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Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Titel: Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)
Autoren: Harald Muellner
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Nachrichten weiß ich überhaupt nicht
mehr, was ich glauben soll. Ich finde es schon seltsam, dass man beinahe …«, er
begann im Kopf Zahlen zu addieren, »hundertzwanzig Jahre nichts diesbezügliches
gehört hat und dann auf einmal taucht eine junge Frau auf, die behauptet, ihre
Ur-Urgroßmutter sei die Kommandantin von Apollo 18 gewesen. – Andererseits …«
    »Andererseits, was?«
    »… wenn die Ur- Urgroßmutter wirklich so eine Frau gewesen war,
wie Sie sie gerade geschildert haben, kann ich mir gut vorstellen, dass die
Nachfahren erst so viele Jahre später damit herausrücken.« Robert lachte.
    Der Alte verzog keine Miene.
    »Ich weiß nicht. – Die achtzehn wurde doch damals angeblich gestrichen,
wenn ich richtig informiert bin, gemeinsam mit neunzehn und zwanzig.«
    »Um Apollo 18 rankten sich schon immer Mythen, seit die Nasa
das Programm damals eingestellt hat. Der Grund dafür ist ebenso einfach wie
einleuchtend. Viele weigerten sich zu glauben, die Verantwortlichen bei der
Raumfahrtbehörde könnten so dämlich sein, drei – stellen Sie sich das einmal
vor –, drei brandneue Saturn V Raketen auf der Erde verrosten zu lassen statt sie
zum Einsatz zu bringen.«
    »Das spräche schon sehr gegen einen gesunden
Menschenverstand.« Robert sah den Alten an, dessen faltige Gesichtshaut ihm so
abenteuerlich erschien wie die bizarre Canyon-Landschaft eines Planeten, den
man möglicherweise in vier- oder fünfhundert Jahren entdecken würde.
    »Genau! Das dachte ich auch, und vermutlich war ich mit
diesen Überlegungen nicht die einzige intelligente Person auf dem Planeten, sonst
gäbe es nicht diese ungeheure Anzahl an fantastischen Mutmaßungen und Theorien
über Apollo 18. Dazu kommt noch – und das muss damals ein Riesenthema gewesen
sein – die Verschwendung von Steuergeldern, aber nachdem die Steuerzahler, die
die drei sinnlos produzierten Raketen finanziert haben, nun schon lange im
übersäuerten Boden der Erde ruhen, soll uns das heute nicht mehr weiter tangieren.
Die Nasa stand ohnehin schon immer in dem Ruf, mit den Steuergeldern der
US-Bürger relativ großzügig umzugehen.« Er nahm einen Schluck von seinem Tee. »Darum
hofften ja auch viele, dass es nicht den Tatsachen entspräche, dass die drei letzten
noch verbliebenen Saturn V Raketen ihre Ruhestätten in irgendwelchen Raumfahrtzentren
gefunden hatten, wo sie von Touristenaugen bestaunt wurden, die eine Rakete
nicht von einem Unterseeboot unterscheiden konnten.« Der Alte lächelte
selbstgefällig.
    Roberts versuchte sich gerade vorzustellen, wie ein U-Boot
anno neunzehnhundertsiebzig wohl ausgesehen haben mochte. »Wäre das wirklich
möglich?« Robert gab der Kellnerin mit einem Wink zu verstehen, dass er noch
ein Bier bestellen wollte.
    Sie jedoch schien seine unkontrollierten, ruckartigen Bewegungen
mit den Armen weder verstehen noch ansatzweise deuten zu können. Schwungvoll,
ihr braunes, schulterlanges Haar wehend, steuerte sie sicheren Schrittes mit ihrem
Kellnerinnentablett und einem entwaffnenden Lächeln auf ihn zu.
    Robert war irritiert. Instinktiv fuhr er sein Schutzschild
hoch und verschränkte die Arme vor so viel Selbstbewusstsein. War sein Kommunikationsversuch
in interplanetarer Zeichensprache, alkoholische Getränke betreffend, nicht
eindeutig gewesen? Aber das schien ihm ganz and gar unmöglich. Vermutlich war die
Bedienung noch nicht lange in dem Job und musste sich erst auf die
Gepflogenheiten der Gäste einstellen. Robert wollte gerade mit einem tiefen
Seufzer seinen Unmut über ihre Unbeholfenheit und Einfältigkeit ausdrücken, als
sich seine Augen an ihren geschmeidigen Bewegungen in dem ultrakurzen,
polarisierenden Synthetikstoff festsaugten und nicht mehr dazu zu bewegen waren,
etwas anderes sehen zu wollen. Sein Seufzer misslang und die dafür vorgesehene Atemluft
machte sich in einem Stöhnen bemerkbar, an dem man einen Junggesellen, dessen
letzte Beziehung eher Jahre als Monate zurücklag, eindeutig identifizieren konnte.
    »Wäre das wirklich möglich? Sie machen mir Spaß! – Hören Sie
mir überhaupt zu?« Der Alte versuchte mit seinen Händen die wenigen dutzend seiner
verbliebenen Haare, die sich locker über bzw. hinter beiden Ohren gruppierten,
zu bändigen.
    Die Kellnerin stand vor Robert. »Was darf ich Ihnen bringen?«
    »Ein Bier«, sagte Robert verdattert um dann noch ein
verlorenes »bitte« anzufügen.
    »Für mich bitte noch einen Tee«, setzte der Alte hinzu.
    »Was war das für einer?
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