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Die Feenflöte

Die Feenflöte

Titel: Die Feenflöte
Autoren: Gerhard Rose
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endete unglücklich. Die Fee kehrte nach dem plötzlichen Tod ihres Gatten ins Feenland zurück. Sie trauerte sehr um ihn. Sie sehnte sich nach ihrem Mann und der Menschenwelt, in die sie gerne zurückgekehrt wäre. Um ihre Trauer und Sehnsucht auszudrücken, schrieb sie ein ergreifendes Musikstück. Als sie es mit ihren Freundinnen spielte, da öffnete sich der Berg und gab ein neues Tor zur Menschenwelt frei. Man mußte einen Großmagier bemühen, um das Tor wieder zu verschließen und das Feenreich vor Eindringlingen zu schützen.
    Die Hofkomponisten erkannten durch das Studium dieses Musikstücks, welch weitreichende Wirkung Kompositionen haben konnten. Sie stellten weitere Experimente an, und so fanden sie heraus, was man mit der richtigen Komposition am richtigen Ort erreichen konnte, und wie es zum Beispiel möglich war, durch Musik ein Tor zwischen dem Feenreich und der Menschenwelt zu öffnen. Alles das schrieben sie in einem Buch auf. Aus Sorge darüber, welcher Schaden für uns Feen entstehen könnte, ließ der König das Buch in der königlichen Musikbibliothek unter Verschluß nehmen, damit es nicht in falsche Hände geraten würde. Dieses Buch nannte man
Tor der Musik
, wegen der Wirkung, die seine Kompositionen hatten."
    Meine Mutter hielt inne und schaute mich an. Sie hatte wohl erwartet, ich sei eingeschlafen. Statt dessen war ich hellwach und wollte unbedingt wissen, was aus diesem geheimnisvollen Buch geworden war.
    "Wenn das Buch in der Musikbibliothek des Feenkönigs war, wie konnte es dann in die Hände der Menschen gelangen?" fragte ich aufgeregt und besorgt zugleich.
    "Das
Tor der Musik
blieb leider nicht in der Bibliothek. Während der Epoche der streitenden Reiche gab es viele Kämpfe zwischen den Feen. Die Fürsten und Könige der Feenstämme kümmerten sich während dieser Dekaden nicht um Musik oder Bücher. Dreimal wechselte der Palast den Besitzer, und bei jedem Mal verschwanden wertvolle Dinge: Edelsteine, Kunstwerke, uralte Möbelstücke und eben auch kostbare Bücher. Erst als nach dem Friedensschluß im Wald von Baileyville wieder Ruhe einkehrte, stellte man an unserem Feenhof fest, was alles abhanden gekommen war. Die Streitigkeiten darüber, wer während der Besatzungen wem was entwendet hatte, hätten beinahe zu neuen Kämpfen geführt. Bei vielen Dingen waren die Besitzansprüche unklar, bei einigen widersprüchlich. Wie hätte man beweisen wollen, daß das
Tor der Musik
an unserem Hof geschrieben worden war? Der alte König war längst tot, so wie die Verfasser des Buches. Schließlich einigten sich die Fürsten darauf, alles so zu lassen wie es war. Jeder behielt, was er eben hatte."
    "Bei wem war denn nun das
Tor der Musik
?" wollte ich ungeduldig wissen.
    "Ausgerechnet bei den Leprechauns."
    "Iiih! Diese goldgierigen hinterlistigen Flegel? Was wollten die denn mit einem kostbaren Buch?"
    "Gar nichts. Niemand weiß so genau, wie es in ihren Besitz kam. Natürlich legten sie keinen Wert auf Bücher."
    "Was haben sie damit gemacht?"
    "In jener Zeit zog ein Hobgoblin namens Gwandar of Greenmore von Land zu Land. Er war das Kind eines Hobgoblins und einer Bauernmagd, die sich mit diesem eingelassen hatte. Er gehörte nicht hier hin und nicht dort hin. So wanderte er stets umher. Auf seinen Reisen lernte er viele Menschen kennen, studierte ihre Gewohnheiten und Vorlieben, dennoch blieb er stets ein Fremder. Ebenso streifte er durch die Feenländer. Man gewährte ihm Unterkunft und Verpflegung, dafür berichtete er von den Neuigkeiten aus anderen Feenländern, und er gab auch allerhand seltsame Geschichten aus der Menschenwelt zum Besten. Als er bei den Leprechauns weilte, prahlten diese mit ihren Besitztümern, vor allem mit ihrem Goldschatz, wie sie es so gerne tun. Sie zeigten Gwandar of Greenmore Dinge, die sie während der Streitigkeiten bei anderen Feen entwendet hatten. Voller Geringschätzung präsentierten sie ihm noch verschiedene Gegenstände, die sie für wertlos hielten und lachten darüber, wie man solch einen Plunder in einem Palast hatte aufbewahren können. Darunter war auch das Buch, das
Tor der Musik
. Gwandar wußte von seinen Reisen, wie sehr sich die Menschen für die Feenwelt interessierten. Wenn er ihnen ein Buch aus dem Feenland vorführen könnte, würden sie ihn bestimmt endlich einmal respektvoll behandeln. Er war auf seinen Reisen ein geschickter Händler geworden. Darum ließ er die Leprechauns in dem Glauben, er sei dumm, weil er ihnen ein Goldstück
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