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Die Festung des Teufels

Die Festung des Teufels

Titel: Die Festung des Teufels
Autoren: David Gilman
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die schwierigste Zeit seines Lebens bevorstand. Falls sein Vater umgebracht worden war, war er jetzt Waise. Nein, das glaubte er einfach nicht. Sein Vater war doch mit allen Wassern gewaschen. Kaum stellte sich dieser positive Gedanke ein, kam ihm gleich ein anderer in die Quere. Niemand ist unsterblich, und wenn die – wer immer die auch waren – seinen Vater getötet hatten, mussten sie ihn aus dem Hinterhalt überfallen haben. So wie sie es bei Max versucht hatten.
    Max stieß einen tiefen, bekümmerten Seufzer aus. Er war entkommen, sein Vater vielleicht auch.
    Er drehte den Kopf auf dem Kissen zur Seite und ließ den Blick träge zum Schreibtisch und zum Bücherregal wandern. Irgendetwas stimmte da nicht. Er sah noch einmal genauer hin. Die Sachen waren anders angeordnet als sonst. Ein kleiner Stapel Schulbücher lag quer auf dem Tisch. Er legte sie aber immeran eine ganz bestimmte Stelle, weil er gern den linken Ellbogen daraufstützte, während er seine Hausarbeiten machte. Und die kleine Figur eines Kriegsgottes von den Cookinseln stand jetzt ein Stück vom Fenster abgewandt, dabei sollte sie doch direkt aufs Moor blicken. Was war sonst noch angerührt worden? Ein paar kleine Steine aus den Ruinen von Aglasun in der Türkei, die Alexander der Große auf seinem Weg nach Persien erobert hatte; ein Bergkristall aus dem Himalaja, in dem ein magisches Licht schimmerte, das angeblich aus der Höhle eines alten Mystikers stammte; der tropfenförmige Bernstein aus Russland, in dessen Harz sich vor hundert Millionen Jahren ein Insekt verfangen hatte. Alles Dinge, die sein Vater ihm geschenkt hatte. Nun schärften sich Max’ Sinne. Während er seinen Blick durchs Zimmer wandern ließ, fiel ihm auf, dass irgendjemand Bücher aus dem Wandregal herausgezogen, sie durchgesehen und dann ein bisschen zu ordentlich wieder zurückgestellt hatte. Auch die Artefakte standen nicht genau da, wo sie vorher gestanden hatten. Die Jungen hatten ihre Zimmer schon länger nicht mehr putzen müssen, deshalb waren alle Oberflächen von einer feinen Staubschicht überzogen, in der sich nun verräterische Umrisse abzeichneten. Max fragte sich, was um alles in der Welt der Eindringling in seinem Zimmer gesucht haben konnte.
    Es klopfte an der Tür. »Max?« Es war Sayid, dessen Mutter an der Schule Arabisch unterrichtete. Max ließ ihn herein und zog dann schnell wieder die Tür ins Schloss. Sayid war sein bester Freund. Als Max’ Vater im Nahen Osten gearbeitet hatte, war Sayids Vater von Terroristen getötet worden. Max’ Vater hatte seine Beziehungen spielen lassen und dafür gesorgt, dass Sayid und seine Mutter Leila nach Großbritannien auswandern durften. Max hatte nie erfahren, welche Verbindung zwischenden beiden Männern bestanden hatte. Er wusste nur, dass sie Kollegen gewesen waren und dass Tom Gordon irgendwie in der Schuld der Familie Khalif stand. Tom Gordon hatte seinem Sohn erklärt, Sayid und seine Mutter brauchten einen sicheren Ort zum Leben, wo sie außer Gefahr wären, und hatte Max gebeten, sich ein bisschen um den Neuen zu kümmern. Und das hatte Max auch gemacht, aber inzwischen war Sayid schon so lange an der Schule, dass er niemanden mehr brauchte, der ihm das Händchen hielt.
    »Hier geht’s zu wie in ’nem Bienenstock, Max. Armee und Polizei gehen ein und aus. Was ist denn los?«, flüsterte Sayid.
    »Ich bin joggen gewesen und dachte mir, ich schau mir mal die Waffen an«, erwiderte Max achselzuckend.
    »Dafür kannst du Ausgangsverbot kriegen! Dann kannst du dir die Samstage in der Stadt für ein paar Monate in die Haare schmieren.«
    »Ja, ich weiß, das war blöd. Das Geballere war trotzdem irre. Die ganze Erde hat gebebt.«
    Sayid schaute sich unwillkürlich zur geschlossenen Tür um, und Max merkte, dass sein Freund etwas auf dem Herzen hatte.
    »Max, sag’s mir lieber, wenn irgendwas nicht in Ordnung ist. Ich bin schließlich dein Freund.«
    »Ja, klar. Es war aber nichts weiter. Ich hab eine Schulregel verletzt, na und?«
    Sayid warf Max einen zweifelnden Blick zu und zog dann einen zerknitterten Briefumschlag aus der Gesäßtasche.
    »Sorry, der hat ein bisschen gelitten, aber ich wollte nicht, dass ihn jemand sieht. Er ist an mich adressiert.«
    Sayid reichte Max den Brief. Der Umschlag war offen, doch darin steckte ein zweites Kuvert, auf dem nur ein einziges Wort stand: MAX .
    Achselzuckend sagte Sayid: »Offenbar wollte dein Dad, dass dieser Brief nicht die üblichen Wege nimmt. Er ist heute
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