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Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich

Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich

Titel: Die Frau aus Flandern - eine Liebe im Dritten Reich
Autoren: Claudia Seidert
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Ady und Jupp nach dem Krieg heirateten. Viele ließen sich zu diesem Zeitpunkt scheiden, doch für Ady und Jupp begann erst ihre gemeinsame Zeit.
    Ady und Jupp, Bottrop im Juli 1947.
    Jupp war ein ganz ruhiger, sagte Albert, ein typischer Kocyan, er hing nicht gern in Kneipen herum. Jupp war in den Augen seines Neffen, der damals ein junger Kerl war, das leuchtende Vorbild, groß, nicht ganz 1,80, blond, gut aussehend und immer elegant. Jupp war der »King«, weil er eine Ausländerin mitbrachte. So etwas war man im bäuerlichen Vorort nicht gewohnt. Nicht nur Albert gebrauchte den Ausdruck, Ady sei »ein klein Püppchen, ein schmächtiges Frauchen« gewesen.
    Ady und Jupp rauchten, vor allem Ady rauchte viel und Alberts Vater gab ihr seine Zigaretten. Gearbeitet hat Ady, so erinnern sich die Neffen, nicht, sie habe dann Sprachkurse besucht, um ihr Deutsch zu verbessern.

Schrebergarten und Komplett-Eier
    Jupp lässt sich im Januar 1946 von der Mechanikerinnung in Bottrop eine Abschrift seines Gesellenbriefes aus dem Jahr 1932 ausstellen, es muss ja wieder vorwärtsgehen. Er findet eine Stelle in seinem alten Beruf als Feinmechaniker im Fahrradgeschäft Schmitz in seinem Viertel. Aber wer braucht in diesen Zeiten schon ein neues Fahrrad? Das Jahr 1946 wird schwer für Ady und Jupp, es ist für die meisten im Nachkriegsdeutschland schwierig.
    Jupp hätte es sich wohl leichter machen können. In den Zechen fehlten Leute, da die Alliierten auf eine schnelle Wiederaufnahme der vollen Kohlenförderungsleistung drängten. Die Kumpel erhielten sogar Zulagen, existenziell notwendige Dinge wie Brote vor und eine Suppe nach der Schicht oder zusätzlich sogenannte Bergmannspunkte, Bezugsscheine für rationierte Waren wie Schuhe und Kleidung oder Haushaltsgeräte und möglicherweise Care-Pakete aus Amerika. Und er hätte noch etwas mit nach Hause gebracht, notwendig gerade in dem ersten kalten Nachkriegswinter: eine feste Ration Kohlen.
    Adys Gesundheit ist mal wieder ein Problem, sie hat so gar nichts auf den Rippen, um dem Hunger zu trotzen. Es ist ein schweres Jahr. Am 15. September 1946 schreiben Tante Netje und Onkel Charley in Göteborg ihren besorgten Brief an ihre Nichte und reden ihr zu, nach Schweden zu übersiedeln.
    Auf dem verbliebenen freien Platz des kostbaren Papiers notiert Ady den Entwurf ihrer Antwort in englischer Sprache:
    Vielen Dank für Euren lieben Brief. Es war lange her, dass ich etwas Neues von Euch erfuhr. Ich fürchtete, Ihr schreibt mir nicht. Wir sind bester Gesundheit und ich sehe in Eurem Brief, Euch geht’s auch gut. Heute bekam ich auch einen Brief von meiner kleinen Mutter. Bei ihnen ist alles okay. Ja, liebe Tante und Onkel, ich beherrsche verschiedene Sprachen, aber nicht schwedisch. Und ich denke, wenn ich in Schweden arbeiten wollte, müsste ich schwedisch können. Ihr schreibt auch, ich könnte leicht einen Pass bekommen. Das glaube ich nicht.
    Ja , es ist eine sehr schwere Zeit für mich im Moment. Ich hoffe, es wird bald besser. Ich habe Angst vor dem Winter. Wie ist das Wetter in Eurem Land? Hier ist es derzeit sehr schlecht und kalt. Ich habe gehört, ein Konsul wird nach Mannheim kommen und wenn er da sein sollte, kann man ihn fragen, … mit den Eltern. Ich hoffe, er wird bald dort sein und dann sollte ich ihn fragen, ob ich nach Belgien fahren kann.
    Ady schätzt ihre Situation vermutlich richtig ein, dass sie als Ehefrau eines Deutschen nicht so ohne Weiteres einen schwedischen Pass erhalten würde. Außerdem wird es ihr negativ aufgefallen sein, dass die Verwandten im fernen Schweden so gar nicht ins Kalkül ziehen, dass sie bereits eine feste Bindung eingegangen war. Sie sprechen im Gegenteil davon, dass Ady in Schweden leicht einen Boyfriend finden könne. Mit keinem Wort erwähnen sie Jupp. Entweder wussten sie zu dem Zeitpukt noch nichts von Adys Heirat – oder sie wollten diesen deutschen Ehemann ignorieren. Ady hat Maria längst geschrieben, dass sie verheiratet ist und Ady kann trotz der schwerfälligen Postbeförderung ziemlich sicher davon ausgehen, dass auch Tante Netje in Schweden bereits von der Existenz des deutschen Schwiegersohnes in Kenntnis gesetzt war.
    Ady spricht noch den Besuch des belgischen Konsuls in ihrem Brief an. Sie möchte unbedingt so schnell wie möglich nach Antwerpen zu ihrer Mutter reisen und er sollte ihr dazu verhelfen. Das war aus dem besetzten Deutschland nicht so einfach. Ady benötigt Kleider, vermutlich auch Möbel aus Antwerpen – was
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