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Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Titel: Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)
Autoren: Harald Muellner
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hervor, »wir müssen sofort
eine Kursänderung durchführen, sonst landen wir noch auf dem Mond.«
    Jane verzog ihren Mund, der auch im Licht der Landefähre
eine sehr eigenwillige Farbe hatte; eigentlich gar keine. Er war so grau wie
die Oberfläche des Erdtrabanten.
    »Gayle, wir beginnen nun gleich mit dem Landeanflug und ich
möchte dich bitten, dich hinter Nicole und mich auf die Abdeckung des
Triebwerks zu setzen und für die nächsten dreißig Minuten deine Klappe zu
halten. Glaubst du, du kriegst das hin?«
    »Jawohl, Klappe!«, kam die Antwort. »Was aber, wenn die Abdeckung
des Triebwerkes so heiß wird, dass ich mir meinen A…«
    »Klappe, hab ich gesagt. Und nur damit wir uns verstehen«,
sie zog ein paar Handschellen aus ihrem Overall und schwenkte sie demonstrativ
vor Gayles Augen, die entsetzt auf die metallenen Armbänder starrten, »ich habe
nicht nur das Einverständnis von Mission Control, sondern sogar die Pflicht,
sie im Falle eines Notfalls jederzeit einzusetzen. Und …« Jane sah Gayle eindringlich
an, »wenn du dich in den nächsten Minuten auch nur einen Millimeter von deinem
Platz wegbewegst oder über deine Lippen auch nur ein einziger Laut kommt, dann
ist das ein Notfall!« Sie holte tief Luft. »Verstanden!«, brüllte sie, dass
Gayle zusammenzuckte und sich den Kopf an der Luke stieß.
    Jane sah Panik und Nervosität in Gayles Gesicht. »Keine
Angst, die Aktion jetzt rechne ich noch nicht mit.«
    Gayle nickte nur und verdrückte sich in den letzten Winkel
über der Triebwerkabdeckung. Sie atmete rasch, doch versuchte sie es so
geräuschlos wie möglich zu tun.
    »So, jetzt werden wir denen da unten mal zeigen, was Sache
ist«, sagte Jane und grinste Nicole an, die ihr etwas irritiert schien. »Nicht
dass es uns so geht wie Buzz und Neil.«
    »Warum, was war denn mit Buzz und Neil? Ihre Landung war
doch erfolgreich.«
    »Erfolgreich? Wie man es nimmt. Wenn man mit erfolgreich
meint, dass sie heil runter und wieder zurückgekommen sind, ja. Wenn man das
aber auf die Exaktheit, mit der sie ihren Landeplatz erreicht haben, bezieht,
waren sie es keineswegs.«
    »Du machst Scherze.«
    »Meine Liebe, ich bitte dich. Um Meilen haben sie sich
verflogen. Mitten in einem Krater wären sie runtergekommen, wenn Neil nicht die
Steuerung übernommen hätte und manuell gelandet wäre. Für sieben Sekunden
hatten sie noch Treibstoff, als sie aufsetzten.«
    »Wow!«
    »Ja! Wow! Da wäre sogar ich zur Alkoholikerin geworden, bei
dem Stress.«
    »Spidergirl, Houston! Weil ihr gerade von Stress redet,
vielleicht könntet ihr in exakt zehn Sekunden den winzigen Schalter direkt vor
euch auf der Konsole betätigen, um das Triebwerk für die Landung zu starten.«
    »Roger!« Jane war sofort wieder die sachliche Kommandantin.
    »Martin«, korrigierte Nicole.
    Gayle schnappte nach Luft und hielt sich gerade noch
rechtzeitig den Mund zu, bevor eine unbedachte Silbe diesem entweichen konnte.
    »Roger, Martin!«, sagte Jane in der Hoffnung, damit auch
Nicole eine Freude gemacht zu haben. Als die Borduhr die Zeit für die Zündung
und das Display ›99‹ anzeigte, was im 1975er Jargon der Computer soviel hieß
wie ›sind sie sicher?‹, betätigte Jane den Kippschalter, um das Triebwerk zu
starten.
    Mit einem Mal war es vorbei, das angenehme Gefühl der
Schwerelosigkeit. Wie ein flammendes Schwert schien sich Gayles Steiß tief in
ihr Rückgrat zu bohren – möglicherweise war es aber auch genau umgekehrt. Sie
schrie auf, doch nur für den Bruchteil einer Sekunde.
    »Hab ich da gerade etwas gehört?«, fragte Jane, als wäre sie
sich nicht sicher, ob sie ihrem Gehör noch bedingungslos vertrauen konnte.
    Gayle schüttelte stumm ihren Kopf, auf dem das Haar bleischwer
klebte.
    Als wären sie Bestandteile der Landefähre standen Jane und
Nicole vor den winzigen Fenstern und sahen auf die Mondoberfläche, die
langsamer und langsamer unter ihnen vorbeizog.
    »Na bitte«, konstatierte Jane und sie sah in Nicoles
Gesicht, dass diese mit den beiden Worten nichts anzufangen wusste. Dabei hieß
es doch im Astronautenhandbuch ›kurz und prägnant‹ sollte die Kommunikation
zwischen den Crewmitgliedern sein. Kürzer und prägnanter war es beim besten
Willen nicht mehr möglich.
    »Da vorne ist er.«
    »Wer?«, fragte Nicole. »Clark Gable, Dean Martin, Cary Grant?«
    »Der Krater. Wer sonst!«
    »Welcher Kater?«
    »Krater! Krater!«
    »Um Himmels willen. Passiert uns womöglich das gleiche wie
diesem Buzz und diesem
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