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Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Titel: Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)
Autoren: Harald Muellner
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»Ladies, das letzte was ich möchte,
ist, eine Unruhe oder eine Hektik in euer Boudoir bringen, aber ihr seid hinter
dem Zeitplan zurück. In fünf Minuten solltet ihr euren A… – solltet ihr schon
aussteigen.«
    Jane hatte sich hingesetzt, um etwas auszuruhen und um ihren
Kreislauf wieder in geregelte Bahnen zu lenken. »Sag ihm«, sagte sie zu Gayle, »er
kann …«
    »Hallo Martin, ich soll dir und Roger sagen ihr könnt Jane …«
    »Verstanden Tsiolkovsky«, unterbrach die Stimme aus dem Raum,
bevor sie auch nur annähernd verstanden hatte, was Gayle gerade im Begriff war
zu sagen.
    Nach weiteren zehn Minuten steckte Jane komplett in ihrem
Anzug; wobei stecken in diesem Fall durchaus wörtlich zu verstehen war. Nur
ihre Hände und ihr Kopf lugten aus den dafür vorgesehenen Öffnungen. Dafür zeigte
sie nun erste Ermüdungserscheinungen. Es war ein langer Tag gewesen, dann noch
die anstrengende und nervenaufreibende Landung. Im Kampf mit ihrem Anzug war
sie aber immerhin siegreich geblieben. Bevor ihr Gayle den Helm reichte, besah
sie sich noch einmal im Spiegel und schenkte ihm ein betörendes Lächeln, das zu
einer graulippigen Fratze verkam. Für einen kurzen Augenblick dachte sie daran,
Nicole noch um den Lippenstift zu bitten, ließ jedoch den Gedanken dann
aufgrund des fortgeschrittenen Zeitplanes fallen. Mit fünfundvierzig Minuten
Verspätung kam der große Augenblick. Die drei Damen waren bereit zum Aussteigen,
und Jane ließ die Luft aus der Landefähre entweichen.
    »Ich zuerst«, sagte sie über die Intercom, als Nicole sich
bereits am Ausstieg zu schaffen machte, und versetzte dieser einen Schlag auf
den Oberarm.
    »Ja, ja. Schon klar. Pass bloß auf, dass du die filigrane
Leiter nicht demolierst mit deinen massiven Oberschenkeln!«
    Es war vermutlich ein Fluch, den Jane daraufhin ausstieß und
der im Rauschen der Intercom unterging. Langsam schob sie erst ihre Füße, dann
ihr Hinterteil durch die enge Luke nach draußen. Auf der kleinen Plattform
angekommen richtete sie sich etwas auf. Sie stieg die Leiter hinab. Langsam
tastete sie mit ihren Stiefeln nach unten. Sprosse um Sprosse. Wie dumm, dass
die Stiefel ein Plateau hatten, mit den hohen Absätzen hätte sie sich wunderbar
einhaken können, so musste sie überlegt und vorsichtig nach unten klettern. Sicher
gelangte sie am Fuß der Landefähre an. Tief atmete sie noch einmal die
klaustrophobische Luft ihres Helmes ein, bevor sie den entscheidenden Schritt tat,
bevor sie den Satz sagte, der irgendwann einmal, in einer fernen Zukunft, in
den Geschichtsbüchern nachzulesen sein würde. Ihr Blick wanderte nach oben in
den schwarzen Himmel, auf dem zehntausende Sterne zu stehen schienen. Sie
dachte an die Aufnahmen von den ersten Mondlandungen und daran, wie bezaubernd
die Erde aussah, die als guter Geist über jeden der Schritte ihrer Vorgänger gewacht
hatte. Auf der erdabgewandten Seite aber war das, wie das Adjektiv schon
suggerierte, eben anders. Langsam stieg sie vom Fuß der Landfähre und, als sie ihren
Stiefel in den Mondstaub setzte, vermisste sie plötzlich die hohen Hacken unter
ihrer Ferse. In einem Gefühlsausbruch, dem es weder an Ehrlichkeit noch an Spontaneität
und schon gar nicht an Unüberlegtheit mangelte, stieß sie echauffiert hervor: »Fuck!
Jetzt ist mir der verdammte Absatz abgebrochen.«

2
    Robert
Zubrin , 2092
    »Sie wollen mir aber nun nicht allen
Ernstes einreden, dass sich neunzehnhundertdreiundsiebzig die Frauen genauso klischeehaft
verhielten, wie Sie es mir gerade geschildert haben? Das nehme ich Ihnen nicht
ab. Und ich nehme es Ihnen auch nicht ab, dass Sie es mir abnehmen, dass ich es
Ihnen abnehme. Abgesehen davon hört sich die Geschichte doch ziemlich abenteuerlich
an.« Robert betrachtete sein Gegenüber mit einer Mischung aus Skepsis und
Interesse.
    »Schauen Sie, ich habe nur meine Fantasie etwas spielen
lassen und Ihnen bilderreich, wie Sie richtig bemerkten, klischeebehaftet und
übertrieben – in der Hoffnung, dass auch Sie damit in der Lage seien, der
Handlung besser zu folgen – eine Geschichte erzählt, wie Apollo 18 ausgesehen haben
könnte. Drei Frauen in einem Raumschiff auf dem Weg zum Mond. Können Sie sich
das vorstellen? Glauben Sie, dass so etwas tatsächlich passiert sein könnte? Ein
Apollo 18?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Robert und fragte sich, was an der
Handlung wohl so schwer zu verstehen gewesen sei. Unsicher rutschte er auf seinem
Sitz vor und zurück. »Nach den heutigen
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