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Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Titel: Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)
Autoren: Harald Muellner
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»Es war wohl
etwas naiv von mir, Sie für eine Kellnerin und Dekorateurin zu halten.«
    Sie grinste. »Ich habe nie gesagt, dass ich eine bin.«
    »Aufgeklärt haben Sie mich aber auch nicht«, sagte er und
sie dachte, den trotzigen Unterton eines Dreizehnjährigen herauszuhören.
    »Mea culpa, mea maxima culpa«, lachte sie. »Tut mir leid,
war vielleicht nicht ganz ehrlich von mir.« Sein Blick war an diesem Tag anders
als bei ihrem letzten Zusammentreffen. Sie vermisste etwas darin, das damals
sehr viel Raum eingenommen hatte.
    »Schon vergessen. – Einen Wahnsinnsausblick über das Tal
haben Sie von hier.« Er sprang auf und ging ganz nah an die Scheibe.
    »Waren wir nicht schon per Du?« Danielle konnte ihm förmlich
ansehen, dass ihm die Sache peinlich war und ihm nun spontan keine Antwort
einfiel, womit er seinen Schwenk auf das distanzierte ›Sie‹ logisch begründen
hätte können.«
    »Ja, schon«, drückte Robert herum, »aber ich kann doch nicht
mit der Kommandantin … ich meine mit der Leiterin der Marsstation …«
    »Warum denn nicht? – Willst du einen Single Malt?« Sie
musste laut lachen. Erst in diesem Augenblick wurde ihr bewusst, wie oft sie ihm
in der Lounge einen gebracht hatte.
    »Absolut grandios.« Fasziniert ließ er sich von der unwirklichen
Landschaft vor dem Fenster in ihren Bann ziehen.
    Ein ausgedehnter Talboden, vielleicht fünfzehn Kilometer
breit, übersät mit Felsenbrocken unterschiedlichster Größe und einer Ansammlung
Geröll an der gegenüberliegenden Flanke, erstreckte sich vor ihm. Vereinzelt
konnte er einige Risse und Gräben erkennen. Die Tiefe des Tals schätzte er auf
vielleicht vier Kilometer. Weiter im Süden ging es in ein noch gewaltigeres
Trogtal über, dessen Ausläufer im Westen auf die ›Tharsis-Ebene‹ mündete. Ein
Windkanal unbeschreiblichen Ausmaßes, hatte er sich erklären lassen, wenn sich
erst einmal ein Sturm hier im ›Noctis Labyrintus‹ einnistete.
    »Als Entschädigung sozusagen.« Sie brachte ihm das Glas. »Als
kleines Trostpflaster für die Leber. Du siehst, es hat sich nicht wirklich
etwas verändert. Ich bringe dir noch immer deinen Drink!«
    Robert schmunzelte.
    »Ich mag es, wenn mich die Menschen mögen. Wenn sie mich
mögen, weil ich ihnen Drinks bringe oder Räume dekoriere.«
    Er sah noch immer zum Fenster hinaus.
    »Ich mag es, wenn ich als Mensch, als Frau gemocht werde,
und nicht weil ich studiert oder eine verantwortungsvolle Position habe.«
    Er leerte sein Glas in einem Zug. »Ich mochte die Kellnerin,
wenn sie mir die Drinks brachte«, sagte er und seine Gedanken schienen weit entfernt
bei dieser, in der Lounge zu sein. »Ich mochte auch die Dekorateurin, als sie
hoch auf der Leiter balancierte.«
    Danielle strahlte. »Ja. Das hat Spaß gemacht.«
    Er drehte sich um und ging auf sie zu. »Jetzt hab ich Sie …
dich wohl gerade angelogen.«
    Sie wartete auf sein schallendes, schadenfrohes Lachen, doch
es kam nicht. Seine Miene wurde ernst und sie glaubte wieder ein zartes,
marsianisches Rot auf seinen Wangen zu sehen.
    »Ich will damit sagen …« Er rang nach Luft. »Es ist mehr …«
    War sein Gesicht noch röter geworden, oder war es nur die
Reflexion des aufkeimenden Marstages, das sie das glauben ließ? Sie fand es
entzückend, als er wie ein kleiner Junge von einem Bein auf das andere trat,
die Verlegenheit aus seinem Gesicht leuchtete, und er nach Worten suchte.
    »Ich liebte die Kellnerin«, sagte er schließlich, »vom
ersten Augenblick an.«
    Danielle hatte immer gewusst, dass er ein Auge auf sie
geworfen hatte. Auch hatte sie schon vermutet, dass da noch mehr sein könnte. »Und
wie sieht’s mit der Leiterin der Station aus?« Manchmal konnte sie wirklich
gemein sein. War der Arme nicht schon genug in Verlegenheit, dass sie ihm auch
noch diese Frage stellen musste?
    »Das weiß ich noch nicht. Was hältst du davon, wenn wir das
bei einem gemeinsamen Abendessen rausfinden? – in einem der beiden Lokale, die
es hier gibt.«
    Sie stand auf, ging auf ihn zu
und zum ersten Mal, seit er an diesem Morgen ihr Büro betreten hatte, spürte
sie wieder seinen Blick auf ihren Beinen. »Absolut grandiose Idee.«
    Übernächtigt, mit müden Augen, doch bestens gelaunt, trat
Robert in das Café. Das einzige hier auf dem Mars, das einzige hier im Abseits
jeglicher Caféhaus-Kultur. Seine Haare standen wirr von seinem Kopf ab.
    John saß an einem kleinen Tisch und blätterte in den ›Mars
News‹. »Die haben Sturm
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