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Die Festung der Perle

Die Festung der Perle

Titel: Die Festung der Perle
Autoren: Michael Moorcock
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Brustpanzer einen großen Schlüssel hervor und steckte ihn in das Schloß.
    Die Tür führte auf einen kleinen Innenhof mit einem stillgelegten Springbrunnen innmitten eines Kreuzgangs. Auf der anderen Seite lagen Unterkünfte.
    »Wo bist du? Wo bist du denn, mein Kleiner? Zeig dich! Schnell!« rief Lord Gho ungeduldig.
    Man hörte ein metallisches Klirren. Auf einer Schwelle erschien eine Gestalt. Sie hielt eine Frucht in der einen und ein Stück Kette in der anderen Hand. Die Kette war an einen breiten Metallring um die Taille angeschlossen. Der Junge konnte nur mit Mühe gehen. »Ach Herr«, sagte er zu Elric. »Du hast mir nicht das gebracht, was ich mir erhofft hatte.«
    »Aber vielleicht, was du verdient hast, Anigh.« Elrics Miene war finster. Er zeigte offen seinen Ärger. »Ich habe dich nicht ins Gefängnis gebracht, Kerl. Ich glaube, die Wahl lag doch bei dir. Du hast dich freiwillig mit Mächten eingelassen, die offensichtlich keinerlei Anstand kennen.«
    Lord Gho hörte ungerührt zu. »Er hat sich als Diener Raafi as-Keemes ausgegeben«, erklärte er und betrachtete den Jungen mit gewissem Interesse. »Er bot uns deine Dienste an. Er behauptete, als dein Agent zu handeln.«
    »Nun, das war er auch.« Elrics Ärger schwand angesichts der Klemme, in der sich der unglückliche Anigh befand. Er lächelte dem Jungen zu. »Das ist doch bestimmt nicht gegen eure Gesetze.«
    »Gewiß nicht. Er zeigte hervorragenden Unternehmungsgeist.«
    »Warum hat man ihn dann in Ketten gelegt?«
    »Das war eine Frage der Zweckmäßigkeit. Du verstehst das doch sicher.«
    »Unter anderen Umständen würde ich es für schlichte Infamie halten«, sagte Elric. »Aber da ich dich als Aristokraten kenne, Lord Gho, weiß ich, daß du niemals diesen Jungen einsperren würdest, um mir zu drohen. Das wäre weit unter deiner Würde.«
    »Ich hoffe, ein echter Aristokrat zu sein, Herr Dieb. Doch in Zeiten wie diesen halten sich nicht alle Aristokraten der Stadt an den alten Ehrenkodex. Du verstehst das doch, obgleich du selbst kein Adliger bist, ja, wie ich annehme, nicht einmal ein Ehrenmann.«
    »In Nadsokor hält man mich für einen«, erklärte Elric ruhig.
    »Naja, in Nadsokor. Das glaube ich.« Lord Gho zeigte auf Anigh, der unsicher von einem zum anderen blickte, da er der Unterhaltung nicht folgen konnte. »Und in Nadsokor würden sie bestimmt auch eine passende Geisel festhalten, wenn sie könnten.«
    »Aber es ist ungerecht, Lord Gho.« Elrics Stimme zitterte jetzt vor Wut. Er mußte sich sehr beherrschen, nicht das Schwarze Schwert zu ziehen, das an seiner linken Hüfte hing. »Wenn ich bei meiner Mission in deinem Auftrag getötet werde, muß dieser Junge ebenso sterben, als wenn ich geflohen wäre.«
    »Das ist durchaus richtig. Aber ich rechne fest damit, daß du zurückkehrst. Wenn nicht - nun, der Junge kann mir auch dann nützlich sein, tot oder lebendig.«
    Anigh lächelte nicht mehr. Blankes Entsetzen starrte aus seinen Augen. »Aber, edle Herren!«
    »Es wird ihm kein Haar gekrümmt.« Lord Gho legte die kalte, gepuderte Hand auf Elrics Schulter. »Denn du wirst mit der Perle aus dem Herzen der Welt zurückkommen, oder etwa nicht?«
    Elric holte tief Luft, um die Beherrschung wiederzuerlangen. Tief im Innern spürte er einen starken Drang. Einen Drang, den er nicht klar definieren konnte. War es Mordlust? Wollte er das Schwarze Schwert ziehen und diesem hinterhältigen, degenerierten Schwächling die Seele aussaugen? Ganz ruhig sagte er: »Mein Lord, wenn du diesen Jungen freiläßt, versichere ich dir, daß ich mein bestes tun werde … ich schwöre …«
    »Guter Dieb, ganz Quarzhasaat ist voll von Männern und Frauen, die einem immer wieder alles mögliche versichern. Ich bin sicher, daß sie es auch ehrlich meinen. Sie schwören große, feierliche Eide bei allem, was ihnen heilig ist. Doch sobald sich die Umstände ändern, vergessen sie ihre Eide. Da ist meiner Meinung nach eine gewisse Sicherheit nützlich, sie an ihre Verpflichtungen zu erinnern. Dir ist doch auch klar, daß wir um höchste Einsätze spielen. In der ganzen Welt gibt es keine höheren! Ein Sitz im Rat!« Diese letzten Worte hatte Lord Gho mit vollem Ernst ausgesprochen. Es war offensichtlich, daß es für Lord Gho Fhaazi kein höheres Ziel gab.
    Elric war über die Borniertheit und kleinkarierte Beschränktheit des Mannes so empört, daß er ihm den Rücken kehrte. Er wandte sich an Anigh. »Wie du sehen kannst, mein Junge, haben Leute, die
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