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Die Frau mit dem Hund

Die Frau mit dem Hund

Titel: Die Frau mit dem Hund
Autoren: Birgit Vanderbeke
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Löwenzahn, unter einer Magnolie leuchtete hellgrüner Farn, an den Parkmauern zogen sich wilde Brombeeren und Efeu empor, und während Pola und die Nachbarn Brett für Brett von den Türen und Fenstern entfernten, ohne auf die Pracht zu achten, die sie umgab, konnte Abramowski nicht genug davon bekommen.
    Gegen Mittag war das Haus bretterfrei.
    Also dann jetzt mal entern, sagte Pinkus und öffnete mit dem Brecheisen die Tür in eine untergegangene Zeit.
    Er stieß einen Pfiff aus. Die haben es sich offenbar gut gehen lassen, sagte er.
    Neben dem großen Eingangsbereich konnte man durch eine matte Glasscheibe ein leeres türkisfarbenes Becken sehen.
    Traumhaus mit Pool, sagte Pinkus.
    Bei uns sah es damals nicht anders aus, wenn du dich erinnerst, sagte Isabella. Am Anfang. Nur mit Sauna statt Pool.
    Die Fensterscheiben waren fast alle blind, aber es fiel milchiges Licht hindurch.
    Das kriegst du mit Brennesseln sauber, sagte Isabella, als sie sah, wie Pola mit dem Finger über eine Scheibe fuhr.
    Habe ich aber nicht vor, sagte Pola, hier die Fenster zu putzen.
    Und sie begann gleich im riesigen Flur noch mit ihrer Suche, zog Schubläden auf, öffnete Schränke und schaute in alle Ecken. Abramowski war in den Wohnraum vorausgegangen und rief, die hatten hier drin ein Heimkino und eine Bibliothek, stellt euch das vor. Jede Menge Bücher und Filme.
    Jede Menge Elektroleichen, sagte Pinkus, als sie die Küche durchforsteten. Überall dasselbe.
    Er beförderte aus den Tiefen der Küchenschränke Mengen nutzloser Apparate auf die Anrichte. Joghurtbereiter, sagte er, elektrischer Allesschneider, hatten wir früher auch, automatische Espressomaschine, Entsafter, Mixer, Toaster, Eierkocher, Fritteuse. Was die Familie Aufsichtsrat im letzten Jahrhundert so brauchte.
    Dann zog er ein großes Gerät mit halbrundem Deckelaufsatz aus einem Küchenunterschrank, klappte den Deckel hoch und sagte, keine Ahnung, was das hier ist. Da oben kannst du was reinfüllen, aber dann weiß ich auch nicht, wie weiter.
    Abramowski lachte und sagte, das hatten wir früher im »Capitol«.
    Und was soll das sein, sagte Pinkus.
    Oben hast du getrocknete Maiskörner reingetan, sagte Abramowski, dann hast du auf den Knopf gedrückt, und drei Minuten später hattest du Popcorn.
    Stimmt, sagte Isabella, ich erinnere mich.
    Oben tust du das Wasser rein, sagte sie später, als ­Abramowski und Pola mit ihnen hinübergegangen waren, um eine Kleinigkeit zu essen.
    Und zwanzig Minuten später kommt es unten wieder raus und ist gefiltert. Alles kein Geheimnis. Stoff, Sand, Papier und Watte. Lagenweise Holzkohle dazwischen, alle paar Wochen erneuern.
    Man gewöhnt sich daran, sagte sie, als sie Abramowskis skeptischen Blick sah.
    Abramowski packte das Kaffeepulver aus, das sie aus dem Distrikt mitgebracht hatten, und sagte, vielen Dank auch für eure Hilfe.
    *
    Hier draußen war Abramowski selig. Alles verdrehte ihm den Kopf. Pola, der herbstliche Duft, der verwilderte Park, selbst die verwunschenen Vorstädte, in denen sie Holz hackten, Kräutertees brauten, ihre Versammlungen bei Regen im alten Güterbahnhof abhielten, um ihre Versorgungseinsätze in die Stadt zu besprechen: Wer geht zum Martinsfest in den elften Distrikt an die Container, ist das wirklich nötig, Gänse haben wir selber, aber natürlich muss jemand zum Martinsfest, oder wollen wir uns wieder um Salz und Zucker prügeln; das hatten wir schon.
    Isabella, das wurde schnell klar, hätte es lieber gesehen, wenn Pola in ihrer Nähe geblieben wäre.
    Fläzen sich da auf Sitzen herum, die sie aus Schrottautos rausmontiert haben, sagte Isabella. Männer ohne Frauen. Jungs. Als ob es keine Stühle gäbe.
    Mit ein paar mehr Frauen hier in der Gegend würde es leichter, gegen die Cowboys anzukommen, sagte sie.
    Pola schwieg und packte weiter in ihren Rucksack, was sie gebrauchen konnte, und jeder Gegenstand, den sie in ihrem Rucksack verschwinden ließ, machte sie zuversichtlicher, strahlender, schöner:
    Wer sagt’s denn! Und sie hielt Timon kämpferisch ein Verlängerungskabel hin, bevor sie es einpackte, einen Handbohrer, eine Nachttischlampe, Glüh­birnen, Messer, Pfannen, Brettchen, eine Heizdecke, ein Nudelholz, sie glühte förmlich vor Zuversicht, und als sie bei ihrem dritten Ausflug in die tote Vorstadt eine nagelneue elektrische Kochplatte mit zwei Feldern
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