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Die Farm am Eukalyptushain

Die Farm am Eukalyptushain

Titel: Die Farm am Eukalyptushain
Autoren: Tamara McKinley
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Kraft und das Durchhaltevermögen eines Karrenpferds. Declan hatte schon vor langer Zeit begriffen, dass Poppy eigenen Gesetzen gehorchte, und er versuchte nicht mehr, sie in geregelte Bahnen zu lenken.
    Velda ließ sich auf die Kissen zurücksinken, streifte die Schuhe ab und tauchte die Füße in das eiskalte Wasser. Dabei beobachtete sie die vertraute Geschäftigkeit im Camp, während die Truppe sich auf die Parade vorbereitete. Poppy kommandierte wie immer die Mädchen herum, ihre durchdringende Cockney-Stimme und ihr ausgelassenes Lachen hallten durch den Busch. Jongleure, Musiker und Akrobaten probten ihr Programm, und Max, der Komiker und Hundedompteur, sortierte seine Requisiten. Patch, sein kleiner Terrier, schnüffelte im Gras und wedelte mit dem Schwanz vor Aufregung über all die neuen Gerüche.
    Dann bemerkte er Velda und kam mit hängender Zunge herangelaufen, um sich streicheln zu lassen. Er hatte ein schwarz umringtes Auge und einen schwarzen Fleck auf dem Hinterteil. Sie tätschelte ihm den Kopf und schob ihn dann weg. Er war ihr heute zu wild.
    Die Wagen waren mit Wasser aus dem Bach abgewaschen worden, sodass ihre grüne, rote und gelbe Bemalung in der Sonne leuchtete. Die weißen Masken für Komödie und Tragödie schimmerten geisterhaft vor dem dunkelgrünen Hintergrund und erinnerten die Truppe daran, dass sie ein uraltes Erbe angetreten hatten – ein Erbe, das sich im Laufe der Jahrhunderte immer wieder verändert hatte und doch alle, die daran teilhatten, immer noch in seinen Bann schlug.
    Die Pferde waren gefüttert, getränkt und gestriegelt worden, sodass ihr kastanienbraunes Fell und die weißen Mähnen in der Sonne glänzten. Ein Kopfputz aus Federn zierte den Stirnriemen jedes Tieres, Messing funkelte am Kummet, und Silberglöckchen hingen an den scharlachroten Schabracken. Patch tanzte auf den Hinterbeinen, prahlte mit seiner glitzernden Halskrause und wollte von allen bewundert werden. Der schwarze Fleck am Auge ließ ihn aussehen wie ein verwegener Pirat.
    Unter den Männern und Frauen der Truppe herrschte gedämpfte Aufregung, als die Kostüme aus den Truhen genommenund ausgebürstet wurden. Unter lautem Geplapper und Gelächter wurden Zylinder und Schuhe blank poliert und Federfächer ausgeschüttelt, um sie von dem Staub zu befreien, der sich überall hineinsetzte, auch wenn man sie noch so gut verpackte. Gesichter wurden geschminkt, Fransen und Federn geordnet, Strümpfe auf Laufmaschen überprüft. Die Requisiten wurden inspiziert, und die Flugblätter, die sie in der letzten Stadt hatten drucken lassen, wurden unter den Mitgliedern der Truppe verteilt, damit sie während der Parade unter die Leute gebracht werden konnten.
    Veldas Kreuzschmerzen waren zu einem leisen Nagen verebbt, und sie fühlte sich schläfrig, eingelullt vom getüpfelten Sonnenlicht unter den Bäumen und dem Plätschern des Baches. Es tat gut, nicht mehr auf dem Wagen zu sitzen und durchgeschüttelt zu werden. Sie seufzte zufrieden. Schwatzend und zankend schüttelten die Tänzerinnen ihre bunten Röcke und balgten sich um einen Platz vor dem einzigen langen Spiegel. Strass-Schmuck blitzte feurig in der Sonne, und Federputz wogte und wippte, wenn sie die Köpfe bewegten und sich um Lippenstifte stritten. Die Mädchen erinnerten Velda an die Vögel in diesem Land – buntes Gefieder, wogende Schwanzfedern, hierhin und dahin flatternd, niemals still.
    Lauter Trommelschlag weckte Velda, und erschrocken fuhr sie hoch. Sie hatte nicht einschlafen wollen. Offenbar war die Truppe bereit, in die Stadt einzuziehen.
    »Bleib du hier und ruh dich aus«, sagte Declan und hockte sich neben sie.
    »Auf keinen Fall.« Sie griff nach ihren Schuhen und rappelte sich auf. Als sie seinen Blick sah – so liebevoll, so fürsorglich –, konnte sie nicht anders: Sie musste ihn küssen. » The show must go on – weißt du das nicht?«, fragte sie scherzhaft. »Ich habe noch nie eine Parade versäumt, und ich habe nicht vor, jetzt damit anzufangen.«
    Er zog ein zweifelndes Gesicht, aber sie nahm ihm die Entscheidung aus der Hand, marschierte barfuß durch das Gras und kletterte auf den Wagen. Der Schlaf hatte ihr gut getan, und die Schmerzen waren verschwunden. Sie packte die Zügel, schaute zu ihm hinunter und lachte. »Showtime«, sagte sie. »Fahren wir los!«
    Charleville war ein Knotenpunkt im Outback. Dort kreuzten sich die Pisten der frühen Pioniere und Forscher. Die Straßen waren breit und staubig – ein Überbleibsel
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