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Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Titel: Die Fastnachtsnarren. Humoresken
Autoren: Karl May
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sein sollte, ich muß dennoch hin, um einen Mann anzustellen, der es während meiner Abwesenheit bewacht. Ich hätte gestern daran denken sollen!«
    Er löst das Billet nicht bis Wiesenthal, sondern bis Wiesenberg und nimmt, um schneller vorwärts zu kommen, an der letzten Station einen Wagen. Bei dem Häuschen, welches er geerbt hat, angekommen, steigt er aus und öffnet. Alles ist so, wie er es gestern verlassen hat. Das beruhigt ihn. Er schließt auch den Sekretär auf und – stößt einen Ruf der Ueberraschung aus, das ganze ihm geraubte Gut liegt hier, Alles, Alles, bis auf den Pfennig. Ohne sich zu fragen, wie es hierher gekommen ist, eilt er zum Fuhrmann hinaus und gebietet ihm, in die Stadt zu gehen und einen Hüter für das Haus zu besorgen.
    Da erschallt auf einmal ein vielstimmiges Gebell von oben herab. Er steigt empor und öffnet die Thür, hinter welcher er gestern die Katzen gefunden hat; seine Hunde stürzen ihm entgegen, jauchzend, heulend, kläffend, je nach der Größe ihres Stimmorganes und des Entzückens, in welches sie durch die Gegenwart ihres rechtmäßigen Herrn versetzt worden.
    »Meine Hunde!« ruft er. »Wie sind sie nach Wiesenberg gekommen?«
    Er gönnt sich aber nicht Zeit, diese Frage eines Näheren zu erörtern, sondern sorgt für die schadensichere Verpackung des so unverhofft wiedergefundenen Vermögens und setzt sich dann, nachdem der Fuhrmann seinen Auftrag ausgeführt hat und ein Aufseher angestellt ist, in den Wagen, um zur Station zu fahren. Denn nach Wiesenthal muß er, das steht fest.
    Die Hunde folgen dem Fuhrwerke wie die wilde Jagd dem Geisterhirsche. Zwar müssen sie sich an der Bahn noch einmal zur Gefangenschaft bequemen, aber diese dauert nur bis zur Ankunft in Wiesenthal; dort umspringen sie ihren Herrn von Neuem.
    Dieser lächelt still in sich hinein, daß er aus einem Einsiedler auf einmal ein förmlicher Bahnlagerer geworden ist und schreitet der ihm der Nummer nach bekannten Wohnung seines Adoptivsohnes zu. Dieser ist nicht zu Hause; die Wirthin sagt, er sei zu Fräulein Pauline Hildebrandt gegangen.
    »Das trifft sich gut,« denkt der Rentier; »ich gehe hin und werde sie Beide überraschen!«
    Er erkundigt sich nach der Wohnung der jungen Dame, nach der er sich sofort begiebt.
    »Ich bin nur begierig, sie kennen zu lernen! Es ist eigentlich außerordentlich, einen Sohn zu haben, den man noch nie gesehen hat. Ja, die Einsamkeit stimmt das Herz feindlich und verdüstert die ganze Seele, so daß die Augen wie durch schwarze Gläser blicken!« – –
    Auch die Rentière Fräulein Auguste Hildebrandt kommt mit den ererbten Hunden wohlbehalten zu Hause an.
    Christine ist nicht zurückgekehrt, und sie findet scheinbar Alles so, wie sie es verlassen hat. Nur als sie nach ihren Katzen sehen will, sind diese verschwunden. Sie kann sich nicht erklären, auf welche Weise die Thiere aus dem Raume gekommen sind, als sie aber ein Fenster offen sieht, muß sie annehmen, daß sie durch dasselbe geklettert sind. Noch gestern würde ihr die Abwesenheit der Lieblinge große Sorge bereitet haben, heut aber nach den Erlebnissen dieses inhaltsschweren Tages fühlt sie sich so abgespannt, daß es ihr gerathen scheint, so bald wie möglich die Ruhe zu suchen. Sie füttert die Hunde, weist ihnen einen Platz für die Nacht an und geht dann schlafen. Aber noch stundenlang klingen die heutigen Stimmen in ihr wieder, bald anklagend, bald versöhnlich; der Schlaf flieht ihre Lider, wie die Seelenruhe bisher ihr Herz geflohen hat, und als sie endlich entschlummert, ist Mitternacht längst vorüber.
    Sie erwacht ungewöhnlich spät und erhebt sich, um das Frühstück zu bereiten. Sie ist dabei die Handreichungen Christinens gewohnt und seufzt:
    »Es ist wirklich schrecklich, sich so ganz allein zu wissen; auf fremde Leute ist kein Verlaß, und die Einem nahe stehen sollten, sind entweder todt oder unfähig zu einem befriedigenden Zusammenleben. Wie hab’ ich mir mein Loos einst doch so ganz anders ausgemalt! Aber ich bin selbst Schuld, daß es so gekommen ist. Das Weib hat die Aufgabe, sich zu fügen; ich erkannte dies nicht und muß nun die schweren Folgen meines Starrsinnes tragen.«
    Die Hunde sind unruhig geworden. Sie öffnet ihnen das Verließ und bemerkt, daß sie in allen Winkeln nach ihrem Herrn suchen.
    »Ihr werdet ihn nie mehr finden,« meint sie, als könne sie von ihnen verstanden werden, »aber ich werde seine Stelle ersetzen, so gut es mir möglich ist!«
    Nach dem
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