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Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Titel: Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.
Autoren: Mike Powelz
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Gefühl, dass mich Herr Montrésor vollqualmt“, sagte Marisabel beleidigt. „Aber wo wir das Thema schon ansprechen und ausnahmsweise alle zusammensitzen, will ich Dir eines sagen, Annette: Natürlich wäre es schöner – und obendrein gesünder für Dich – wenn Ihr zwei nicht im Zimmer rauchen würdet.“ Funkelnd richteten sich ihre Augen auf Adolf  Montrésor. „Was Sie mir zumuten, geht auf keine Kuhhaut. Ich gebe meine letzten Cents für Vitamin E und Selen aus, um mich gesund zu ernähren. Doch Sie räuchern mich zu. Das ist mitleidslos, Adolf, und total egoistisch.“
    Der Gescholtene fixierte einen Punkt an der Wand. Er erhob sich schweigend und schlenderte aus dem Esszimmer, ohne Frau Prinz eines einzigen Blickes zu würdigen.
    „Jetzt haben Sie ihn vergrault, Marisabel“, sagte Bella Schiffer mit regungsloser Miene.
    Doch Marisabel war zu Höchstform aufgelaufen. „Der soll ruhig wissen, was geht und was nicht…“
     
    „Nun ist aber mal gut, Frau Prinz!“
    Es waren nur fünf Worte, die durch das Esszimmer hallten. Doch sie wurden so polternd hervorgestoßen, dass die Dame mit der Hundetasse abrupt schwieg. Zwischen der Küche und dem Esszimmer stand ein runzliger Mann. „Adolf ist Adolf und Sie sind Sie. Dass das nicht zusammen passen kann, ist auf den ersten Blick zu sehen. Aber Sie sind auch nicht ohne Allüren, Frau Prinz, mit Ihrem heute bitte Blauschimmelkäse . In Haus Holle gilt immer noch die Devise leben und leben lassen!“
    Minnie war beeindruckt.
    Dr. Albers hingegen runzelte die Stirn. Er erhob sich, und richtete das Wort an den Runzligen: „Bruno, ich möchte Sie nebenan sprechen. Bitte kommen Sie kurz mit.“
    „Jau, Herr Dr. Albers’“, entgegnete Bruno patzig. „Aber vorher stelle ich mich unserem Neuzugang noch vor.“ Forsch ergriff er Minnies Hand, und die alte Dame spürte, dass er unglaublich fest zupacken konnte. „Ich bin Bruno, der älteste Pflegehelfer. Ich arbeite schon seit 1994 in Haus Holle. Freut mich, Sie kennenzulernen.“
    Obwohl Dr. Albers bereits in der Tür stand und auf Bruno wartete, ging der Pfleger bedächtig zu Sonjas Rollstuhl, legte eine Pranke auf den Kopf der krummen Kranken und küsste sie auf den Mund. „Alles gut, meine Kleine?“ Sonja Merkel sah ihn starr an. Sie sagte kein Wort. Bruno blickte ihr fest in die Augen. „Ich komme nachher zu Dir ins Zimmer. Dann rauchen wir zusammen eine Zigarette.“
    Die drollige Mutter der Kranken kicherte stellvertretend für ihre stumme Tochter. „Ja-ha, Bruno, wir sehen uns.“ Daraufhin verabschiedete sich der Pflegehelfer mit einer angedeuteten Verbeugung. „Meine Damen, meine Herren! Ich wünsche Ihnen einen guten Appetit!“
     
    „Der liegt nicht auf meiner Wellenlänge“, bemerkte Marisabel Prinz, nachdem Bruno den Raum verlassen hatte.
    „Auf meiner wohl“, sagte Angie. „Ich habe sogar allergrößten Respekt für ihn. Bruno ist sich für nichts zu schade. Er wischt jedem den Arsch ab, ohne mit der Wimper zu zucken.“
    „Ich möchte nicht, dass Fremde meine Hinterbacken sehen“, warf die spindeldürre Omi ein. „Ob die Pfleger nicht manchmal komische Gedanken haben, wenn sie uns nackt sehen?“
    „Betimmmm nich“, stieß Professor Pellenhorn hervor. „Buuuun ooooo iss immeeee feundliiich.“
    Während sich ein allgemeines Gespräch über Bruno, das Rauchen und das Klavierkonzert mit Nana Mouskouri entwickelte, wurde Marisabels Stimme verschwörerisch. Sie begann ein Vier-Augen-Gespräch mit Minnie. „Bestimmt haben Sie jede Menge Fragen. Ich kann Ihnen alles über die anderen Patienten, das Haus und den Koch erzählen. Außerdem weiß ich alles über ein paar komische Dinge, die sich hier manchmal ereignen. Worunter leiden Sie eigentlich?“
    Minnie beschlich das ungute Gefühl, dass ihr ein Kreuzverhör bevorstand. Doch bevor sie antworten konnte, hatte Marisabel s chon wieder das Wort ergriffen. „Schon gut, meine Liebe, es muss ja nicht jeder hören, was Sie haben. Vielleicht verraten Sie es mir später auf meinem Zimmer. Aber eines kann ich Ihnen sagen – in diesem Haus blüht man förmlich auf. Sie glauben nicht, wie schlecht es mir ging, als ich vor vier Monaten einzog. Damals spürte ich in jedem Knochen, dass der Krebs in meinem Körper wuchert. Ich fühlte mich derart benommen, als läge ich unter einer Glocke. Dank der neuen Medikamente bin ich wieder aufgeblüht. Sie sehen ja, wie blendend es mir geht.“
    Während Minnie ein zweites Stück des exzellenten
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