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Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin
Autoren: Christopher W. Gortner
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Mann gedrillt, der mich ankläffte und mit seinem weißen Taktstock anstieß, und behauptete, eine Schindmähre besäße mehr Anmut in der Hinterhand als ich in meinem ganzen Körper. Ich hasste das Tanzen. Die zahllosen albernen Knickse, das Händegeflatter und die neckischen Blicke verdrossen mich über alle Maßen.
    Dennoch lernte ich es gut genug, um dem Franzosen etwas vorzutanzen. Während mein Oheim sich, erhitzt vom Wein, auf seinem Thron lümmelte, betrachtete der Botschafter mich mit einem schwer zu deutenden Lächeln, musterte mich von Kopf bis Fuß, als ob ich auf einer Auktion feilgeboten würde.
    Ein paar Tage später blutete ich zum ersten Mal. Während ich mich vor Bauchkrämpfen krümmte, behauptete Lucrezia, es sei ein sicheres Zeichen, dass ich viele gesunde Söhne bekommen würde. Trotz der Unannehmlichkeiten beobachtete ich fasziniert die subtilen Veränderungen meines Körpers, die neue Prallheit meiner Brüste, die sich rundenden Hüften, die zunehmende Rosigkeit meiner Haut – all das schien sich über Nacht ereignet zu haben.
    »Werde ich einmal hübsch sein?«, fragte ich Lucrezia, während sie mir das Haar bürstete, das noch lockiger geworden war und das sie gern mit Perlenkappen und eingeflochtenen Bändern schmückte.
    Sie beugte sich über meine Schulter und sah mich im Spiegel an. »Ihr seid hübsch«, sagte sie. »Diese großen schwarzen Augen würden jeden Mann bezaubern, und Eure Lippen sind voll genug, die Lust eines Bischofs zu wecken – nicht, dass das bei einem Bischof besonders schwierig wäre«, setzte sie mit einem schalkhaften Augenzwinkern hinzu.
    Ich kicherte. Obwohl sie als Vorsteherin meines Haushalts die Aufgabe hatte, mich anzuleiten, war sie wie eine Schwester für mich, und ich war jeden Tag dankbar für ihre Anwesenheit. Mit Lucrezias Hilfe waren die Narben meiner Heimsuchungen verblasst, und ich hatte wieder begonnen, zuversichtlich in die Zukunft zu blicken.
    Antwort auf meine Frage erhielt ich bald genug. Eines Nachmittags kam Lucrezia mit der Nachricht, Papa Clemens habe mich rufen lassen. Sie wusste nicht, warum, nur, dass er wünschte, mich unter vier Augen zu sprechen, und so begaben wir uns zusammen zu seinen Gemächern, durch verhängte Korridore, wo die Handwerker die von der Besatzung zerstörten Fresken restaurierten.
    Als wir uns den vergoldeten Flügeltüren meines Oheims näherten, rührte sich auf einmal meine Gabe wieder. Es war nicht das hilflose Abtauchen in eine andere Welt, wie ich es in Florenz erlebt hatte, sondern eher ein warnendes Vorgefühl, das mich ängstlich zu Lucrezia aufblicken ließ. Sie lächelte ermunternd. »Denkt daran, was auch immer er sagt, Ihr seid wichtiger für ihn als er für Euch.«
    Ich betrat den großen, goldverzierten Raum und sank in die Knie; mein Oheim saß an seinem massiven Schreibtisch und schälte Orangen; ihr süßer Duft erfüllte den Raum und übertönte den Geruch von altem Parfüm und rauchigem Bienenwachs. Er winkte mich heran. Ich trat näher und küsste seine Hand, die mit dem Siegel von Sankt Peter geschmückt war. Er trug seine weißen Gewänder; um seinen Hals hing ein Kruzifix, das mit Smaragden und Rubinen besetzt war.
    »Wie ich höre, bist du jetzt eine Frau.« Er seufzte. »Wie die Zeit vergeht.« Seine lederne Schreibunterlage war voller Orangenschalen; er sog an einem Schnitz, winkte mich auf einen Schemel neben sich. »Setz dich. Es ist zu lange her, seit wir Zeit miteinander verbracht haben.«
    »Ich war erst letzten Monat hier, zum Besuch des französischen Gesandten«, sagte ich. »Und ich würde lieber stehen, wenn Eure Heiligkeit erlauben. Das Kleid ist neu und unbequem. «
    »Ah, an solche Dinge musst du dich aber gewöhnen. Die angemessene Kleidung ist von äußerster Wichtigkeit. Am französischen Hof sind diese Dinge absolut de rigueur. «
    Er nahm ein juwelenbesetztes Messer und zerteilte die Frucht. Der Duft, der ihr entströmte, war wie Sonnenlicht und ließ mir das Wasser im Munde zusammenlaufen. »Das solltest du doch wissen. Schließlich war deine Mutter Französin.«
    Es lag mir auf der Zunge, ihn daran zu erinnern, dass ich meine Mutter nie gekannt hatte. Stattdessen murmelte ich: »Ja, das war sie, Eure Heiligkeit. Es ist mir eine große Ehre.«
    »Ganz recht. Und was würdest du sagen, wenn ich dir eröffnete, dass Frankreich nach dir verlangt?«
    Seine Stimme war milde, erinnerte mich an die Zeit, als ich ein kleines Mädchen war und er mein liebevoller Onkel. Doch ich
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