Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feuerzangenbowle

Die Feuerzangenbowle

Titel: Die Feuerzangenbowle
Autoren: Heinrich Spoerl
Vom Netzwerk:
erzählte. Alles schön von
Anfang an. Vom ersten Bellebemm-bellebemm, über Schnauz und Bommel,
Heidelbeerwein und Karzer, bis zum Schwefelwasserstoff und seinen Folgen. Er
erzählte ohne jede Beschönigung, und es war einfach rührend, wie er all die
großen Missetaten, sogar die versteckten Schuhe und die Sache mit dem Schild
demütig auf seine Kappe nahm. Die alten Herren aber lachten, daß ihnen die
Bäuche wackelten; Beefsteak ä la Meyer und gebackene Leber mit Zwiebeln wurden
darüber kalt.
    Von Zeit zu Zeit fiel auch der Name
Eva. Es ließ sich nicht ganz vermeiden. Und dann spitzten die drei
Feuerzangenherren jedesmal die Ohren. Aber was sie darüber zu hören bekamen,
war höchst spärlich und unzusammenhängend, und auch gar nicht besonders
komisch. Und wenn sie dennoch lachten, um ihre Aufmerksamkeit zu bekunden, fuhr
Hans Pfeiffer beleidigt in die Höhe.
    Also hier stimmte etwas nicht. Pfeiffer
war überhaupt nicht so, wie er nach so viel Ulk und Spaß hätte sein müssen. Sie
quetschten an ihm herum. Aber er wurde immer einsilbiger.
    „Wer zum Teufel ist denn überhaupt
diese Eva?“
    „Das ist ja egal.“
    „Ist sie wenigstens hübsch?“
    „Wieso wenigstens?“
    „Gebildet?“
    „Sie hält Johannes Pfeiffer für einen
kleinen Mann.“
    „Reich?“
    „Laßt mich in Ruh.“
    „Und Marion?“
    „Aus.“
    Die drei Männer sehen einander an; die
Diagnose steht fest. Ein schwerer Fall. Schließlich wagte der alte Etzel den
entscheidenden Vorstoß.
    „Mein lieber Junge, lassen Sie sich das
von uns alten Strategen gesagt sein: einmal erwischt es uns alle. Niemand entgeht
seinem Schicksal. Und gegen Verliebtheit gibt es nur ein Radikalmittel:
Heiraten. Eine Pferdekur, aber sie hilft.“
    Pfeiffer glotzt auf seinen Bieriüz.
„Quatsch. Primaner heiraten nicht.“
    „Wieso Primaner?“
    „Hier in Babenberg bin ich“ — er knallt
seine Pennälermütze auf den Tisch — „Primaner! Und wenn ich als Primaner zu
schäbig bin — Prosit!“
    Hans spült den Rest seiner Rede
hinunter und starrt wieder auf das blau-weiß karierte Tischtuch.
    „Und was weiter?“
    „Gar nichts. Morgen mittag fahre ich
mit euch nach Hause. Aus! Schluß!“
    „Sie wollen sich also hier sang- und
klanglos verdrücken?“
    „Nicht ganz. Ihr kennt meine Vorliebe
für dramatische Abschlüsse. Morgen früh gehe ich noch einmal zur Schule und
gebe meine Abschiedsvorstellung. Aber eine mit Knalleffekt, sage ich euch.
Eine, daß sie mich auf der Stelle hochkantig rausschmeißen. Damit hätte ich
dann ja das Ziel meiner Reise erreicht — und komme wenigstens nicht in die
Versuchung, hier noch länger hängenzubleiben“, setzt er wehmütig hinzu.
    Schweigen in der Runde. Der Justizrat
saugt an seiner Brasil. Der alte Etzel ist mit seinem Essen beschäftigt.
Pfeiffer liest in der Speisekarte herum; er hat keinen Appetit, Roastbeef mit
Remouladensauce — warme Küche bis 11 Uhr abends — es wird gebeten, auf den
silbernen Tabletten —
    „Pfeiffer, Sie werden gewünscht.“
    Pfeiffer fährt herum. Vor ihm steht Professor
Crey.
    „Pfeiffer, wässen Sä necht, daß Sä nor
in Begleitung Ehrer Eltern oder dären Ställverträter —“
    „Oh, Herr Professor, die Stellvertreter
habe ich mitgebracht. Gleich drei Stück. Darf ich bekannt machen: Herr
Professor Dr. Crey — mein Ordinarius; Herr Justizrat Fleisch — mein Vormund;
Herr Bankier Etzel — mein Gegenvormund; Herr Geheimrat Fröbel — mein
Obervormund.“
    Professor Crey lächelt sauersüß. Ein so
deffezäler Schöler hat wohl drei Vormönder nöteg, denkt er.
    „Wollen Sie nicht Platz nehmen?“ Den
Spaß möchten sie sich nun doch nicht entgehen lassen.
    Crey sieht sich die Herren mißtrauisch
an. Sie machen einen durchaus gediegenen Eindruck. Außerdem ist eine gewisse
Verbindung zwischen Schule und Haus necht onerwünscht. Er nimmt Platz und bestellt
sich ein kleines Helles und sein gewohntes Filet-Gulasch. Aber er ist befangen,
fühlt sich von seinem Schöler in seinem Privatleben, beim Essen und Trinken
beobachtet. Das Gespräch kommt nicht über Friseurstubenniveau.
    Auch Pfeiffer fühlt sich unbehaglich.
Er hat Angst, man könnte auf den Gedanken kommen, den Schnauz aufzuziehen. Und
ihm ist ganz und gar nicht danach zumute. Was ist mit Eva? Er rutscht hin und
her und sieht alle naselang nach seiner Uhr.
    „Wenn Sä noch Schoolarbeiten zu
erlädigen haben, sollten Sä sech necht abhalten lassen. Es est gleich neun
Ohr.“
    „Zehn Uhr“, wollen die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher