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Die Flotte der Caer

Die Flotte der Caer

Titel: Die Flotte der Caer
Autoren: Horst Hoffmann
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Stunden warten und dann, sollte es nötig sein, persönlich nach dem Rechten sehen.
    Wieder an Bord, stellte sich Drundyr vor den Altar und murmelte magische Formeln. Er stand wie ein schwarzes Denkmal im Heck des Schiffes. Seine Krallenfinger fuhren langsam in die Höhe, als wollten sie in die Luft greifen und den Himmel zu sich herabziehen.
    Plötzlicher Nebel stieg auf, hüllte die Bucht vollkommen ein und machte das Versteck vollkommen. Kein Schiff des Herzogs, das als Wrack abgetrieben wurde und noch Leben an Bord trug, sollte Drundyrs Pläne kurz vor dem Erfolg durchkreuzen.
    Jene, auf die er wartete, wussten, wo sie ihn fanden.
    *
    Leise, flüsternde Stimmen. Sie wurden stärker, brannten sich in sein Bewusstsein. Nein, kein Flüstern! Das waren Schreie von Menschen in höchster Todesangst!
    Das Bersten von Holz. Kampfeslärm. Entferntere Schreie und das Geräusch hart aufeinandergeschlagenen Stahls.
    Wasser spritzte in sein Gesicht. Yorgst schrie und riss die Augen auf. Mit einem Schlag war die Erinnerung wieder da.
    Der Kampf um die Ranua, aussichtslos vom ersten Moment an, als die Caer-Schiffe heran waren und sie enterten. Die verzweifelte Flucht in die Netze unter dem Bug des schwarzen Dreimasters.
    Aber er hing nicht mehr als Galionsfigur in den Seilen. Samor Yorgst war an Händen und Füßen gefesselt und lag auf glattem, glitschigem Holz. Schwarze Schiffsplanken. Schwarze Stiefel von Männern, die achtlos an ihm vorbeirannten. Aber Yorgst sah noch mehr. Er lag auf der Seite, drehte nun den Kopf, bis er wieder die Wunde in der linken Schulter spürte. Seltsamerweise hatte das Brennen nachgelassen. Yorgst konnte nicht einmal Erleichterung darüber empfinden.
    Er sah Männer, die gefesselt waren wie er. Krieger des Herzogs. Einige lebten noch, und die anderen.
    Ein grauenvoller Schrei drohte seine Trommelfelle platzen zu lassen. Direkt neben ihm landete ein Gefesselter auf den Schiffsplanken. Der Mann war tot. Seine Augen spiegelten noch im Tod das Entsetzen wider, das sie geschaut hatten. Kräftige Hände griffen nach einem anderen Gefesselten. Der Mann bäumte sich auf, heulte und winselte um Gnade. Und Yorgst kannte ihn.
    »Dargan!« stieß er mit heiserer Stimme hervor. Der Mann konnte ihn nicht hören, wohl aber die Caer, denn Yorgst erhielt einen Fußtritt in den Rücken.
    Dargan winselte um sein Leben! Dargan, einer der tapfersten Männer, denen Yorgst jemals begegnet war!
    Yorgst wurde an den Schultern gepackt und aufgerichtet. Die Wunde schmerzte jetzt fürchterlich. Yorgst hatte kein Gefühl mehr im linken Arm.
    Und nun sah der Seefahrer, was aus einem gestandenen Mann ein winselndes Bündel Mensch machte: ein schwarzer Altar inmitten anderer, rätselhafter Aufbauten. Ein hagerer, großer Mann in schwarzem Mantel und mit schwarzen Klauen statt Fingern. Ein Mann, dessen Gesicht hinter einer silberroten Maske verborgen war, so dass es aussah, als liefen silbrige Adern über nacktes rotes Fleisch. Yorgst stieß einen erstickten Laut des Entsetzens aus. Dies war also einer der schrecklichen Caer-Priester, vor denen der freie Teil Tainnias zitterte.
    Und nichts, was in den Tavernen und Straßen gemunkelt wurde, kam auch nur annähernd an das Grauen heran, das Yorgst nun miterleben müsste. Er sollte sehen, was mit seinen Kameraden geschah und was ihm bestimmt war. Der Caer hinter ihm hielt ihn im Nacken gepackt und richtete sein Gesicht auf den Altar, auf den Dargan nun gezerrt wurde.
    Dargan wehrte sich nicht länger. Keine Kraft schien mehr in seinem Körper zu sein, kein Wille, der sich gegen das furchtbare Schicksal aufzubäumen in der Lage war. Irgendwo lag die Grenze, jenseits deren der menschliche Verstand sich weigerte, die Wirklichkeit zu begreifen.
    Der Priester im schwarzen Mantel ließ mit beschwörendem Murmeln seine Hände über Dargans Körper kreisen. Die hinter der Maske liegenden Augen waren geschlossen. Yorgst spürte die Aura dessen, was diesen Mann erfüllte. Es war wie der Hauch der absoluten Finsternis, des Todes. Es war die Ausstrahlung eines Dämons. Und voller Entsetzen erkannte Yorgst, dass alles wahr war, was man über die Priester der Caer sagte. Dieser hagere Mann vor ihm war besessen. Er trug einen Dämon in sich. Und dieser Dämon verlangte seine Opfer.
    All dies wirbelte durch Yorgsts Gedanken.
    Der Priester hob die Hände, die Handflächen nach oben gerichtet wie zwei schwarze Schalen, mit denen er etwas auffangen wollte, was geradewegs vom brennenden Himmel
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