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Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Titel: Die Fastnachtsnarren. Humoresken
Autoren: Karl May
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Vorwürfen und Klagen gegen mich selbst.«
    Er sorgt für sie und sich und öffnet dann den Schrank. Kaum hat er das erste Fach herausgezogen, so fährt er entsetzt zurück.
    »Leer! Himmel, ich bin bestohlen!«
    Er sucht weiter und findet, daß ihm während seiner Abwesenheit sein ganzes Vermögen geraubt worden ist.
    »Alles fort, Alles! So viele Hunde im Hause und dennoch bestohlen und beraubt. Ich muß sofort Anzeige machen! Aber wenn mir diese fortgelaufenen Kreaturen wiederkommen, so nehme ich sie nach der Reihe her und schlage sie todt, einen nach dem andern. Christian hatte Recht; ich wollte, er hätte sie alle erschossen, erstochen, vergiftet und ersäuft. Hätte ich die Katzen noch nicht, so schaffte ich mir welche an, sie hätten den Spitzbuben die Augen ausgekratzt!«
    Er läuft in höchster Wuth im Zimmer auf und ab; da klingelt es, und als er öffnet, bringt ihm der Postbote einen Brief. Verwundert, daß er den Einsiedler einmal zu sehen bekommt, benutzt er diese Gelegenheit, seine Neugierde zu befriedigen.
    »Was ist denn gestern hier im Hause los gewesen? Es ist doch in der Dämmerung ein Frauenzimmer mit Ihren Hunden nach der Station gegangen und mit ihnen in der Wiesenthaler Richtung fortgefahren!«
    »Ein Frauenzimmer? Mit meinen Hunden? Nach Wiesenthal? Hatte sie ein Paket, eine Tasche, einen Handkoffer oder etwas Aehnliches bei sich?«
    »Jedenfalls. Ich habe sie zwar nicht selber gesehen, aber da – – –«
    August Hildebrandt klappt ihm die Thür vor der Nase zu und eilt in das Zimmer zurück, um sich schleunigst umzukleiden.
    »Ein Frauenzimmer? Das ist keine Andere als das Dienstmädchen der Verstorbenen! Sie hat gewußt, daß ich nach Wiesenberg gehe, und die Gelegenheit benutzt, mich auszuplündern. Die Hunde hat sie geködert – na, wart, ihr Bestien, das soll euch gut bekommen! Welch ein Glück, daß ich weiß, wohin sie ist! Darum also hat sie sich nicht nach Wiesenberg zurückgetraut! Die Anzeige hier im Orte hilft mir Nichts; ich muß die Verbrecherin verfolgen und mich in Wiesenthal an einen tüchtigen Kriminalisten wenden! Sapperlot, ich habe dort ja den Paul, der wird sie erwischen, ertappen, verurtheilen, aufhängen – – der Brief ist von ihm. Was schreibt er denn?«
    Er öffnet das Couvert und liest:
     
    »Bester Papa!
     
    Du hast bei der Adoption mir zwar die Bedingung gestellt, auf allen persönlichen Verkehr mit Dir ein für allemal zu verzichten, aber es ist gegenwärtig ein für mich höchst wichtiger Umstand eingetreten, welcher mich zu der wirklich dringlichen Bitte veranlaßt, Dich einmal besuchen zu dürfen.
    Ich habe nämlich hier ein Mädchen kennen gelernt, welches sich meine vollste Achtung und Liebe erworben hat; sie erwidert Beides, und ich bin sicher, mit ihr recht glücklich zu werden. Sie ist Lehrerin und – wie ich Dir gleich heut offen sage, die Adoptivtochter von Fräulein Hildebrandt in Wiesenberg. Die Differenzen, welche dieser letztere Umstand herbeiführen dürfte, bewegen mich zu der oben ausgesprochenen Bitte.
    Ist Christian wieder einmal echappirt? Er war nicht, wie gewöhnlich, bei mir, sondern ich sah ihn heut Abend zu meiner Verwunderung mit dem Dienstmädchen von Fräulein Hildebrandt hier Arm in Arm spazieren gehen.
    Eine möglichst umgehende Gewährung meiner Bitte erflehend, grüße ich mit gewohnter Dankbarkeit
    Dein gehorsamer
    Paul.«
     
    Der Brief hat einen außerordentlich aufregenden Inhalt, und Hildebrandt steigt in dem Zimmer auf und ab wie Einer, der losschießen will und dennoch zaudert.
    »Verliebt ist er? Ich werde ihm den Kopf waschen, dem unvorsichtigen Menschen! – – – Aber, hm – – ich bins ja auch gewesen, hm – – – und in die Pauline ist er vernarrt! Warum gerade in die, hm? Sie ist die Tochter dieser, dieser – dieser – – hm, Hildebrandt, hast Du den gestrigen Tag vergessen? – Und den Christian hat er gesehen – mit der Christine? Sie sind im Komplott; sie haben den Diebstahl verabredet; ich lasse sie Beide arretiren! Paul braucht gar nicht zu kommen, ich fahre selbst zu ihm!«
    Er schließt die Katzen ein und verläßt das Haus. Auf der Straße kommt ihm ein neuer Gedanke.
    »Gestern Abend sind sie in Wiesenthal gewesen? Wie nun, wenn sie nicht mehr dort, sondern nach Wiesenberg gefahren sind! Sie wissen, daß ich zurück muß und das Haus also leer steht. Ja, ich verspüre in mir Anlagen zum Kriminalisten, sie sind ganz sicher hin, um das Haus auszuräumen. Und wenn dies auch nicht der Fall
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