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Die Frau im gepunkteten Kleid

Die Frau im gepunkteten Kleid

Titel: Die Frau im gepunkteten Kleid
Autoren: Beryl Bainbridge
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Monica hockte über dem gelben Steilufer an der Grenze zu Palisades Park, ein schmaler Streifen Land, dicht besetzt mit turmhohen Palmen und tropischen Pflanzen. An der Third Street Promenade fand er, was er suchte, und stieg auf die Bremse. Er befahl Rose, sich nicht vom Fleck zu rühren, und eilte hinein.
    Als er auf dem Stuhl saß, ein Handtuch um den Hals, stieg mit einem Mal das Bild seiner Mutter vor ihm auf, die sich mit einem zugekniffenen Auge und offenem Mund die Augenbrauen zupfte. Das hatte sie immer am Küchentisch getan, ohne erst lange das Tischtuch zu entfernen, und wenn sie ihm das Essen hinstellte, trieben sich immer ein paar Härchen am Tellerrand herum. Er sah sie so deutlich vor sich, dass er den Kopf schüttelte, um das Bild zu vertreiben, und fühlte, wie die scharfe Rasierklinge an seiner Haut kratzte.
    Ein Fetzen Watte klebte auf dem Schnitt in seiner Wange, als er in den Campingbus zurückkletterte und darauf wartete, dass Rose sein verändertes Aussehen kommentierte. Doch sie sagte nichts. Sie saß nur da, den Kopf gesenkt, und tat, als studiere sie die Straßenkarte.
    Als er sie so ansah, ihre abgetragene Kleidung und das ungepflegte Haar, beschloss er, dass sie
sich säubern musste. Wenn sie so ungewaschen in Los Angeles immer noch bei ihm war, würde man ihn wohl kaum ins Hotel lassen. Als er den Motor startete, fragte sie, ob sie nun endlich nach Malibu führen.
    »Noch nicht«, sagte er.
    »Warum nicht?«
    »Wir müssen uns beide waschen, besonders du.«
    »Die Amerikaner sind komisch«, sagte sie, »ständig reden sie vom Waschen. Wahrscheinlich weil ihr daran gewöhnt seid, immer heißes Wasser zu haben.«
    Er nahm ein Zimmer in einem Hotel, von dem aus man Palisades Park zu Fuß erreichen konnte. Das Zimmer hatte keine Badewanne, nur eine Dusche. Sie starrte ihn wütend an, als habe er sie bewusst aus der Fassung bringen wollen, und befahl ihm, draußen zu warten. Er hörte das Wasser laufen, aber nur etwa eine Minute, dann rief sie, sie sei fertig. Als er wieder hineinging, war sie schon angezogen, und als sie sich bückte, um in die Schuhe zu schlüpfen, merkte er, dass ihre Füße noch schmutzig waren. Sie schwor, dass sie sich das Haar gewaschen habe, doch als sie in den Campingbus zurückkehrten, ragte die Shampooflasche unangebrochen aus ihrer Tasche.
    Bevor er nach Malibu aufbrach, rief er John Fury in dessen Büro in Los Angeles an, um sich zu vergewissern, dass er am Fünften im Hotel Ambassador war. Fury sagte, er habe sich den Termin in seinem
Kalender unterstrichen, dann servierte er ihm noch ein bisschen Klatsch von der Kennedy-Wahlkampagne. Kennedy sei bei den Massen dermaßen beliebt, dass sie ihm schon mehrfach die Manschettenknöpfe stibitzt und sogar die Hemdsärmel abgerissen hätten. »Aber er ist wirklich gefährdet«, sagte Fury, »und er weiß es. Vor einer Woche hat er in Frankenheimers Strandhaus übernachtet, und da fragte ihn jemand, ob er sich darüber klar sei, dass er wahrscheinlich ermordet werden würde. ›Ich muss meine Chance nutzen‹, erwiderte er. ›Wie viele Anschläge hat es auf de Gaulles Leben gegeben … sechs, sieben? Wir müssen eben alle Hoffnung auf das Glück setzen, dieses alte Miststück.‹«
    »Hoffnung, dass ich nicht lache«, sagte Harold, als er den Hörer auflegte. Kennedy kümmerte ihn einen Dreck, Hauptsache, Fury sicherte ihm den Eintritt ins Hotel.
    Der Pacific Coast Highway war sonnenüberflutet, die See darunter kräuselte sich silbern, wenn sie das Ufer streichelte. Jetzt, wo Rose glaubte, dass sie Wheeler bald fanden, wurde sie lebhaft. Harolds Großzügigkeit und Selbstlosigkeit seien überwältigend, schwärmte sie. Viele Menschen in ihrem Leben seien freundlich zu ihr gewesen, aber niemand so freundlich wie er. »Ich werde deiner im Gebet gedenken«, gelobte sie, und er zog eine Grimasse.
    Eine halbe Stunde später hielt er am unteren Ende der Malibu Beach Road an und erklärte, weiter
dürften sie nicht fahren, da von hier an alles Privatgrund sei. Rose schützte ihre Augen vor der blendenden Helligkeit der Häuser mit Blick auf den Ozean und wollte wissen, in welchem davon sie Dr. Wheeler finden würden. Er gab zu, dass er es nicht genau wisse.
    »Die Leute hier müssen Geld wie Heu haben«, bemerkte sie.
    »Bing Crosby hat hier ein Haus«, sagte er, »und Cary Grant. Die Straße ist nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Ich muss erst anrufen, um Zutritt zu erhalten.«
    Hinter einem Lebensmittelladen gab es
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