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Die Frau des Polizisten

Die Frau des Polizisten

Titel: Die Frau des Polizisten
Autoren: Ingrid Elfberg
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vor Essen. Krister hat gestern das halbe Restaurant mitgebracht. Wie alle Köche glaubt er, dass Essen das beste Allheilmittel ist.« Anna warf Erika einen vielsagenden Blick zu. »Na ja  … okay, neben anderem.« Sie kicherte und knuffte Erika in die Seite, bat aber sofort um Entschuldigung, als Erika das Gesicht verzog.
    Draußen schneite es in leichten Flocken. Wie Puderzucker bedeckte eine dünne weiße Schicht die Straße vor dem Polizeigebäude in der Skånegatan. Vereinzelt standen ein paar Fahrräder vor dem hohen Ziegelbau, und die Bäume um den halbleeren Parkplatz streckten ihre kahlen, schwarzen Finger in den bleigrauen Himmel. Erika sog tief die Luft ein. Der Geruch war die wohlbekannte Großstadtluft – eine Mischung aus Abgasen, Küchendünsten, feuchter Erde und Moder. Aber sie hatte auch etwas Bedrückendes an sich. Die hohe Luftfeuchtigkeit sei daran schuld, behauptete Anna steif und fest. Erika sah auf und ließ ihr Gesicht von der kräftigen Brise streicheln. Die Luft trug mehr Gerüche als nur Erde und Abgasemit sich, sie roch nach Tang, Fisch und ranzigem Rohöl. Und nach Salz.
    Erika lauschte Annas fröhlichem Geplauder über die romantischen historischen Gewächshäuser und das Rosarium, während sie den Weg zur Trädgårdsföreningen einschlugen. Aber das bedrückende Gefühl wollte sie nicht loslassen. Mit einem Mal sehnte sie sich nach der klaren trockenen Luft daheim in Östersund, die von der kalten Wasseroberfläche des Storsjöns herüberwehte, beißend kalt und rein; eine Kälte, gegen die man sich mit geeigneter Kleidung schützen konnte, und eine Luft, die leichter zu atmen war.
    Schnellen Schrittes und mit hochgezogenen Schultern gegen den Wind überquerten sie die Kungsbron, bogen hinter dem Kanal ab und betraten die Markthalle. In der feuchten, von Gerüchen gesättigten Wärme sahen sie sich um und musterten die angebotenen Waren. »In Östersund hatten wir auch eine Markthalle, aber inzwischen ist ein Pub daraus geworden, das ist wirklich eine Schande«, sagte Erika gedankenverloren. »Dort hat es immer so himmlisch nach frischem Brot, Würsten, getrocknetem Fleisch, Käse und Himbeeren gerochen …«
    Anna blieb an einer Käsetheke stehen und studierte die verschiedenen Leckereien.
    »Du vermisst Östersund, nicht wahr?«
    Erika nickte, spürte, wie sich ihre Kehle zusammenschnürte, und ließ den Blick über die verführerischen Auslagen wandern.
    »Warum bist du eigentlich nicht nach Hause zurückgegangen?«
    Erika schwieg. Lange hielt Anna ihren Blick auf einen Punkt in Erikas Nacken gerichtet. Vor gut einer Woche, am Neujahrstag, hatte sie übersät von blauen Flecken und miteinem hilflosen Ausdruck in den Augen vor ihrer Tür gestanden  – mehr als eine Woche früher als vereinbart. Ein Anblick, den Anna einfach nicht mit ihrer Freundin in Verbindung bringen konnte. Sie hatte Erika geradewegs in die Notaufnahme gebracht, wo der Arzt feststellte, dass sie zwei gebrochene Rippen, ein angebrochenes Schlüsselbein, einen gebrochenen Finger und nahezu am ganzen Körper Blutergüsse und blaue Flecken hatte.
    Anna hatte sich darauf gefreut, dass Erika nach Göteborg kommen würde. Sie und ihr Mann Krister hatten ihr angeboten, bei ihnen zu wohnen, vorübergehend. Diese vorübergehende Arbeitsperiode hatte sich als eine Vertretungsstelle für ein halbes Jahr herausgestellt. Allzu viel hatte Erika ihnen nicht erzählt, war wortkarg gewesen und hatte angespannt geklungen. Hatte lediglich gesagt, dass sie und Göran sich scheiden lassen wollten. Anna kämpfte gegen den Unmut an, der sie angesichts des beharrlichen Schweigens ihrer Freundin und ihres eigenen munteren Geplappers befiel. Das Gefühl, dass hinter Erikas plötzlichem Entschluss etwas anderes stecken musste als nur der Reiz, in eine neue Stadt zu ziehen, beflügelte ihre Neugier, beunruhigte sie aber auch, so dass sie eine irrationale Wut darüber verspürte, nicht von ihr ins Vertrauen gezogen worden zu sein.
    Anna seufzte demonstrativ, während sie weiter zur Obst- und Gemüsetheke gingen und Salat, Avocados, rotwangige Äpfel und Strauchtomaten kauften. Als sie die Halle verließen, blieben sie auf dem Marktplatz stehen, wo sie sogleich von einer unglaublichen Kälte eingehüllt wurden.
    »Wollen wir zu Fuß gehen? Es ist nicht weit. Oder möchtest du lieber die Zeitmaschine nehmen?«
    Anna deutete auf die Straßenbahn, die langsam ächzend am Kungsportsplatsen anfuhr. »Lass uns lieber gehen. Ichmag diese
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