Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Festung des Teufels

Die Festung des Teufels

Titel: Die Festung des Teufels
Autoren: David Gilman
Vom Netzwerk:
der schicken Tasche tat das Gleiche. Ein halbes Dutzend Menschen zwängte sich in das ohnehin schon überfüllte Abteil, während Max sich gegen den Strom in Richtung Tür schob. Er schlüpfte hinaus, kurz bevor sich die Türen schlossen, und als er den Kopf zur Seite wandte, sah er, dass der Mann und die Frau ebenfalls aus dem Zug sprangen. Die beiden folgten ihm, so viel stand jetzt fest. Es war also keine Einbildung gewesen. Doch Max hatte sich schon einen Plan zurechtgelegt. Beim Aussteigen hatte er seinen Rucksack zwischen die Schiebetüren fallen lassen, die nun aufgrund des Widerstands beim Schließen gleich wieder aufsprangen. Max passte den Augenblick ab, schnappte sich seinen Rucksack und drängelte sich abermals in den Waggon. Er war stark genug, ein paar kräftige Männer beiseitezuschieben. Das war das Gute an Dartmoor High: Dort trainierten sie jeden einzelnen Muskel des Körpers – vielleicht auch als Vorbereitung auf eine Fahrt mit der Londoner U-Bahn.
    Als der Zug losfuhr, sah Max Verblüffung und Panik in denGesichtern seiner Verfolger. Er hatte ihnen ein Schnippchen geschlagen. Wie viele von ihnen würde er noch austricksen müssen, bevor er zu Farentino kam?
    Er fuhr bis zum Trafalgar Square, sprang vor dem Gebäude der Nationalgalerie in einen Bus voller ausländischer Touristen, stieg aufs Oberdeck und setzte sich dort auf einen freien Platz. Den meisten Leuten war es hier oben auf dem offenen Verdeck zu kalt, aber Max wollte freie Sicht haben, um eventuelle Verfolger rechtzeitig zu entdecken. Die Kälte machte ihm nichts aus, daran war er gewöhnt.
    Als der Bus am Uferdamm entlangfuhr, kam es Max so vor, als würde die Themse schneller fließen als der Straßenverkehr. Er sprang aus dem Bus, sprintete die Treppe unweit des Courtauld Institute of Art hinauf, schlängelte sich durch das Verkehrsgewühl und kam in das Randgebiet von Soho.
     
    Während er zum Soho Square marschierte, hörte er sich noch einmal die Botschaft seines Vaters auf seinem MP3-Player an. Dad hatte nie einen Hehl aus seinen Gefühlen für ihn gemacht. Väter und Söhne entzweiten sich in irgendeiner Phase immer mal, hatte sein Vater in einem Urlaub gesagt, doch Max sollte wissen, dass er ihn von ganzem Herzen liebte, egal, was auch passierte. Normalerweise sprach sein Dad offen über seine Gefühle, aber ausgerechnet auf dem Band, das Max im Fall seines Todes anhören würde, sagte er so wenig. Warum? Fürchtete er, dass jemand anders es in die Finger bekommen könnte? War in der Aufzeichnung womöglich noch eine Botschaft versteckt, die Max noch nicht erkannt hatte? Er konnte es nicht mit Gewissheit sagen und hörte sich die Nachricht noch mehrere Male an, bis er diese Möglichkeit ausschloss.
     
    Der Soho Park war eine Oase mitten in der Stadt. Büroangestellte schlürften hier in der Mittagspause ihren Kaffee und aßen ein Sandwich, Obdachlose schliefen auf den Bänken und Tauben hüpften umher auf der Suche nach Brotkrumen.
    Max umrundete die Rasenfläche, die von Bäumen und Büschen gesäumt wurde, und überquerte sie einmal diagonal. Er war sich jetzt hundertprozentig sicher, dass er nicht mehr verfolgt wurde. Er ging auf eine schwarze, hochglänzend gestrichene Tür zu, die sich unauffällig zwischen zwei alten Häusern befand. Das eine beherbergte die Zaragon Picture Company, eine unabhängige Filmgesellschaft, das andere war der Firmensitz eines Weinhändlers. Max warf noch einmal einen prüfenden Blick auf das kleine Messingschild an der schwarzen Tür, um sich zu vergewissern, dass er auch an der richtigen Adresse war. Schließlich war es schon ein paar Jahre her, dass er zum letzten Mal hier gewesen war. Farentino . Mehr stand da nicht. Kein Hinweis darauf, welcherart Geschäfte hier betrieben wurden. Er drückte den Klingelknopf und sagte der Stimme, die ihm aus der Gegensprechanlage antwortete, wer er war. Mit einem Klicken ging die Tür auf und Max betrat die stille, sichere Welt des Mannes, der der engste Freund seines Vaters war.
     
    Max stieg der moschusartige Geruch der Tierhaut in die Nase. Er wirkte völlig fehl am Platz in den elegant möblierten Räumen von Angelo Farentino. Die Tierhaut war nie richtig präpariert worden, erfüllte aber trotzdem ihren Zweck, das Bündel handgeschriebener Notizen zu schützen. Während Max die Ober fläche der Haut und die darin aufbewahrten Papiere befühlte, lief Farentino auf und ab, und seine teuren italienischen Schuhe machten so gut wie kein Geräusch auf
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher