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Die Frau in Rot: Roman (German Edition)

Die Frau in Rot: Roman (German Edition)

Titel: Die Frau in Rot: Roman (German Edition)
Autoren: Margot S. Baumann
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tatsächlich den fünfundfünfzigjährigen Johannes von Hallwyl (1688–1753). Sie hatten auch drei Kinder: eine Tochter, Franziska Maria Angelica (1751–1756), und zwei Söhne, Albrecht Gabriel Rupert (1745–1820) und Abraham Johannes (1746–1779).

    Die Schreibweise Hallwil/Hallwyl ist nicht definiert. Der See heißt heute Hallwilersee, das Schloss jedoch Hallwyl. Ebenso gab es die beiden Schreibweisen des Familiennamens, von Hallwil und von Hallwyl, schon zu früherer Zeit.

    In einer Erzählung, die angeblich der Vikar Jakob Steinfels, der 1779 in Seengen anstellig gewesen war, verfasst haben soll, wird die Lebensgeschichte von Bernhardines Schwiegertochter geschildert. In dieser finden sich auch ein paar Details aus dem Familienleben der von Hallwyls zu jener Zeit. Aufgeschrieben und veröffentlicht wurde sie von einem Herrn U.E. Fröhlich im »Schweizerischen Jahrbuch für 1837«.

    Allem Anschein nach war die Ehe zwischen Johannes und Bernhardine nicht so misslich, wie ich sie dargestellt habe. Im Gegenteil. Denn in besagtem Jahrbuch und im Sprachduktus der damaligen Zeit heißt es da:

    Ihr Gemahl erkrankte bei einem Besuche, den er bei dem in Tann wohnenden Marschall von Hallwil gemacht. Auf die Nachricht hievon ließ sie sich ein Pferd satteln und ritt ohne Begleit hin, den sterbenden Gatten mit ihrem Trost zu erquicken. Er konnte ihr noch zum Dank für ihre Zärtlichkeit die lebenslängliche Verwaltung seiner Herrschaft durch ein Vermächtniß zusichern, und starb dann.

    Über Bernhardine wird berichtet, dass sie – entgegen meiner Fantasie – bei den Menschen ringsum sehr beliebt und geschätzt war.

    Dreißig Jahre von da an besorgte sie die Herrschaft und das Hauswesen mit ungemeiner Thätigkeit, Klugheit und Güte. Gesellschaft liebte sie sehr und ihr durchdringender Verstand und eine seltene natürliche Beredsamkeit ließ es in ihrer Gesellschaft nie an lehrreicher und munterer Unterhaltung mangeln.
    Sie war auch nicht unerfahren in der Arzneikunde und hatte immer einen guten Vorrath meist von ihr selbst gefertigter Arzneien bereit, wovon sie jedem Kranken unentgeldlich mittheilte und nicht selten nebst andern Erquickungen in die Wohnungen des Elends und der Armuth selbst hintrug.

    Bernhardine, die von der Dienerschaft Oberherrin genannt wurde, war jedoch kränklich, und die Sorge um ihre Kinder hat sie am Ende wohl dahingerafft.

    Außerordentlich und groß, wie ihr Charakter, waren aber auch die Schicksale, in die sie geführt wurde. Ihr zarter Körper litt oft von Krankheiten, daß man an ihrem Aufkommen verzweifelte; aber sie genas wieder, um nur noch schwerere Prüfungen zu bestehen. Ihre drei Kinder brachten ihr die größten Leiden, denen sie endlich erlag. Ihr Töchterlein, ihr Herzenskind, starb in seinem sechsten Jahr und mit ihm die Wonne ihres Auges und Herzens; und die Wunde dieses Verlustes blieb ungeheilt.

    Der ältere Sohn Bernhardines, Albrecht Gabriel Rupert, litt vermutlich an einer schweren Depression. Er, dem einst die Herrschaft zugefallen wäre, wird als Jüngling von schönen Hoffnungen und von trefflicher Bildung, doch immer etwas finster und cholerisch beschrieben. Der Kriegsdienst unter fremder Herrschaft und eine unglückliche Liebe trugen dazu bei, dass er immer schwermütiger wurde. Sein Zustand, als er wieder auf Schloss Hallwyl eintrifft, ist desolat:

    Er versank immer tiefer und verfiel endlich in Raserei, zerriß seine Kleider, warf die Fenster in den Hof hinunter, zersprengte die Bettstelle, öffnete sein Federbett, schlüpfte dann hinein und wühlte im Flaum. Man mußte alles Zerbrechliche aus seinem Zimmer entfernen, die Fenster über die Hälfte zumauern, und ihm gesteppte Decken von Zwillich geben.

    Zu seinem eigenen und dem Schutz anderer Menschen lebte Albrecht bis zu seinem Tod eingeschlossen in einer Kammer des Schlosses.

    Der zweite Sohn, Junker Abraham Johannes, wird ebenfalls als ungemein schöner, charmanter und intelligenter junger Mann beschrieben. Doch auch er hatte ein feuriges Temperament, und als Soldat in französischen Diensten trieb er sich in jungen Jahren lieber in der Welt herum und frönte den verschiedensten Vergnügen, als sich um das Schloss und die Ländereien zu kümmern: wochenlange Jagden bei jeder Witterung, erschöpfende Reisen, Bälle, Genüsse aller Art.
    Er war bekannt für seine Verschwendungssucht und seine diversen Liebschaften. Bernhardine schickte ihm regelmäßig beträchtliche Summen, die sie entlehnen musste,
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