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Die Favoritin

Titel: Die Favoritin
Autoren: Davenat Colette
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Ich hatte es vorausgesagt: Gonzalo stand allein und erkannte endlich, in welche Lage er sich gebracht hatte. Schreckliche Minuten, bestimmt! Er hatte die Wahl: entweder sich auf unsere Linien zu stürzen und ein paar von uns zu erschlagen, ehe er selber umkam, oder seinen Irrtum zu bekennen und als Christ zu endigen. Er hat sich für das Ehrenhaftere entschieden und hat La Gasca seinen Degen überreicht.«
    »Und …?«
    »Er ist noch am selben Tag verurteilt und anderntags enthauptet worden. Donnerschlag auch! Tapfer war er, verdammt tapfer! Wenn er auf mich gehört hätte …«
    Düster, das Gesicht über seinen Erinnerungen verschlossen, war Villalcázar nicht gestimmt, mehr zu sagen. Aus späteren Gesprächen unter Spaniern erfuhr ich über die Hinrichtung Einzelheiten, ich will sie Euch nicht vorenthalten.
    Wie heiß ich mir immer gewünscht hatte, die Pizarros würden zu ›Trommlern‹ verwandelt, so möge es Euch nicht überraschen, wenn ich Euch Gonzalos letzte Augenblicke nun mit Bewunderung schildere. Ein großer Tod verdient, erzählt zu werden …
    Auf dem großen Platz zu Cuzco muß, wie ich mir gern vorstelle, an jenem Aprilnachmittag unser Vater die Sonne gestrahlt haben. Gonzalo schreitet vor, eskortiert von Offizieren und Mönchen. Pomp hat er immer geliebt. Er hat seinen prächtigsten Mantel angelegt, üppiger gelber Samt, funkelnd vor Gold, und unter einem nicht minder prachtvollen Hut trägt er den Kopf mit dem schimmernden Bart aufrecht, wiewohl er binnen weniger Minuten von seinen Schultern fallen wird. Ohne Bitterkeit betrachtet er seine einstigen Kameraden, in deren Reihen sein Maultier steht. Er ist noch keine Vierzig, aber er hat mehr besessen als sie alle, das größte Reich der Welt, die unermeßlichsten Schätze – darunter auch die Minen von Potosi –, mehr, als irgendeiner noch jemals besitzen wird, mehr sogar als ein König, dem gewisse Vergnügungen ja verboten sind. Er hat tausend Leben in einem gelebt, ein phantastischer Strudel aus Gold und Blut, was hätte er zu bedauern? Er stirbt in Frieden mit seinem Gott, er wird die Schuld gegen seinen Herrscher bezahlen. Er ist heiter, seiner Verbrechen losgesprochen, die ihn ohnehin nie belastet haben dürften! Das Bild der Jungfrau Maria in der Hand, ersteigt er die Stufen des Blutgerüsts. Was bewegt ihn? Stolz, daß er gewesen ist, was er war, oder Bußfertigkeit, jene plötzliche Gewissensregung, die auch die Hartgesottensten unter den Eurigen im letzten Augenblick zu befallen scheint? Wer kann es wissen? Nichts steht ihm im Gesicht geschrieben, das einst so frisch und jugendlich aus Spanien kam und sich hier, in unserem Land, im Wind der Leidenschaften gerbte … Gonzalo küßt das Kruzifix. Er weist die Binde ab, die ihm der Henker hinhält. Er fürchtet sich nicht, dem Tod ins Auge zu sehen. Denn der war sein bester Komplize und ist es auch jetzt, und sie wollen einander wert sein …
    Ich weiß nicht, ob Hernando Pizarro noch am Leben ist. Nachrichten aus Europa erreichen uns nur langsam; jedenfalls ist auch seine Jugend dahin … Bedenkt die Ironie des Schicksals, Pater Juan! Wäre Hernando für die Hinrichtung des alten Almagro in Spanien nicht eingekerkert worden, kraft eines Richterspruchs, der ihm zwanzig Jahre Festungshaft eintrug, hätte er vermutlich das gleiche grausige Ende genommen wie seine vier Brüder!
    Wie ich zuletzt hörte, hat er sich auf seine Güter in der Estremadura zurückgezogen, führt ein fürstliches Leben, vermählt mit Francisca, der Tochter, die Francisco Pizarro mit einer Schwester von Atahuallpa hatte. Francisca, Erbin eines riesigen Vermögens, ist also Hernandos Nichte. Was tut's! Die Pizarros erhielten vom Himmel stets den nötigen Dispens, um Gold, woher auch immer, zusammenzuscharren.
    ***
    La Gascas ruhige Herrschaft vertrieb wie Weihwasser die aufrührerischen Geister. Alle Spanier, die sich beizeiten unterm Banner des Geistlichen geschart hatten, priesen seine Weisheit und die ihre. Villalcázar wie alle anderen. Wir empfingen viele Gäste. Er trank sehr viel, und wir gerieten mehrmals öffentlich in Streit, denn es bekam ihm schlecht. Ich flehte ihn an, weniger zu trinken.
    »Du wirst genau so eine Spielverderberin wie die spanischen Frauen!« schimpfte er. Aber sein Geschrei hatte nicht mehr die alte Kraft.
    Wenn der Wein Villalcázar auch half, Gonzalo Pizarro zu vergessen, behielt er doch ein gutes Gedächtnis für seine Interessen, und er bedrängte mich, mein Versprechen bald
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