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Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers

Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers

Titel: Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers
Autoren: Charlotte Sandmann
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gefunden, in dem Paula gewohnt hat. Und nun sag mir, ob dir etwas daran
     auffällt.«
    »Lass mich erst Hut und Mantel ablegen.« Amy schälte sich aus den pelzverbrämten Hüllen und trat nahe an die Lampe heran.
     Sie studierte die Papiere, wobei sie ihre Mundwinkel voll Abscheu nach unten zog, dann blickte sie auf. »Wenn Paula Hahne
     das geschrieben hat, warum steht dann ihr eigener Name auf der Liste der Opfer?«
    »Das frage ich mich auch. Und warum fehlt von allen Namen nur der von Eugenie?«
    »Weil sie diejenige war, die das hier gezeichnet hat?« Amy trommelte mit den Fingerspitzen auf den Tisch. »Willst du wirklich
     sagen, es sei gar nicht Paula Hahne gewesen, die deinen Mann und den Baron umgebracht hat, sondern Eugenie? Ich würde   …« Sie blickte überrascht auf, als Louise mit einem Ruck aufsprang und ihren Stuhl zurückstieß. »Was ist los?«
    »Der Pfefferkuchen! Die Pritz-Toggenaus haben uns nicht nur den Baum geschenkt, sondern auch Pfefferkuchenfiguren.«
    Sie rannte quer durch die Halle und die Treppe hinunter in die Küche, auf den Fersen gefolgt von Amy. »Schwester Köchin!«,
     rief sie. »Wo ist der Pfefferkuchen? Es hat doch noch niemand davon gegessen?«
    »Nein, gewiss nicht. Ich sagte ja, sie sind abgezählt. Für jeden Gast an der Weihnachtstafel einer.«
    Amy presste grimmig die Lippen zusammen, als sie ihre Freundin ansah. »Das bestätigt deinen Verdacht, nicht wahr?«
    Louise nickte. Sie konnte den Gedanken nicht fassen, dass jemand auf die Idee kommen könnte, eine ganze Weihnachtsgesellschaft
     zu vergiften – noch dazu so viele Kinder!

2
    Polizeirat Wilhelm Heidegast saß in seinem Arbeitszimmer im Stadthaus und beobachtete das langsame Ticken der Uhr an der Wand.
     Er war in ausgesprochen übler Laune. Nicht etwa, weil sein Dienst noch bis zwei Uhr nachmittags dauerte,sondern weil er um zwei Uhr heimgehen musste und dort überschwemmt wurde von dem dreitägigen Feiertagstrubel, den seine Frau
     wie jedes Jahr veranstaltete.
    Er blickte hoffnungsvoll auf, als das Telefon auf seinem Schreibtisch schrillte. Vielleicht war es Ludwig Gützlow. Der – als
     Junggeselle ohne Familie – brauchte kein Weihnachten zu feiern. Als er abhob, war es jedoch nicht die Stimme seines Untergebenen,
     die er hörte, sondern die einer entsetzlich aufgeregten jungen Frau mit englischem Akzent.
    »Polizeirat Heidegast? Sind Sie das persönlich? Hier spricht Lady Harrington, die Tochter des britischen Botschafters. Wir
     haben im Haus der Paquins etwas gefunden, das Sie sich dringend ansehen sollten! Wir glauben, dass es überhaupt nicht Paula
     Hahne war, die den Apotheker umgebracht hat   … Sie müssen auf der Stelle kommen!«
    Heidegast spürte, wie es ihm kalt über den Rücken lief, als er der Engländerin zuhörte. Sie erzählte ihm eine konfuse Geschichte
     von geschenkten Christbäumen und tödlichen Pfefferkuchen, fehlenden Namen und eingewickelten Leichen, eine Geschichte, die
     er sonst vielleicht als närrisches Geschwätz abgetan hätte. Aber die Vorstellung, dass möglicherweise jemand eine ganze Weihnachtsgesellschaft
     vergiften wollte, zwei Drittel davon Kinder, erschreckte ihn ebenso, wie ihn der Gedanke erfreute, dem häuslichen Trubel doch
     noch zu entkommen.
    »Ich komme auf der Stelle«, versprach er. In aller Eile rief er seine Frau an, entschuldigte sich mit einem wichtigen dienstlichen
     Auftrag und legte rasch auf, ehe sie mit Vorwürfen über ihn herfallen konnte. Dann schlüpfte er in seinen Mantel, hastete
     die Treppen hinunter und winkte einer der Droschken, die ständig vor dem Gebäude warteten.
    Wenig später kletterte er steif vor Kälte aus dem Wagen und ließ den Klopfer ans Haustor fallen. Sofort wurde geöffnet. Er
     atmete auf, als er in die Wärme trat und von den beiden jungen Damen mit hochroten Wangen begrüßt wurde. Nur die Rücksicht
     auf die Kinder hielt sie davon ab, ihn sofort mit ihren Neuigkeiten zu überfallen. Stattdessen bugsierten sie ihn in den kleinen
     Salon im ersten Stock, setzten ihm Glühwein vor und berichteten ihm, was geschehen war. Auf einem Beistelltischchen standen
     die Körbe mit den verdächtigen Pfefferkuchen.
    Louise reichte ihm die Papierbögen, die aus dem zerlegten Bett gefallen waren. »Es hat ja vielleicht nichts zu bedeuten«,
     sagte sie, »aber es kam uns doch seltsam vor, dass überall nur Eugenies Name fehlt und dass sie es war, die uns die Pfefferkuchen
     brachte, was ihr übrigens gar nicht ähnlich
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