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Die Frau des Polizisten

Die Frau des Polizisten

Titel: Die Frau des Polizisten
Autoren: Ingrid Elfberg
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eisernen Zugpferde nicht, die sind mir doch etwas zu klapprig«, gestand Erika. Anna lächelte. In dieser Hinsicht stimmten Erika und Krister überein. Seit dem Unfall am Vasaplatsen, als ein aus den Schienen gesprungener Triebwagen alles auf seinem Weg niedergemäht hatte und elf Menschen ihr Leben verloren, war er felsenfest davon überzeugt, dass es am besten sei, diese Ungetüme einzuschmelzen und einem sinnvolleren Zweck zuzuführen.
    »Ich muss zugeben, dass es etwas ausgefallen ist, im Januar mit einer Straßenbahn aus dem 19. Jahrhundert zur Arbeit zu fahren«, kicherte Anna.
    »Ach nee? Und wie ausgefallen ist die U-Bahn?«, konterte Erika.
    »Man hat beim Warten ein Dach über dem Kopf. Und es geht schneller als zu Fuß«, lächelte Anna und blickte sie treuherzig an.
    Erika hakte sich bei Anna unter und drückte ihren Arm. Sie lächelten sich an. Sie hatte Anna vermisst, ihren liebenswürdigen und ihren bissigen, trockenen Humor und ihr kristallklares Lachen. Arm in Arm gingen sie zurück über die Brücke, passierten das Theater und den Bältespännarparken und gingen die Avenyn entlang, während Anna mit lebhafter Begeisterung vom Filmfestival erzählte, das in ein paar Wochen stattfinden würde.
    Sie bogen in die Vasagatan ein und liefen ein Stück zwischen mächtigen alten Baumreihen hindurch, überquerten die Straße und die Straßenbahnschienen, um in die Nedre Fogelbergsgatan einzubiegen, eine lange Gasse, die in einer breiten und schwindelerregend steilen Steintreppe mündete. Dann erklommen sie einen der zahlreichen Hügel Göteborgs. Annas und Kristers Haus war ein hohes, solides Gebäude aus Stein, das sich wie eine mittelalterliche Burg lässig an den dahinteraufragenden Berg schmiegte. Es hatte ein spitzes rundes Türmchen auf dem Dach. Um zur Haustür zu gelangen, nahm man einen Weg unterhalb des Berges, der direkt in ihn hineinzuführen schien. Der Ort hatte etwas Magisches an sich, und wann immer Erika in den Berg hineinging, kam ihr Tolkiens Herr der Ringe in den Sinn: »Man soll nicht zu tief graben …«
    Vor der Tür zögerte Erika. Das Gefühl, beobachtet zu werden, hatte sie jede wache Minute seit ihrer Flucht aus Stockholm verfolgt. Sie drehte sich um, aber sie waren die Einzigen in der kurzen Sackgasse.
    »Was ist?«, fragte Anna, während sie in ihrer Handtasche nach dem Schlüsselbund suchte.
    Erika schüttelte nur kurz den Kopf und folgte ihr hinein. Nachdem sie Jacken und Schuhe ausgezogen und die große warme Küche betreten hatten, war das unbestimmte Gefühl verflogen. Anna bedeutete ihr, sich zu setzen und ja keinen Finger zu rühren, während sie eine Schale aus dem Kühlschrank nahm, den Inhalt in einen Kochtopf gab und die Gasflamme anstellte. Bald breitete sich ein herrlicher Duft nach Safran und Knoblauch in der Küche aus.
    Anna goss ihnen beiden ein großes Glas Wein ein und begann, mit eingespielten Bewegungen den Tisch zu decken. Die Kochdünste zogen durch die Küche, und allmählich tat der Wein seine Wirkung und erwärmte Erikas geschundene Glieder und ihren müden Kopf. Anna nahm die Suppe vom Herd, und wie von Zauberhand stand der Salat mit Balsamicoessig, Öl und grobem Salz auf dem Tisch. Anna ließ sich mit einem zufriedenen Seufzer auf den Stuhl sinken. Müde und hungrig griffen sie zu.
    Erika ließ für einen Augenblick den Löffel sinken, ihr war bewusst geworden, dass sie das Essen hinunterschlang. Langsamtrank sie einen Schluck Wein und ließ den Blick durch die langgezogene Küche schweifen, zur Essgruppe und aus dem Fenster, das zur Steintreppe und dem Park hinter dem Haus hinausging. Sie spürte ein Brennen im Nacken, als ob Göran soeben noch dort gestanden und sie beobachtet hätte. Seit ihrer Ankunft in Göteborg hatte sie nichts von ihm gesehen oder gehört, aber früher oder später würde er mit einem blendenden, gewinnenden Lächeln aufkreuzen. Anna beobachtete ihre Freundin aus zusammengekniffenen Augen über den Rand des Glases. Erika spürte ihre Blicke, die Fragen und die Besorgnis dahinter, die Anna mit heiterem Smalltalk zu überspielen versuchte. Sie holte tief Luft. Sie musste ihr endlich alles erzählen.
    »Möchtest du noch was?«, fragte Anna. Erika schüttelte den Kopf. Anna schob den Käse und ein Körnerbrot mit Nüssen und getrockneten Früchten vor sie hin, eine Spezialität aus Kristers Restaurant in Haga. Obwohl sie satt war, legte Erika sich eine dicke Scheibe des herzhaften Ziegenkäses mit einem Apfelschnitz auf das Brot
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