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Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne
Autoren: Rolf W. Michael
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Schiff hinüber geschwommen war und sich so lange am Steuerruder festgehalten hatte, bis die MIDGARDSCHLANGE weit genug vom Land entfernt war.
     
    „Immerhin gleicht sie eher einer Wasserfee, die an Bord kam. Und deswegen wird uns Ägir gnädig sein und gute Fahrt geben!“ krähte der schmächtige Nils von der Rahe herab.
     
    „Und ich denke, sie wird gut kochen können“, zog Widar Eisenfaust den Schluss.
     
    „Du weißt nicht, auf was du dich einlässt, Geliebte“, flüsterte Lars Angela zu. „Hitze und Kälte, Sturm und Flaute, Kampf und Tod - das sind die Begleiter unserer Fahrt.“
     
    „Ja, und ich werde all das bestehen und ertragen, weil ich an deiner Seite bin, Lars Wolfssohn!“ stieß Angela hervor. „Die ungreifbaren Schicksalsmächte haben uns zusammengeführt und aneinander gekettet. Und so wird unser Weg zu Wasser und zu Land der gleiche sein.“
     
    „Aber dein schwacher Körper ist an die kommenden Entbehrungen nicht gewöhnt ...“, wandte Lars ein.
     
    „So werde er auf dieser Fahrt gekräftigt und gestählt, damit er bereit ist, deinen Sohn zu tragen!“, rief Angela und jubelnd riss sie der junge Wikinger an sich.
     
    „Heil Angela! Heil der Schildfrau unserer Fahrt!“ rief Sigurd Schildspalter mit lauter Stimme.
     
    „All Heil der Schildfrau unserer Fahrt!“, antworteten die Wikinger. Und Lars wusste, dass diese Worte Angela zu einem festen Mitglied der Besatzung machte. Stolz und Wagemut brandete in ihm auf. Heiße Wellen des Glücks durchfuhren seinen Körper. Die Frau seiner Träume an seiner Seite, das beste Schiff des Nordens unter seinen Füßen und achtzig kühne Nordmannen als Gefährten der Fahrt. Er ballte die Faust und fühlte eine Armee darin, mit der er die Welt erobern konnte.
     
    Mit einem Sprung war Lars Wolfssohn im Bug hinter dem Drachenkopf. Wie ein silberner Blitz sirrte Schneefall aus der Scheide. Hoch streckte Lars Wolfssohn das Schwert in die Luft und wies dann in Richtung des Mittags.
     
    „Auf zur Wikinger-fahrt, Kameraden der See!“, rief er mit lauter Stimme. „Setzt Segel, Wölfe des Nordens. Nach Süden das Steuer, Drachenreiter. Denn gierig gleitet unser Kampfdrache dem Meer von Midgard entgegen.
     
    So weit Thors Hammer saust, so weit Tyrs Schwert blitzt und so weit Odins Speer fliegt gehört die Welt den Wikingern und der Kraft des Nordens! Odin ist mit uns!“
     
    „Odin ist mit uns!“, brüllten die rauen Männer der Fjorde gegen den aufbrausenden Wind.
     
    Und mit prall gefülltem Segel flog die MIDGARDSCHLANGE durch die aufschäumenden Wogen, dem großen Abenteuer entgegen ...
     
    Epilog
     
    Rot wie die Flammen über der Abtei und das Blut der Mönche, das den Boden tränkte, war die Schrift mit der sich die Wikinger am 8. Juni Anno Domini 793 erstmalig in das Buch der Geschichte einschrieben. Eine Wiege der Christenheit im Norden der bekannten Welt wurde an jenem Tage sinnlos zerstört. In den Ruinen von Lindisfarne spielt der Wind, der einst das Schiff der Wikinger hierher trieb. Wenige Menschen kommen heute zu dieser Stätte. Und der Gedanke an den Einbruch der rohen Nordlandbarbaren in die friedlich-fromme Welt der Mönche lässt jedes Wort auf den Lippen ersterben.
     
    Von hier aus flammte das Fanal der Wikingerzeit. Und der Schrei: „Die Wikinger kommen!“ klang wie die Posaune des Zornes, die von den Engeln geblasen Tod und Verderben über die sündige Welt rasen lassen. Mehr als zweihundert Jahre dauerte es, bis Odins wilde Söhne durch die milde Lehre des Christentums bekehrt ihre Raubzüge einstellten.
     
    Wer heute die Ruinen des Klosters auf Holy Island, der heiligen Insel an der Grenze zwischen England und Schottland besucht, findet heute noch dort, wo sich die ehrwürdige Ruine der Kirche von Lindisfarne in den Himmel wölbt, einen uralten Gedenkstein aus der damaligen Zeit. Darauf ist in stilisierter Form ein Zug von sieben Wikingern zu sehen, die ihre Schwerter und Äxte über den Häuptern schwingen. Niemand kennt ihre wahren Namen, denn die schriftlichen Zeugnisse jenes Tages sind sehr dürftig.
     
    In der berühmten, zeitgenössischen Angelsächsischen Chronik steht zu lesen, dass dem Überfall der Nordmänner auf die Abtei von Lindisfarne allerlei seltsame und unheimliche Zeichen vorangingen. Gewitter und Stürme von nie gekanntem Ausmaß tobten über das Land, man wollte geflügelte Drachen mit rotglühenden Nüstern über dem Kloster gesehen haben und vom Dach der Peterskirche von York soll in der
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