte man nicht nur Genossin Elenas sechzigsten Geburtstag, sondern auch die vierzig Jahre ihres unermüdlichen Einsatzes für die revolutionäre Sache. Für die „große Intellektuelle“ werden Feste gegeben. Sie erhält den Stern der Sozialistischen Republik Rumänien erster Klasse. Auf diese Weise dankt man der Heiligen neuer Prägung für ihre Wohltaten, namentlich der „Förderung der rumänischen Wissenschaft“ und der „Wegbereitung für die sozialistische Gesellschaft auf Gegenseitigkeit“ [19] .
    Die Titelseite der Zeitungsausgabe vom 7. Januar zeigt eines ganz deutlich: Sie ist mittlerweile zur Heldin aufgestiegen. Man hat sich für ein Foto entschieden, das sie bei der Verleihung der Ehrendoktorwürde des Königlichen Institutes für Chemie in London zeigt. Dann folgen die Glückwunschtelegramme aller Forschungsinstitute und wissenschaftlichen Akademien, die in Rumänien Rang und Namen haben, aber auch des Nationalen Rates der Frauen. Auf Seite drei wird ihr Lebenslauf veröffentlicht – mit den siebzehn Doktortiteln. (Am Ende ihres Lebens hat sie vierundsiebzig Universitätstitel rumänischer und internationaler Institute gesammelt.) Man weist darauf hin, dass ihre Werke in neunzehn Sprachen übersetzt wurden.
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