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Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Titel: Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)
Autoren: Harald Muellner
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unten herauf an, »Sie
wussten doch, dass die Berichterstattung nicht mit der Wirklichkeit
übereinstimmte – oder etwa nicht?«
    John suchte mit seinen Augen den Boden ab. »An dem Tag der
Liveübertragung wusste ich es nicht. Da war ich einer von den vier Milliarden,
die nicht fähig waren, die Dinge zu sehen, die sich direkt vor ihren Augen abspielten.«
    Robert sah ihn betreten an.
    »Und später dann, nach der Gerichtsverhandlung … Mir fehlte
dann irgendwie die Kraft …«
    Robert machte sich Notizen. »Wussten Sie eigentlich, dass
unsere bezaubernde Kellnerin aus der Lounge die neue Leiterin der Station
werden würde?« Da war er wieder, dieser Blick, den Robert so fürchtete, der ihn
wie ein Laserstrahl traf und ihm das Gefühl gab, aus durchsichtigem Papier zu
sein.
    Der Alte zog in einer Geste, die Verwunderung und
Überraschung in gleichem Maß ausdrückte, die Augenbrauen hoch. »Jetzt aber.
Sagen Sie bloß, Sie nicht?«
    Robert schüttelte den Kopf.
    »Wissen Sie, eine nicht ganz unwesentliche Aufgabe eines
guten Journalisten ist …«
    Robert glaubte sich die Betonung des Wortes ›gut‹ nicht nur
eingebildet zu haben.
    »… unter anderem –«
    Robert war gespannt und begann hektisch sein Wissen zu
durchforsten, das er während seiner Zeit auf der Uni einmal besessen haben
musste.
    »Das Recherchieren, verdammt noch mal!«, platzte John heraus
und musste gleich darauf lachen.
    »Ja, natürlich«, zuckte Robert zusammen, »wo hatte ich nur
wieder meine Gedanken.«
    Der Alte grinste. »Bei unserer netten Kellnerin, aber ich
gebe zu, das ist jetzt wirklich eine sehr gewagte Vermutung. – Auf dem Schiff
ist mir schon aufgefallen, dass sie etwas für sie übrig haben.«
    »Wie sich gestern Abend herausstellte, nicht nur für die
Kellnerin.« Robert schmunzelte. »Sagen Sie, hat man eigentlich jemals
herausgefunden, wer die Anschuldigungen, das heißt, die gefälschte
Gesprächsaufzeichnung, der Flugleitung zugespielt hat?«
    »Danke, junger Freund«, sagte der Alte. »Danke für diese
Frage. – Als die Security der Sache nachging – also ich sage Ihnen, ich hätte
es denen wirklich nicht zugetraut – fanden sie doch tatsächlich eine Spur und
die führte sie geradewegs zu …«
    »Ja keine Ahnung.«
    »Auf das wären Sie auch nie gekommen«, sagte John
triumphierend. »Zu Alex und Eric.«
    »Die beiden Geiselnehmer von Karen?«
    »So ist es. Und als sie die beiden ausfindig gemacht hatten,
wussten sie natürlich auch, für wen sie arbeiteten. Sie standen im Dienste
eines gewissen George Low. – Sie erinnern sich? Stellen Sie sich vor, trotzdem
er die Seriennummern der Beiden manipuliert hatte, wurden sie von der Security
gefunden.«
    »Jetzt wundert mich nichts mehr«, gab Robert echauffiert
zurück. »Haben die da auch Bier in dem Café?« Er begann wieder hektisch in der
Karte zu suchen.
    »Schon, aber sie wollen doch nicht schon um zehn Uhr
vormittags …? Vielleicht versuchen Sie es einmal mit Tee – grünem Tee, Yogi-Tee,
…«
    »Tut mir leid, wenn ich Sie schon wieder enttäuschen muss,
doch ich brauche jetzt eines. Außerdem ist es ja nach Marszeit schon halb elf.«
Er spielte darauf an, dass der Marstag ungefähr eine halbe Stunde länger
dauerte als ein Erdentag. – »Was wurde eigentlich aus dem Schiffsarzt?«
    »Dr. Lamin Berger, der Schiffsarzt? Vielleicht war er der wahre
Held der Mission. Er schaffte es noch zurück bis zur Erde. Zwei Tage vor der
Landung gingen ihm allerdings seine Schmerzmittel aus. Wie er diese letzten achtundvierzig
Stunden überstanden hatte, will ich mir wirklich nicht vorstellen. Da empfinde
ich nur Bewunderung für ihn. Bei der Ankunft wurde er noch auf Atlantica 3
notoperiert, bevor er zurück auf die Erde gebracht wurde. Was alle
Crewmitglieder, am meisten aber Lamin selbst überraschte, war letztendlich die
Tatsache, dass der Tumor, den er schon die gesamte Zeit über in seinem Kopf
getragen hatte, vollständig entfernt werden konnte und er wieder komplett genas.«
    »Ist nicht wahr?«
    »Doch, doch! Er war so glücklich, mit einundsechzig noch
einmal ein neues Leben beginnen zu können, dass er fortan wieder seine
Arbeitskraft denjenigen zur Verfügung stellte, die sie am dringendsten benötigten.
Zwölf Jahre später verlor sich seine Spur irgendwo in den Slums einer
namenlosen Millionenstadt in Südamerika.«
    »Ein faszinierender Mensch.«
    »In der Tat, junger Freund, in der Tat!«
    »Und das Miststück? – Pardon – Shannon?«
    »Sie war, nachdem
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