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Die Frau vom Leuchtturm - Roman

Titel: Die Frau vom Leuchtturm - Roman
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Hartholz, das im Katalog als Bestandteil der Einlegearbeiten erwähnt wurde, war ein seltenes Mahagoni, das nur im brasilianischen Regenwald zu finden war, einer Weltgegend, die von den Europäern erst lange nach dem Zeitalter Louis’ XV. erforscht wurde -, sondern dass er dazu den Schrank nicht einmal hatte selbst sehen müssen.
    Daraufhin bot der hartnäckige Kurator Damon eine Festanstellung bei Christie’s an - genau die Art von Job, von der mein exzentrischer Freund sein ganzes Leben lang geträumt haben musste.
    Doch zu meinem allergrößten Erstaunen lehnte Damon rundweg ab und erklärte, für ihn käme kein Job in Frage, der von ihm verlange, jeden Tag am selben Ort zu sein, und erst recht keiner, bei dem er langatmige und öde Expertisen schreiben müsse. Er müsse frei sein, sagte er, und ungehindert seine geliebten Museen, Galerien, Trödelläden und Bibliotheken durchstreifen können, so wie es ihm seine Launen, Neigungen und Ahnungen eingaben.
    Sir Edward, der verzweifelt bemüht war, das wahnsinnige Genie unter allen Umständen für sich zu gewinnen, hatte sofort gekontert und Damon einen Beraterposten mit einem großzügigen monatlichen Vorschuss angeboten. An diesem Punkt hatte Damon mich angesehen und
gefragt, ob ich bereit sei, seine Expertisen zu schreiben und mich um die Finanzen eines solchen Arrangements zu kümmern.
    Und so erblickte unsere kleine Firma St. Claire & Marks, offizielle Berater und Gutachter für Christie’s, das Licht der Welt. Eine lange Reihe angesehener Händler, Versicherungsgesellschaften und Privatsammler hatten rasch nachgezogen und waren mit der Zeit treue Kunden geworden.
    In den sechs Jahren, seit wir Geschäftspartner geworden waren, hatte ich Damon noch nie zugemutet, eine Expertise zu schreiben oder auch nur regelmäßig in unserem kleinen Büro in Midtown Manhattan aufzutauchen.
    Aber jetzt blieb mir nichts anderes übrig.
    Da ich immer weniger in der Lage war, mit Bobbys Tod umzugehen, musste ich New york unbedingt eine Zeitlang verlassen. Vielleicht auch für länger.
    Und obwohl ich wusste, dass Damon mich wie eine Schwester liebte, war ich mir ganz und gar nicht sicher, wie mein freiheitsliebender Partner auf meine dringende Bitte reagieren würde, das Alltagsgeschäft zu übernehmen, während ich fort sein würde.
    Ich hätte mir keine Sorgen zu machen brauchen.
    »Aber natürlich musst du gehen, Susan. Habe ich dir nicht schon vor Ewigkeiten genau dasselbe gesagt?«, schimpfte er in dem weichen, schleppenden Tonfall aus Louisiana, den auch zehn Jahre im tiefsten Manhattan nicht merklich abgeschliffen hatten. Er schalt mich noch ein paar Minuten aus wie ein unartiges Kind - vor allem, weil ich 150 Dollar die Stunde für »eine bescheuerte, pillenverteilende Hirnklempnerin« vergeudet hatte, damit
sie mir denselben Rat gab, den er mir in seiner Weisheit längst umsonst erteilt hatte.
    Tränen rannen über seine glänzenden, tiefschwarzen Wangen und platschten auf den weichen Kragen seines magentaroten Streifenhemds. Er schloss mich in die Arme und versicherte mir, er sei durchaus in der Lage, das Geschäft während meiner Abwesenheit allein weiterzuführen, ganz egal wie lange.
    »Fahr einfach weg und werd gesund, Mädchen«, flüsterte er heiser. »Das ist jetzt das Wichtigste.«
    Natürlich hatte ich ihn gewarnt und gemeint, er solle noch einmal darüber nachdenken, was er sich aufhalste. Und ich erinnerte ihn an sein erklärtes Bedürfnis nach absoluter Freiheit und den Umstand, dass es ihm schon immer Schwierigkeiten bereitet hatte, seine Gedanken zu Papier zu bringen.
    Daraufhin hatten sich Damons rundliche Buddha-Züge zu einem listigen, koboldhaften Grinsen verzogen. »Sue, Schätzchen«, meinte er lachend, »es ist ja nicht so, als könnte ich diesen ganzen langweiligen Papierkram nicht bewältigen, den du so wunderbar organisierst und im Griff hast. Es ist bloß so, dass ich nicht will . Jedenfalls nicht ohne einen sehr guten Grund.«
    Er stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste mich sanft auf die Wange. »Aber du bist der beste Grund, den ich mir denken kann«, schniefte er. »Und jetzt verschwinde schon, ehe ich zur Besinnung komme und es mir anders überlege.«

3. Kapitel
    Zu Hause erwartete mich eine letzte schwere Aufgabe: Ich musste Bobbys Sachen aussortieren. Bis dahin hatte ich alles genauso gelassen, wie es an dem Morgen gewesen war, als er mich zum Abschied geküsst hatte und dann verschwunden war. Der Traum, dass er durch diese Tür
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