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Die Frau des Polizisten

Die Frau des Polizisten

Titel: Die Frau des Polizisten
Autoren: Ingrid Elfberg
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hineinließ. Boss verschwand im Inneren des Hauses, seine Pfoten klackten leise auf dem Parkett, sein Schwanz wedelte erwartungsvoll. AlsGöran seine Jacke aufgehängt hatte, kam Boss zurück und strich um seine Beine. Göran erstarrte, richtete sich auf und spähte durch den Flur ins Wohnzimmer. Es lag im Dunkeln, kein Laut war zu hören, nichts.
    »Was zum Teufel …«, knurrte er, durchquerte mit wenigen Schritten die Diele und stürmte ins Schlafzimmer. Mit einem Blick erfasste er den Raum. Das Bett sah noch aus wie vorhin, als er Erika zurückgelassen hatte. Zerwühlt nach ihrem rohen Geschlechtsakt. Rasch hob er die Decke an und schaute unters Bett, nichts. Innerhalb weniger Minuten durchsuchte Göran das ganze Haus, riss Türen auf, öffnete Schränke, sah unter dem Sofa im Wohnzimmer nach, in den Abseitenräumen, im Keller – nichts. Boss folgte ihm unruhig im Abstand von einigen Metern; in seinem traurigen Hundegesicht glänzten zwei Knopfaugen. Sein Schwanz wedelte kläglich.
    Vor sich hin fluchend ging Göran zurück in den Flur, riss sein Handy aus der Jackentasche, tippte eine Kurzwahltaste und lauschte mit gespannten Kiefermuskeln. Niemand nahm ab. Nach einer Weile meldete sich Erikas warme freundliche Stimme mit der Ansage, dass sie im Augenblick leider nicht erreichbar sei. Er legte wieder auf und blieb unentschlossen stehen. Da fiel ihm auf, dass auf der Kommode Boss’ Bild fehlte.
    »Verfluchte Scheiße!«
    Mit festen Schritten ging Göran in die Küche, goss sich einen doppelten Whiskey ein, kippte ihn mit einem Zug hinunter und verzog das Gesicht. Der Alkohol brannte und wärmte; in seinem Kopf kündigte sich pochend ein Kater an. Er sah sich in der leeren Küche um. Still zusammengerollt lag Boss in der Ecke neben seinem Napf, seine blanken Augen verfolgten jede Bewegung seines Herrchens.
    »Du verfluchtes Flittchen!«, brüllte Göran. Er schleudertedas Glas in die Spüle. Es zersprang, und die Scherben breiteten sich mit spitzem Klirren auf der Arbeitsplatte und dem Fußboden aus. Er ballte die rechte Hand zur Faust und schlug die Küchentür ein, so dass die Splitter in alle Richtungen stoben.

Kapitel 5
    Auf unsicheren Beinen lief Erika den Flur der Kriminaltechnik entlang, ließ sich von dem sprudelnden Lachen ihrer Freundin leiten. Anna stand in einer Gruppe von Männern, die abwechselnd etwas unter dem Mikroskop betrachteten. Sie gestikulierte eifrig beim Reden. Ihre zierliche, kleine Gestalt war voller Bewegung und ihre glänzenden dunkelbraunen Haare wippten über ihren Schultern.
    Erika bekam eine Gänsehaut. Sie konnte partout nicht verstehen, was einem in der Technik Anlass zum Lachen geben sollte. Sie tippte Anna auf die Schulter, die sich lächelnd umdrehte und sie den Männern vorstellte. Erika lächelte angestrengt, aber ihre Namen perlten so schnell von ihr ab wie Wasser von einer Teflonschicht. Anna umarmte sie. Erika atmete den Duft ihrer Haare ein, genoss ihre Körperwärme.
    »Bist du müde?«, fragte Anna und schob Erika auf Armeslänge von sich, um sie genauer zu betrachten. In ihren braunen Augen lag eine Mischung aus Neugier und düsterer Besorgnis.
    Erika hatte ihre neue Arbeitsgruppe am Nachmittag kennengelernt und sich ihnen vorgestellt. Wie eine Schildkröte hatte sie die eingegipste Hand in den Pulliärmel gezogen und den Hals schützend unter dem Blusenkragen verborgen. Mit linkischen Händen und farbiger Grundierung hatte sie versucht, die blauen Flecken im Gesicht zu kaschieren, die nun, nach knapp einer Woche, Schattierungen von Lila über Grün zu einer ungesunden gelben Nuance aufwiesen.
    Ihr neuer Gruppenleiter Bengt Steen hatte sie auf ihrerVertretungsstelle begrüßt und zu ihrem Einstand Kaffee und frische Fastensemmeln ausgegeben, und Erika hatte kurz erzählt, dass sie aus Östersund stamme, ihr Mann in Stockholm lebe, sie sich in Scheidung befänden und sie zurzeit bei Freunden in Göteborg wohnen würde, fürs Erste zumindest. Sie hatte sich krampfhaft bemüht, den Blicken der anderen zu begegnen, war ihnen aber tatsächlich die ganze Zeit ausgewichen. Im Nachhinein war ihr klargeworden, dass sie entweder die Tischplatte oder ihre Hände angestarrt hatte. Sie hatte sich so klebrig, kraftlos und angreifbar wie die faden Fastensemmeln gefühlt.
    »Okay«, sagte Anna fröhlich. »Wir machen einen kurzen Spaziergang zur Markthalle und kaufen ein bisschen Gemüse und Käse ein. Wein haben wir noch massenhaft zu Hause, und der Kühlschrank quillt über
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